Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 02 - Sommersemester 06)
 

Weigand, Katharina

 
 

Max II., Ludwig II. und Prinzregent Luitpold: drei bayerische Monarchen und ihre Bilderwelten

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So mag es nicht verwundern, daß von diesem König, der selbst nicht politisch aktiv wurde, der die Politik seinen Ministern überließ, auch keine Bilder überliefert sind, die man - im Sinne unserer Fragestellung - als Mittel der Politik interpretieren kann. Dabei ließ Ludwig II. unendlich viel malen, unendlich viel bauen und in Stein meißeln - man denke nur an die Ausmalungen in Schloß Linderhof, an den Aufwand, den Spiegelsaal von Versailles nachzubauen, an die Malereien im Thronsaal von Schloß Neuschwanstein. Doch diese bildlichen Darstellungen verdanken ihre Entstehung nicht politischen Motiven, sondern allein dem Willen des Königs, sich eine private, eine rein private Traumwelt zu erschaffen.

Von daher mutet es doppelt grotesk an, daß die Anstrengungen des Vaters, Kenntnisse über die bayerische Geschichte etwa mittels der Fresken im Bayerischen Nationalmuseum einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln, nicht gerade als außerordentlich erfolgreich bezeichnet werden können. Denn wer kennt schon diese Fresken, die in erstaunlich großer Zahl die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges überstanden haben? Ganz anders verhält es sich mit den Bildern, die Ludwig II. in Auftrag gab. Sie waren nie für die Öffentlichkeit bestimmt, doch nun werden sie von Massen von Touristen in kurzen Hosen, weißen Socken und Birkenstock-Sandalen Jahr für Jahr bestaunt oder auch nur begafft.

1886 wurde dem Rückzug des Königs in seine Traumwelten ein jähes Ende bereitet. Seit geraumer Zeit hatte Ludwig II. Schulden angehäuft. Im Sommer 1885 war die Kabinettskasse erneut mit Schulden belastet, dieses Mal mit 6 Millionen Mark. Rettung für den König war freilich kaum in Sicht. Bismarck, der 1884 eine Million Mark zur Verfügung gestellt hatte, weigerte sich, zusätzliche Millionen als Dankeschön für den Kaiserbrief des Jahres 1870 zu zahlen und schlug statt dessen vor, den bayerischen Landtag um die Übernahme der Schulden anzugehen. Dies mußte einem König, der sich in die absolutistische Herrschaftsauffassung eines Ludwig XIV. von Frankreich hineinphantasiert hatte, prinzipiell widerstreben, abgesehen davon, daß der Landtag seinem Wunsch nicht ohne eigene Forderungen nachkommen würde. Doch inzwischen war die Lage Ludwigs II. tatsächlich desolat: Die Gläubiger des Königs schreckten nicht mehr davor zurück, ihre Forderungen notfalls vor Gericht einzuklagen. Dem bayerischen Monarchen drohte die Gant!

Als das liberale Ministerium von Ludwigs Plänen erfuhr, dem mehrheitlich katholisch-konservativen Landtag nun doch eine entsprechende Finanzvorlage zu unterbreiten, sahen sich die Minister, die in den zurückliegenden Jahren nicht unerheblich vom Rückzug des Königs aus der aktiven Politik hinein in seine kostspielige Phantasiewelt profitiert hatten, mit der Gefahr konfrontiert, einem konservativen Ministerium weichen zu müssen. Vor allem die Minister Lutz und Crailsheim waren jedoch nicht gewillt, sich in dieser Situation aus dem Amt jagen zu lassen. Sie sannen auf Gegenmittel und kamen zu dem Entschluß, die Krise auf radikale Art und Weise und zugleich zu ihrem eigenen Vorteil zu lösen: Dafür mußten die Regierungsunfähigkeit Ludwigs II. erklärt und eine Regentschaft eingesetzt werden.

 

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