Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 01 - Wintersemester 05/06)
 

Fischer, Richard

 
 

Die Entstehung des Kosakentumes

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  Durch den jährlichen Aderlass an Menschen verödete das Land und eine Wildnis entstand im Süden der slavischen Reiche Polen, Litauen und dem Moskauer Reich: das Wilde Feld.[7] Dieses Wilde Feld wurde nun zum Geburtsort einer Menschengruppe, die jahrhundertelang eine wichtige Rolle in der slavischen Welt spielen sollte, nämlich der Kosaken. Die ersten Kosaken waren wahrscheinlich Tartaren, die sich als Grenzwächter von russischen Potentaten hatten anwerben lassen.[8] Ihre Aufgabe sollte es sein, im Grenzgebiet Vorposten zu errichten und nach einfallenden Tartarenhorden Ausschau zu halten. Doch nicht nur diese Söldner wurden als Kosaken bezeichnet. Das Wilde Feld wurde zum Sammelpunkt von Abenteurern und gescheiterten Existenzen, von entflohenen Leibeigenen und Kriminellen ebenso wie von enteigneten Grundeigentümern oder Stadtarmen, die zu Geld kommen wollten.[9] Der ständige Zustrom aus den slavischen Reichen, der seit der Mitte des 16. Jahrhunderts immer größer wurde, ließ den Anteil der Tartaren unter den Kosaken bald zusammenschrumpfen, bis die Kosaken eine vorwiegend slavische Gruppe waren. Doch war diese Gruppe keineswegs homogen, denn auch andere Abenteurer lockte das Wilde Feld, vereinzelt waren Deutsche, Franzosen und Italiener unter ihnen zu finden. Das Wildnis in der heutigen Ukraine war wegen der beinahen Entvölkerung durch die Tartaren reich an natürlichen Ressourcen und da noch kein Herrscher darauf Anspruch erhob, frei von Beschränkungen. Die Kosaken lebten in erster Linie von der Jagd und vom Fischfang; der Pelzhandel ermöglichte ihnen den Kauf von Landwirtschafts- und Handwerksgütern. Zu ihrer eigenen Sicherheit schlossen sie sich zu losen Banden zusammen. Philip Longwoth schildert den typischen Kosaken der Anfangszeit so:  

 
Man stelle sich einen solchen Kosaken der Jahrhundertwende vor - einen Mann von ungefähr fünfundzwanzig Jahren mit grauen Augen, einem struppigen Bart und langem Schnurrbart. Zwar trägt er einen Ohrring am linken Ohr, weist aber sonst die Spuren seines rauhen Lebens auf, so fehlen ihm zum Beispiel die meisten oberen Schneidezähne, und auch vom kleinen Finger der linken Hand fehlt ihm die obere Hälfte. Als Bauer geboren, kann er sich seiner Eltern doch schon nicht mehr erinnern, denn seit seiner Kindheit ist er mit den Kosaken herumgezogen, bald dem einen , bald dem anderen Führer gefolgt.
 
    Philip Longworth: Die Kosaken. Legende und Geschichte. Übers. von Maximilian von Meng. Wiesbaden 1971, S. 30.  

Fussnote(n):
[7] Ebd., S. 38
[8] Philip Longworth: Die Kosaken. Legende und Geschichte. Übers. von Maximilian von Meng. Wiesbaden 1971, S. 25.
[9] Ebd., S. 27.

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