Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 01 - Wintersemester 05/06)
 

Fischer, Richard

 
 

Die Entstehung des Kosakentumes

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  Diese Bild steht nun schon im krassen Gegensatz zum Normalbild eines Kosaken unserer Tage. Doch die Kosaken zur damaligen Zeit hatten andere Probleme als das Singen schwermütiger Lieder, wobei man aber dennoch davon ausgehen kann, dass sicher einige Lieder des heutigen Repertoires damals am Lagerfeuer ihren Ursprung haben. Die Hauptfeinde der Kosaken blieben die Tartaren, doch wechselte nun allmählich die Initiative. Marodierende Kosakenbanden waren der Schrecken der Tartaren der Grenzdörfer, doch nahmen es diese Banden bei ihren Raubzügen nicht so genau, auch russische und litauische Kaufleute vermieden es, durch das Wilde Feld zu ziehen. Doch obwohl, oder gerade weil, die Kosaken andauernd mit den Tartaren im Krieg lagen, übernahmen sie von diesen viele Wörter und auch Teile der Tracht. So wurde der Anführer der Kosakengruppen tartarisch als ataman, seine Stellvertreter als essaul bezeichnet. Auch die tartarische Pferdeschwanzstandarte wurde von den Kosakenbanden übernommen.[10] Wie war nun eine solche Kosakengruppe organisiert? Viele von ihnen waren den Feudalstaaten entflohen, weshalb eine solche Organisation für sie nicht in Frage kam. So formte eine Mischung aus der Ablehnung des Feudalismus und den Notwendigkeiten der Wildnis bei den Kosaken eine demokratische Herrschaftsstruktur, der Ataman wurde von der ganzen Gruppe gewählt.[11] Die immer größer werdenden Gruppen wurden nun auch im Grenzland sesshaft. Sie errichteten große hölzerne Wehrdörfer, die sogenannten Stanizen. Die Ausdehnung dieser erfolgte entlang der natürlichen Wasserstraßen, den großen Flüssen entlang des Don, des Terek und des Jajk wurden erschlossen. Jedoch blieben die Kosaken mit ihren Siedlungen noch immer im Wald, weil sie in der Steppe zur leichten Beute für die Tartaren geworden wären, die noch immer eine große Bedrohung darstellten.[12]  

  Jedoch läutete die Sesshaftigkeit auch das Ende des ursprünglichen Kosakentums ein. Die polnischen und litauischen Herrscher versuchten die Kosakensiedlungen unter ihre Kontrolle zu bekommen, die russischen Potentaten waren den Kosaken gegenüber sehr skeptisch geworden, da sich in ihren Reihen viele befanden, die den Repressionen des Feudalsystems entflohen waren.[13] Die wohl mächtigste Kosakensiedlung war die Saporoger Sitsch in der Ukraine, die zwischen Litauen, Polen, Russland und den Tartaren einen neuen politischen Faktor darstellte, die sich nun immer mehr als Vorposten des Osmanischen Reiches verstanden.[14] Auch die Kosaken an der russischen Südgrenze waren nun zu einem Machtfaktor geworden, als Söldner von den Russen geschützt, als unberechenbare Aufrührer aber auch von ihrer Oberschicht gefürchtet. So ist es durchaus berechtigt, zu diesem Zeitpunkt im frühen 17. Jahrhundert einen Schnitt zu machen und die Entstehung des Kosakentums als beendet zu betrachten, da sie sich als eigenständige Gruppe etabliert hatten.  

  Eine eigenständige Gruppe blieben die Kosaken über lange Zeit, Zaren wie Bolschewiken sollten mit diesen Freigeistern ihre liebe Not bekommen. Doch in ihrer Entstehungszeit waren die Kosaken nichts als der Versuch der slavischen Welt, den Einfällen der Mongolen und später der Tartaren Herr zu werden. Nach dem Prinzip, dass man Feuer am besten mit Feuer bekämpft, haben diese Waldläufer von ihren Feinden gelernt und das Gelernte mit den Eigenarten ihrer Herkunft kombiniert. So konnten sie nicht nur der Bedrohung durch die Steppenreiter wirkungsvoll begegnen, sondern ihre Reiche um Jahrhunderte überleben. So bleibt am Schluss als Ergebnis stehen: Das Kosakentum wurde als Antwort auf die Bedrohung durch die mongolisch-tartarischen Horden begründet, entwickelte sich jedoch weiter und wurde im Laufe der Zeit zu einer eigenständigen Lebensform mit eigenständiger Verfassung an den Grenzen der slavischen Reiche.  

Fussnote(n):
[10] Ebd., S. 30.
[11] Ebd., S. 42.
[12] Gröper: Kosaken, S. 78.
[13] Longworth: Kosaken, S. 31f.
[14] Gröper: Kosaken, S. 79.

 
Empfohlene Zitierweise:

Fischer, Richard: Die Entstehung des Kosakentumes, in: Aventinus. Die Historische Internetzeitschrift von Studenten für Studenten [Ausgabe 01 - Wintersemester 05/06],
www.aventinus.geschichte.uni-muenchen.de/index.php?ausg=1&id=13&subid=2
[Letzter Aufruf am xx.xx.xxxx]

 

Fischer, Richard

Jahrgang 1983
  • 1995 - 2000 Redaktionsmitglied der Schülerzeitung des Schyrengymnasiums (1999 Chefredakteur)
  • vertieftes Studium Deutsch und Geschichte seit WiSe 04/05
  • Mitarbeit in der Studierendenvertretung seit 2004
  • seit 2005 1. Vorsitzender des Arbeitskreises Kommentiertes Vorlesungsverzeichnis Geschichte


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