Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 01 - Wintersemester 05/06)
 

Schnupp, Stefan

 
 

Der Regensburger Kurfürstentag 1630. Der Kaiser auf dem Höhepunkt seiner Macht?

Artikel empfehlen  

  vorherige Seite (Seite 2 von 5) nächste Seite

  Schon früher hatten sich die Kurfürsten über den einflussreichen General und seine Methoden beklagt, doch der Kaiser war diesen Beschwerden immer ausgewichen oder hatte sie ignoriert.[9] Nun aber waren die Kurfürsten in der Hoffnung nach Regensburg gekommen, dass sie mit ihren Klagen über Wallenstein etwas an den Zuständen ändern würden. Obwohl einige Klageschriften sehr ernste Anschuldigungen gegen den General des kaiserlichen Heers erhoben[10], wollte der Kaiser an der Person Wallensteins nicht rütteln. Er antwortete erst ausweichend und glaubte nicht, dass die Kurfürsten auf ihrer Forderung beharren würden. Auch darin täuschte er sich. Die Kurfürsten erschienen am 30. Juli persönlich zur Audienz und bekräftigten dort ihre Forderungen abermals.[11] Nun begriff der Kaiser, dass sie es ernst meinten. Er saß in einer Zwickmühle, denn er wollte Wallenstein, der ihm erst zu seiner Machtposition verholfen hatte, nicht entlassen. Aber für die Königswahl seines Sohnes und für die Kriegshilfe brauchte er die Kurfürsten. Es war schlicht und einfach Erpressung, was die Kurfürsten betrieben. In diesem Augenblick wurde dem Kaiser bewusst, dass seine Machtposition doch nicht so stark war, wie er glaubte.
Der Kaiser leitete die Forderung an seine Räte weiter und bat um Rat. Sie rieten dem Kaiser schließlich, Wallenstein fallen zu lassen, was auch noch durch den kaiserlichen Beichtvater Lamormaini[12] und Ferdinands gleichnamigen Sohn, dem König von Ungarn[13], unterstützt wurde. Schließlich konnte der Kaiser überzeugt werden und teilte den Kurfürsten am 13. August seinen Beschluss mit, "bei der kayserlichen armaden sonderlich die direction zu ändern."[14]
Damit sollten die Kurfürsten befriedigt und nun die Königswahl betrieben werden. Aber gerade dies wollten die Kurfürsten jetzt am aller wenigsten. Kretschmann stellt hierbei ganz richtig fest, dass Wallensteins Entlassung "ein Damenopfer ohne Zwang"[15]gewesen sei. Die Räte empfahlen die Ablösung unter der Vermutung, dass die Kurfürsten somit der Wahl seines Sohnes zum römischen König zustimmen würden, aber dem war nicht so. Denn die Königswahl ließ sich damit nicht erreichen, aber die Macht des Kaisers nahm dadurch beträchtlich Schaden. Die Kurfürsten hofften, damit die Gefahr einer Monarchia gebannt und die fürstliche Libertät gestärkt zu haben. Der Kaiser konnte sich dem offenen Protest gegen Wallenstein nicht widersetzen.
 

  Nach der Entlassung Wallensteins  wollte der Kaiser von den Kurfürsten einen Nachfolgekandidaten wissen. Am nächsten Tag schlugen die Kurfürsten von Trier und Köln, Maximilian von Bayern vor.[16] Über diese mögliche Kandidatur Maximilians wurde sodann von den kaiserlichen Räten ein Gutachten[17] erstellt, in dem Überlegungen angestellt wurden, womit die Macht Maximilians einzuschränken sei und dem Kaiser einen Vorteil zu verschaffen. Besonders wichtig war der Vorschlag, das kaiserliche Heer und das Ligaheer zu vereinigen und dem Kaiser das Recht, alle Befehlshaber zu ernennen, zuzugestehen.
Dieses Gutachten zeigt, dass die kaiserlichen Räte beabsichtigten, das Blatt noch einmal zu wenden und Ferdinand in eine bessere Position zu bringen. Wäre Maximilian von Bayern, auf diese Forderungen eingegangen, wäre der Verlust Wallensteins für den Kaiser bei weitem nicht so bedeutsam gewesen. Die kaiserliche Macht wäre noch einmal gesteigert worden. Er hätte eine Armee, die nur nach seinen Wünschen agieren würde, da er alle Befehlshaber ernennen könnte. Außerdem würde sie durch die Reichsstände finanziert werden.
Den geistlichen Kurfürsten erschien Maximilian von Bayern als der richtige Mann für den Posten. Er würde die kaiserliche Machtpolitik schon in ihre Schranken verweisen und dafür sorgen, dass die Schweden vertrieben werden. Die Liga tagte Anfang September auch in Regensburg und nach ihren Beschlüssen sollte Maximilian beide Heere getrennt leiten.[18] Dabei forderte er für sich die gleichen Rechte, wie sie Wallenstein vorher besessen hatte. Dies wiederum widersprach den Bedingungen, die das kaiserliche Gutachten nannte, denn Maximilian  sollte nur ein gemeinsames Heer leiten mit deutlich eingeschränkten Rechten. Der Kaiser wollte die Forderungen des bayerischen Kurfürsten nicht akzeptieren und so waren die Positionen festgefahren.[19] Ende September lenkte Maximilian schließlich ein. Er hatte wohl erkannt, dass die Kandidatur die ganzen Streitereien nicht wert war. Die Schweden standen schon im Reich und bei der Durchführung des Restitutionsediktes hätte er wohl militärische Gewalt anwenden müssen, wobei sein Ansehen nur Schaden genommen hätte.[20]
 

Fussnote(n):
[9] Albrecht: Kurfürstentag, S.95.
[10] Franzl, Johann: Ferdinand II. Kaiser im Zwiespalt der Zeit, Graz, Wien und Köln 1978, S. 305-306.
[11] Albrecht: Kurfürstentag, S.96-99.
[12] Bireley: Lamormaini, S. 118.
[13] Ritter: Dt. Geschichte, S. 455.
[14] Protokoll vom 13.August, in: BA 11,5 , S.502.
[15] Kretschmann: Monarchie, S.372.
[16] Protokoll vom 14. August, in: BA II,5 , S. 503.
[17] "Gutachten kaiserlicher Räte, ob Kurbayern das Generalat anzuvertrauen ist", in: ebd., S. 510-515.
[18] Ritter: Dt. Geschichte, S. 456-57.
[19] Albrecht: Kurfürstentag, S. 105.
[20] Bireley, Robert: Maximilian von Bayern, Adam Contzen S.J. und die Gegenreformation in Deutschland 1624-1635, Göttingen 1975, S. 116-117.

  vorherige Seite   nächste Seite


[1]  [2]  [3]  [4]  [5]