Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 01 - Wintersemester 05/06)
 

Günther, Wolfgang

 
 

Konkurrenz für Olympia (?). Wie man Olympionike werden konnte, ohne in Olympia gesiegt zu haben.

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M(arcus) Aur(elius) Hermagoras aus Magnesia am Sipylos, Ringer, Präsident der Athleten bei den Aktia, in Mompsuestia (Kilikien) und in seiner Heimat Magnesia, Vorsitzender der Hellanodiken ( Kampfrichter) bei den Olympia in Ephesos und in Smyrna, Sieger in 29 heiligen Agonen und in 127 Prämien - Agonen. Ein 'heiliger (Sieg)' bei den Olympia in Pisa, weitere 'heilige':19.
bei den Aktia
 zweimal
bei den Nemeia
 dreimal
Schild (d.h. bei den
Heraia in Argos)
 zweimal
bei den Isthmia
 zweimal
bei den Panathenaia
 zweimal
bei den Panhellenia
 zweimal
bei den Olympeia bei den Hadrianeia in Athen
 zweimal
in Potioloi
 zweimal
bei den Aktia
in Smyrna
bei den Olympia
in Smyrna
bei den Olympia
in Ephesos
bei den Hadrianeia
in Ephesos
bei den Barbilleia
in Ephesos
bei den Augusteia
in Pergamon
dreimal
bei den Traianeia
in Pergamon
bei den Haleia (Helios-Agon)
in Rhodos
 zweimal
 
    Übersetzung: Dr. Wolfgang Guenther  

  Der aus dem westkleinasiatischen Magnesia (heute Manisa, nö. von Izmir) stammende Athlet mit dem (durch Kaiser Marc Aurel oder seinen Sohn und Nachfolger Commodus verliehenen) römischen Bürgerrecht konnte nicht nur auf eine respektable sportliche Karriere verweisen, die ihn von Kleinasien über Griechenland bis nach Italien[19] führte, sondern auch auf kaiserlicher Ernennung verdankte leitende Funktionen in Athletenverbänden.
Der Siegeskatalog listet - charakteristischerweise - nur die penteterischen Agone auf und vermerkt die "kleineren", auf lokaler Ebene veranstalteten Geldprämien-Agone ungeachtet ihrer (durchaus geschätzten) finanziellen Attraktivität in summarischer Erwähnung lediglich unter "ferner liefen".[20] Ganz ihrem Prestige entsprechend gehören die vorweg in der deutlich abgesetzten obersten Kranzreihe genannten ersten vier Agone der sogenannten Periodos ("Umlauf", "Zyklus") an. Diese umfaßte ursprünglich die vier "alten" panhellenischen Agone der Olympien, Pythien, Isthmien und Nemeen; Sieger an allen diesen vier Stätten wurden als "Superstars" mit dem herausragenden Titel des Periodoniken ausgezeichnet.[21] Zur "alten" Periodos kamen in der römischen Kaiserzeit als "neue" drei weitere Agone hinzu: die Heraia in Argos (mit der singulären Ehrung der Sieger mit einem Schild), die von Augustus 31 v.Chr. an der Stätte seines entscheidenden Sieges über Antonius und Kleopatra VII. als Siegesfeier begründeten Aktia[22] und schließlich die von Domitian 86 n.Chr. in Rom inaugurierten ( in der Erfolgsbilanz unseres Athleten nicht vertretenen) Kapitoleia.[23]
Die folgenden, der Periodos nicht angehörenden Agone sind nach Veranstaltungsorten gruppiert. Mit vier Festen ist Athen repräsentiert: mit dem alten Fest der Panathenäen, mit den von Kaiser Hadrian neu belebten Olympien und den von ihm neu gegründeten, Athens besondere Stellung in der griechischen Welt hervorhebenden Panhellenia[24] sowie mit dem von der Stadt dem Kaiser gestifteten Fest der Hadrianeia (der ausdrückliche Zusatz "in Athen" hier deshalb, weil es zahlreiche gleichnamige Agone in der griechischen Welt gab). Die kleinasiatischen Agone, bei denen Hermagoras erfolgreich auftrat, verteilen sich auf die Zentren der Provinz Asia: Pergamon, Ephesos und Smyrna. Teils sind es von den Städten, zumal im Rahmen des Kaiserkults, eingerichtete Feste wie die Hadrianeia, Augusteia oder Traianeia, teils von der Provinz bzw. deren Landtag begründete Feste, "Provinzspiele" (Koinon oder Koina), die im Turnus abwechselnd in verschiedenen Städten der Provinz stattfanden. Die Olympien in Ephesos und Smyrna waren so sehr ihrem Urbild angeglichen, daß sogar die Kampfrichter genau so wie diejenigen bei den Olympien in Elis Hellenodikai, "Griechenrichter", hießen.
 

Fussnote(n):
[19] In dem mit zwei Kranzsiegen vermerkten Austragungsort Potioloi (Pozzuoli bei Neapel) fanden die zu EhrenHadrians von dessen Nachfolger Antoninus Pius (138 - 161 n.Chr.) gegründeten Eusebeia ("Pius-Spiele") statt.
[20] Als ein früher Vorläufer unseres Hermagoras in dieser Selbstdarstellung kann Theogenes von Thasos, einerder bekanntesten Athleten der Antike aus dem 5. Jh.v.Chr., gelten. Sein Siegesmonument in Delphi (Ebert [wieAnm. 5] 118 - 126 Nr. 37) spezifiziert 25 Siege bei den großen panhellenischen Agonen, während 1300 (!) weitere Siege an kleineren Stätten lediglich pauschal erwähnt werden. Ein anderer Periodonike des 4. Jhs.v.Chr.zählt in seinem Siegesepigramm lediglich die Periodos-Siege auf; "die vielen anderen zu nennen", sei "unmöglich" (Ebert 129 - 132 Nr. 39)
[21] Grundlegend zu dieser Gruppe immer noch die Dissertation von R.Knab, Die Periodoniken. Ein Beitrag zur Geschichte der gymnischen Agone an den vier griechischen Hauptfesten, Gießen 1934 (ND 1980). Der erstebekannte und zugleich berühmteste Titelträger war der Ringer und sechsfache Periodonike Milon aus dem unteritalischen Kroton (6. Jh.v. Chr.).
[22] Hierzu M. Laemmer, Die Aktischen Spiele von Nikopolis, Stadion 12/13, 1986/7, 27 - 38. Ebenso wie dieOlympischen Spiele und die Pythien fanden auch die Aktia Nachahmung in einer Reihe von griechischen Städten; s. hierzu L. Robert, Bulletin de Correspondance Hellénique 102, 1978, 467 und Ch. Roueché (wieAnm. 17) 197 f.
[23] M.L. Caldelli, L'Agon Capitolinus. Storia e protagonisti dell' istituzione domiziana al IV secolo, Rom 1993.
[24] Den Nachweis, daß das Fest erst 137 n.Chr.,einige Jahre nach der Gründung der Institution des Panhellenions,erstmals gefeiert wurde, hat M. Wörrle, Chiron 22, 1992, 339 - 344 geführt.

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