Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 02 - Sommersemester 06)
 

Schmid, Alois

 
 

Die bayerische Königspolitik im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit

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Strukturen

 
 

Die bisher ereignisgeschichtlich ausgerichteten Erörterungen sollen im folgenden nach den tragenden Grundlinien befragt werden, um über die Deskription hinaus zur Analyse fortzuschreiten.

Eine erste zusammende Beobachtung ist, dass sich Königsgedanken durch alle Jahrhunderte der bayerischen Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit feststellen lassen. Sie waren nicht auf bestimmte Epochen beschränkt, sondern durchziehen alle Jahrhunderte in im einzelnen unterschiedlicher Intensität und unterschiedlicher Ausformung. Diese ist jeweils abhängig vom politischen Umfeld, das wesentlich von der Einbindung in übergeordnete politische Einheiten bestimmt wird[22]. Die bayerische Geschichte hat durch alle Jahrhunderte hindurch  von diesen Königsgedanken her eine prägende Signatur erhalten.

Die nächste Frage soll  den Trägern dieser Königsgedanken gelten: Sind sie mehr nur am Hof zu suchen oder kommen sie auch aus dem Land? Sind die Königsgedanken nur eine Angelegenheit der Regierenden selber und der Führungsgruppen in ihrem näheren Umfeld? Oder aber sind sie auch im Volk verwurzelt? Die angestellten Erörterungen zeigen, daß die Königsgedanken in sehr  unterschiedlichen Personenkreisen gepflegt wurden. Natürlich wurden die Bemühungen zur politischen Umsetzung von den Akteuren am Hofe getragen: den Landesherrn selber, die von den entscheidenden Persönlichkeiten ihrer Umgebung darin bestärkt wurden. Diese haben dem Hof auch in dieser Hinsicht zugearbeitet. Immer wieder kam auch Unterstützung von ausländischen Staaten, von denen entsprechende Anregungen und Einladungen oder aber auch Hilfsmaßnahmen ausgingen. Doch waren diese Königspläne keinesfalls nur eine Sache der Höfe. Sie wurden auch von den unteren Schichten im Lande, etwa  Literaten, Künstlern, Juristen oder Staatsdenkern, zumindest mitgetragen oder auch unterstützt. Die Königspläne waren keinesfalls nur eine Angelegenheit der politischen Entscheidungsträger, sondern auch ihrer Untertanen. Derartige Gedanken waren im Land weit verbreitet und fest verwurzelt. 

Dementsprechend wurden diese Königspläne mit unterschiedlichen Mitteln angesteuert. Die Landesherren brachten sie mit bezeichnenden Selbstzeugnissen und Maßnahmen der aktuellen Politik bis hin zur Diplomatie oder zum militärischen Einsatz  zur Geltung. Die Untertanen legten ihre Ansichten als Fremdbezeichnungen in theoretischen Denkschriften oder  wissenschaftlichen Deduktionen nieder, die von der Literatur über die Publizistik bis hin zum schöngeistigen Schrifttum reichte. Besondere Bedeutung kam der  Historiographie zu. Auch die Kunst wurde in diesem Sinne instrumentalisiert. Mit diesen sehr unterschiedlichen Medien werden bestimmende Leitfiguren herausgestellt. Deren wichtigste war Karl der Große, der durchaus als Persönlichkeit der bayerischen Geschichte in Anspruch genommen wurde. Auch Kaiser Ludwig der Bayer und Herzog bzw. Kurfürst Maximilian I. sind in diesem Sinne eingesetzt worden. Seit der Neudeutung durch Aventin gehört auch der Luitpoldinger Arnulf zu diesem kleinen Kreis der historischen Vorbilder. Man muß wohl zwischen theoretisch unverbindlichen Königsgedanken, konkreteren Königsplänen und aktiver Königspolitik unterscheiden. Die im einzelnen sehr disparaten Äußerungen betreffen sowohl die politische Theorie als auch die Praxis gleichermaßen.

Ein wichtiges Mittel der Königspolitik war die dynastische Heirat. Hauptzwecke der Ehen in den Herrscherfamilien der vormodernen Zeiten waren die Begründung oder Bekräftigung von politischen Konstellationen, die - besonders im 18. Jahrhundert - auch das angestrebte Hauptziel des Erwerbs einer Krone beförderten.  

Von ähnlich großer Bedeutung war der Krieg. Wiederholt wurden auch die Waffen als Mittel der Königspolitik eingesetzt. Das gilt bereits für Kaiser Ludwig, der den Ausgang der Schlacht bei Mühldorf 1322 als gottgewolltes iudicium belli betrachtete. Das gilt vor allem für das 18. Jahrhundert, in dem besonders auf den Spanischen Erbfolgekrieg (1700-1713) und den Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748) zu verweisen ist. In beiden Fällen war das Kriegsziel der Erwerb einer Krone in scharfer Auseinandersetzung mit dem Hause Habsburg.

 

Fussnote(n):
[22] Wolfgang QUINT, Souveränitätsbegriff und Souveränitätspolitik in Bayern. Von der Mitte des 17. bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Berlin 1971.

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