Der Amerikanische Bürgerkrieg
wurde in den Jahren 1861 und 1865 zwischen den Nordstaaten und den
abgespaltenen Südstaaten ausgetragen und endete mit der Kapitulation der
Südstaaten. In diesem Krieg wurden viele technische Neuerungen [1] eingesetzt.
Man kann vom „ersten wirklich industrialisierten Krieg der Geschichte“ [2]sprechen.
Eine der größten Schlachten des
Krieges war jene von Gettyburg [3], die vom 1. Juli bis zum 5. Juli 1863 dauerte.
Die Konföderiertenarmee wurde von General Robert E. Lee befehligt und die Unionstruppen von Georg G. Meade. Die
Truppen trafen sich bei Gettysburg, in Pennsylvania, auf dem Gebiet der
Nordstaaten. Dorthin hatte Lee seine Truppen als Offensivmaßnahme nach der
Schlacht von Chancellorsville geführt.
Die Schlacht begann am 1. Juli nördlich der Stadt und verlagerte sich in
den nächsten zwei Tagen auf das Stadtgebiet und die südliche Umgebung. Am Ende
siegten die Unionstruppen und Lee musste sich ab dem 5. Juli wieder nach Süden
zurückziehen.
Am gleichen Tag traf das Fotografenteam unter Alexander Gardner, als die
ersten Fotographen vor Ort, ein. [4] Er war ein emigrierter Schotte, der unter
Matthew Brady gearbeitet und sich schließlich selbstständig gemacht hatte. [5] Berühmt
waren vor allem seine Fotografien der Schlacht von Antietam im September 1862. Mit
diesen Fotos hatte er die Beerdigung der Leichen nach der Schlacht dokumentiert.
In der Zeit vom 6. bis zum 9. Juli [6] erstellte das Team 60 Fotos. Dreiviertel
davon beschäftigten sich mit dem Thema Tod. Dafür musste er möglichst schnell
vor Ort sein, um die gefallenen Soldaten fotografieren zu können, bevor sie beerdigt
wurden. [7] Mit seinen Bildern wollte er der Öffentlichkeit das ganze
schreckliche Ausmaß des Krieges vor Augen führen, da dies von den meisten nicht
wahrgenommen wurde. Mit solchen Darstellungen versuchten sich die Fotografen
auch von den Malern und Zeichnern zu unterscheiden, die den Schlachten eher
einen heroischen Ausdruck verliehen. [8]
Als Beispiele Gardners sollen nun
sechs Bilder [9] genauer betrachtet werden. Sie stellen alle jeweils einen jungen,
gefallenen konföderierten Soldaten dar, neben dem sich ein Gewehr befindet. Die
ersten drei Bilder (V-23 bis V-25) sind als Serie konzipiert und zeigen die
gleiche Leiche aus unterschiedlichen Kamerapositionen, wodurch verschiedene
Landschaftselemente sichtbar werden. Bei diesen Bildern liegt der Leichnam auf
dem Rücken und das Gewehr oberhalb seines Kopfes auf dem Boden. Die Leiche ist
schon im Gesicht angeschwollen, aber sonst sind keine Verletzungsspuren zu erkennen. Die beiden
anderen Bilder (V-26 a und b) stellen die Leiche eines „Scharfschützen“ [10]
dar, der vor einer aufgeschichteten Steinmauer, zwischen zwei Felsen, liegt. Seine
Waffe lehnt noch an der Mauer und er liegt mit dem Kopf auf einem Beutel. Im Hintergrund ist bei V-26 a ein
ansteigender Hügel zu sehen.
Wichtige Fragen bei der Identifizierung
der Bilder sind der Zeitpunkt der Aufnahme und der genaue Aufnahmeort. Durch
die vorhandenen Landschaftselemente konnte William Frassanito die Bilder bei Devil’s Den,
einem Hügel südlich der Stadt [11] lokalisieren. Die dargestellten Orte liegen ungefähr
72 yards [12] auseinander. Bei der Datierung geht er vom Nachmittag des 6. Juli
aus, da anhand der Schatten die Tageszeit bestimmt werden konnte. Die Leichen
in diesem Gebiet wurden bis zum 7. Juli beerdigt und deshalb konnte Gardners
Team sie nur am 6. Juli fotografieren. [13]
Bei allen Fotos handelt es sich um denselben toten Soldaten und dasselbe
Gewehr. Die Leiche trägt auf den Bildern die gleiche Kleidung, den gleichen
Haarschnitt und die gleichen Gesichtszüge. Man muss davon ausgehen, dass es sich um dieselbe Person
handelt. [14]