Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
 

Metz, Maximilian

 
 

Ein Grieche bei den Römern - Die hellenistische Gedankenwelt und das römische Imperium im Werk des Polybios'

Artikel empfehlen  

  vorherige Seite (Seite 3 von 3)

  3.2 Macht und Kultur: Römer als Barbaren im Verständnis des Polybios?

Bis zu einem gewissen Grad einte die griechischen Völker vor allem eine gemeinsame Identifikation über Religion, aber auch Sprache.[19] Ausdruck dieser Haltung war die Bezeichnung barbaroi - Barbaren. Ursprünglich war damit jemand gemeint, der eine fremde Sprache benutzte. Über dieses Faktum hinaus ging aber bald - denn dieser Begriff erfuhr ebenso wie die Tyche einen Wandel - auch eine sehr abwertende Bedeutung mit dem Gebrauch des Wortes einher, der auch das Verständnis einer pejorativen Verhaltensweise mit einschloss. Das Griechische wurde als überlegen auf-, Fremdes abgewertet, bis man Unmenschlichkeit und Grausamkeit als Synonym für das Barbarische verstand.[20]
Eigenheiten wie Vernunft, Voraussicht, aber auch Intelligenz und Erfahrung hervorzubringen, war einem Barbaren nach dieser Sichtweise unmöglich.[21]

Unwidersprochen blieb bei Polybios ein griechischer Bote, der die Römer als Barbaren bezeichnete.[22] Dies offenbart doch eine gewisse Haltung und Grundeinstellung, die weiterhin von einer starken Abgrenzung der Griechen zu den Römern geprägt war.
Die Römer wurden damit sogar zur Gefahr für die öffentliche Ordnung, nicht etwa, weil sie und ihr politisches Handeln direkt immer als bedrohlich eingeschätzt wurden, sondern einfach weil gesellschaftliche Instabilität bei Polybios mit dem Begriff Barbar einherging.[23]
Beim Zitat des Boten handelt es sich um mehr als die Nennung eines bloßen Faktums. Es ist nicht vollkommen von Polybios' griechischen Hintergrund zu trennen. So konstatierte er darüber hinaus weiter, dass sich die Römer ganz konsequent zum Objekt des Hasses bei den Griechen gemacht hätten, als sie in den Kriegswirren Kunstgegenstände nicht nur verschleppten, sondern teilweise gar zerstörten[24] - und letztendlich in diesem Punkt auch auf den griechischen Historiker einzig und allein als Barbaren wirken konnten.
Grundsätzlich zählten Gewaltbereitschaft, aber auch teilweise zu Tage tretende Unbesonnenheit für Polybios zu den größten römischen Verfehlungen.[25]

Unabhängig von der reinen Wiedergabe seiner Quellen erfolgte hier also durchaus eine Einschätzung durch Polybios selbst: Durch ihre Herkunft aus dem heutigen Italien konnten die Römer a priori keine Griechen sein, doch darüber hinaus machten ihre Untugenden sie in seinen Augen restlos gerechtfertigt zu Barbaren. Etwas relativiert wird dieses Urteil, indem man festhält, dass nicht nur untadeliges Verhalten, sondern auch moralische Grundsätze und Tapferkeit[26] zum Repertoire eines Römers gehören konnten, was Polybios anhand seines Gönners Scipio belegt sah.


4. Schlussbetrachtung.

"Fortes fortuna adiuvat". Im Handeln der Römer erkannte Polybios viel bewundernswertes, aus seiner hellenistischen Sozialisierung heraus bot sich ihm aber auch Grund zum Tadel und zur inneren Abgrenzung. Aber auch ein Barbar konnte schließlich zum Freund werden, oder zumindest zum Alliierten.[27]
Die Leistungen der Römer - so sein Resümee - bestachen. In ihrem Imperium glaubte er das Potenzial entdeckt zu haben, Widrigkeiten besser überdauern zu können, als andere, auch griechische Staaten. Eine echte Voraussage für die Zukunft wagte er freilich auch von seiner analytischen Basis ausgehend nicht, denn wo Untugenden vorhanden waren, konnte es auch zur Korruption und in der Folge zur Gefährdung der staatlichen Ordnung kommen.
Polybios betrachtete bei der Darstellung Roms auch immer mehr oder weniger direkt die Zustände der Gesellschaft, die zu verlassen er gezwungen war. Mahnende Worte über Verfehlungen - sie galten Rom, ebenso wie dem griechische Achaia; Begeisterung, Verherrlichung, Rechtfertigungen bis zur Propaganda - für Rom, das alles aber in nicht geringem Maße auch für Achaia, wo sich seine eigentlich Leserschaft lokalisierte.

Wenn auch Terenz' "Den Tüchtigen hilft das Glück" sicherlich nicht deckungsgleich mit der Auffassung seines Zeitgenossen Polybios über die launische Tyche sein konnte, so traf der Ausspruch doch einen Kern im Verhältnis des griechischen Historikers zu den römischen Machtmenschen.
 

Fussnote(n):
[19] Mosley, D.J.: Greeks, barbarians, language and contact, in: Ancient Society 2 (1971), S. 1.
[20] Ruge, Walter, Paulys Real-Encyclopedie der classischen Altertumswissenschaft, II,2, 1992, 2858, s. v. Barbaroi.
[21] Vgl. Champion, Craige: Cultural Politics in Polybius's Histories, Berkley, Los Angeles, London 2004, S. 73-74.
[22] Vgl. Polybios XVIII, 22.
[23] Vgl. Champion, Craige: Cultural Politics in Polybius's Histories, Berkley, Los Angeles, London 2004, S. 70.
[24] Vgl. Polybios IX, 10 und XXXIX, 2-3.
[25] Vgl. Forte, Bettie: Rome and the Romans as the Greeks saw them. Rom 1972, S. 86.
[26] Vgl. Polybios VI, 39.
[27] Vgl. Forte, Bettie: Rome and the Romans as the Greeks saw them. Rom 1972, S. 533.

 
Empfohlene Zitierweise:

Metz, Maximilian: Ein Grieche bei den Römern - Die hellenistische Gedankenwelt und das römische Imperium im Werk des Polybios', in: Aventinus. Die Historische Internetzeitschrift von Studenten für Studenten [Ausgabe 04 - Wintersemester 07/08],
www.aventinus.geschichte.uni-muenchen.de/index.php?ausg=4&id=79&subid=70
[Letzter Aufruf am xx.xx.xxxx]

  vorherige Seite  


[1]  [2]  [3]