Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
 

Bross, Fabian

 
 

ars volandi - Der Hexenflug im Hexenhammer

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  Inhalt
Der Malleus maleficarum besteht aus drei Teilen.
Der erste Teil beschäftigt sich mit der Provenienz der Hexerei. Institoris begründet die Hexerei "aus dem Willen des Teufels, aus der Mitwirkung der Hexen und aus der 'Zulassung' Gottes". [13]
Der zweite Teil befasst sich damit, wie es der Teufel vollbringt, Menschen zu verführen und mit der Frage nach dem Zustandekommen von Schadzaubern. Des Weiteren versucht Institoris zu klären, wie gegen die Hexerei vorgegangen werden kann, wobei betont wird, dass hierzu nur kirchliche Mittel und keine magischen zugelassen seien. Im zweiten Teil befindet sich auch die Abhandlung über den Hexenflug, von welcher Wolfgang Behringer behauptet, sie stehe dort "[j]enseits jeder Systematik […]". [14] Jedoch ließe sich auch sagen, dass Institoris hier geschickt, zwischen den zwei, jeden Leser interessierenden Fragen, (i) wie man sich gegen Hexerei schützt und (ii) wie man Schäden der Hexerei wiedergutmacht, die Realität des Hexenflugs zu beweisen sucht. Für den Leser ist dieses Kapitel kaum zu umgehen.
Sinn und Zweck der ersten beiden Teile ist es, die Realität der Hexerei darzulegen und sogar den Zweifel an dieser selbst zur Ketzerei zu machen. [15]
Der dritte Teil behandelt den gerichtlichen Modus Procedendi gegen die maleficae. Institoris tritt hier dafür ein, das schon im Ketzerprozess probate Mittel "Kläger zu bloßen Denunzianten oder Zeugen herabzustufen, auch im Hexenprozess anzuwenden." [16] Die dadurch entstandene Reduktion des Klägerrisikos führte zu einem drastischen Anstieg der Anzeigen gegen Hexerei.
    Inhaltlich neu ist im Malleus maleficarum im Vergleich zu älterer Hexenliteratur kaum etwas. [17] Die eigentlichen Nova sind die radikale Einstellung Institoris gegenüber dem weiblichen Geschlecht (schon der Titel bezeichnet nur die weiblichen maleficae) und seine Lehre des crimen mixtum. Das crimen mixtum meint das doppelte Verbrechen, der Häresie einerseits und des Schadenszaubers andererseits. Darauf begründet Institoris die Zuständigkeit sowohl geistlicher, als auch weltlicher Gerichte. Institoris Argumentation läuft darauf hinaus, dass die Hexen (er benutzt dieses damals noch ungebräuchliche Wort, damals schon im Briefverkehr: hegksen) [18], die Schäden, die sie angeblich anrichteten, auch tatsächlich anrichteten. Damit trat er der Meinung der Theologie entgegen, sprach aber gleichzeitig aus, was große Teile der Bevölkerung glaubten. Die Kirche vertrat die Vorstellung, die sich auf Aurelius Augustinus begründete, dass Magie nicht tatsächlich wirksam sei. Damit widersprach Institoris dem Canon Episcopi. [19][/][20] Institoris Argumentation stützt sich ebenfalls auf die Lehren von Aurelius Augustinus (354 - 430) und von Thomas von Aquin (ca. 1224 - 1274) [21], jedoch entwickelt er auf deren Basis drei Hauptvoraussetzungen für die Realität und Wirksamkeit der Hexerei, welche die Grundlage für die Hexenverfolgung bildeten. Diese sind: (i) die Zulassung Gottes (Permissio Dei), (ii) der Wille des Menschen und (iii) die Mitwirkung des Teufels
 

 
  Abbildung 1: Voraussetzungstrigon der Wirksamkeit von Hexerei und die gegenseitige Beeinflussung der Voraussetzungen nach Institoris.
 

  Rezeptionsgeschichte
Um eine Aussage über ein Werk zu treffen, ist es unerlässlich, sich mit der Verbreitung und Rezeption desselben auseinanderzusetzen.
Das der "Hexenhammer" weite Verbreitung fand, wird nicht nur durch seine hohe Auflage deutlich, sondern auch durch die Tatsache, dass der Malleus maleficarum nicht nur in klösterlichen, städtischen und universitären Bibliotheken, in Bibliotheken von gelehrten Juristen und Bischöfen seinen Platz fand, sondern auch in den Besitz von einfachen Geistlichen und Humanisten gelangte. [22] Wolfgang Behringer geht davon aus, dass allein bis zum Jahr 1523 10.000 Exemplare gedruckt wurden ("großzügig gerechnet"). [23] Dass der Malleus maleficarum stark rezipiert wurde, zeigt sich nicht nur daran, dass das kostspielige und schwer zu erschließende Werk so weite Verbreitung fand, sondern vielmehr daran, dass die erhaltenen Exemplare, neben starken Benutzungsspuren, unzählige Randnotizen aufweisen.  
Hervorgehoben werden muss allerdings, dass der Malleus maleficarum nicht die Basis für den Hexenwahn bildete, sondern dieser "bereits zwei bis drei Generationen vorher im Prinzip möglich" [24] gewesen wäre. Dennoch darf die Tatsache nicht aus den Augen verloren werden, dass seine Veröffentlichung eine Zäsur darstellte, die einen Anstieg der Verfolgung nach sich zog. [25]
Durch die Wahl der Sprache Latein konnte der Malleus maleficarum in ganz Europa gelesen werden.
Auch wenn das Werk weite Verbreitung fand, wurde es nicht überall wohlwollend betrachtet, es gab im Gegenteil eine große Anzahl an Kritikern. Auch Institoris Ansichten über die Realität des Hexenflugs wurden Ziel der Kritik. [26]
 

Fussnote(n):
[13] Segl: Der Hexenhammer. S. 3
[14] Behringer: Text und Kontext. S. 109.
[15] Ebd. S. 108.
[16] Ebd. S. 111.
[17] Segl: Der Hexenhammer. S. 3
[18] Ebd.
[19] Behringer: Text und Kontext. S. 86/87.
[20] Beim Canon Episcopi von Regino von Prüm handelt es sich um eine Rechtssammlung aus dem 10. Jahrhundert.
[21] Behringer: Text und Kontext. S. 83.
[22] Segl: Der Hexenhammer. S. 2
[23] Behringer: Text und Kontext. S. 84.
[24] Ebd. S. 83.
[25] Ebd. S. 84.
[26] Ebd. S. 112.

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