Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 01 - Wintersemester 05/06)
 

Schnupp, Stefan

 
 

Der Regensburger Kurfürstentag 1630. Der Kaiser auf dem Höhepunkt seiner Macht?

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  Die bayerischen Räte konnten schließlich mit den kaiserlichen Räten einen Kompromiss aushandeln, der scheinbar alle Beteiligten zufrieden stellen soll[21]. So blieben beide Heere getrennt von einander bestehen. Erst wenn sich die Lage im Reich beruhigt habe und Frieden geschlossen werde, sollten sie aufgelöst werden. Um die beiden Heere besser miteinander zu koordinieren, sollten sich Vertreter der Liga mit den Vertretern des Kaisers treffen und die Lage besprechen. Als Nachfolger Wallensteins wurde Tilly bestellt. Nun leitete der General beide Heere, die sonst getrennt blieben. Als letztes musste der Kaiser noch den Kurfürsten versprechen, keine neuen auswärtigen Kriege mehr ohne ihre Zustimmung zu führen.[22] In diesem Streit konnte sich Ferdinand abermals nicht durchsetzen und so verflossen abermals die Träume von der Macht, wie er sie besessen hätte, wenn alles so eingetreten wäre, wie es im Gutachten beschrieben wurde. Durch den Kompromiss wiegte Wallensteins Entlassung schwerer, da Tilly als Ligageneral mehr auf die Kurfürsten hörte. All dies zeigt nur wieder einmal, wie wenig Macht der Kaiser doch tatsächlich noch besaß. Die Kurfürsten konnten ihm abermals die kalte Schulter zeigen.
Zur gleichen Zeit verhandelte man schon über einen möglichen Frieden in Mantua. Die Position der kaiserlich-spanischen Kriegspartei im Mantuakrieg, der zwischen Habsburg und Frankreich um die Vormacht in Italien ausgetragen wurde, war ziemlich Erfolg versprechend.  Am 18. Juli, also knapp einen Monat vor Beginn der Friedensverhandlungen in Regensburg, konnte die Stadt Mantua erobert werden, nachdem die venezianischen Streitkräfte zurückgeschlagen werden konnten. Die Franzosen dagegen hatten viel Zeit mit der Sicherung von Befestigungen verschwendet. Zu allem Unglück brach dann auch die Pest über sie herein.[23] So war Richelieu in der deutlich schwächeren Position "und alles deutete auf einen raschen und vollständigen Sieg über die Franzosen."[24]
Zwei Jahre zuvor hatte der Streit um die Erbfolge in den Herzogtümern Mantua und Montferrat[25] nach dem Aussterben des Hauses Gonzaga begonnen. Der nächste Anwärter auf die Herzogtümer war Karl von Nevers, der bei seinen Hoffnungen auf das Erbe von Frankreich unterstützt wurde, ging es doch um Einflussgebiete in Italien. Doch gerade dies wollte Spanien nicht dulden und präsentierte einen eigenen Kandidaten für die Herzogtümer. Da nun Mantua und Montferrat altes Reichslehen waren, also Gebiete die nominell noch dem Kaiser unterstanden, ersuchte Nevers Ferdinand, ihn damit zu belehnen.[26] Doch der Kaiser dachte gar nicht daran. Er verhängte über ein kaiserliches Sequester über das Lehen. Ab 1629 wurde der Streit auf dem Schlachtfeld ausgetragen.[27] Dabei blieb der Kaiser nicht mal dem Schein nach unparteiisch, sondern griff direkt an der Seite Spaniens in die Kriegshandlungen ein. Es war eine reine Machtpolitik zugunsten des Hauses Habsburg. Ein Grund warum die Kurfürsten eine Unterstützung des Kaisers durch das Reich ablehnten. Selbst Wallenstein war von diesem unnötigen Feldzug nicht gerade begeistert gewesen, was unter anderem zu seiner Absetzung beigetragen hat.
Richelieu war bei dieser Ausgangslage zum Handeln gezwungen. Der französische Staatsmann wollte natürlich die günstigsten Bedingungen für Frankreich herausschlagen, aber "the emperor was in a strong bargaining position".[28] Eigentlich hätte der Kaiser abwarten können, bis die französischen Truppen besiegt worden wären, aber auf Druck der Kurfürsten musste er mit den französischen Gesandten, allen voran Père Joseph, über einen Frieden verhandeln.[29]
Die Gesandten[30] stellten dabei ihre Forderungen: Karl von Nevers als rechtmäßigen Erben in Mantua und Montferrat anzuerkennen und ihn zu belehnen. Die anderen Anwärter sollten nur geringe Entschädigungszahlungen erhalten. Diese Forderungen hätte Frankreich bei seiner damaligen Position gar nicht stellen dürfen, da es mehr oder minder den Sieg Frankreichs bedeutete. Doch der Kaiser signalisierte seine Zustimmung, unter der Bedingung, dass Frankreich sich zu einem Universalfrieden mit dem Reich verpflichte. Also aufhörte gegen das Reich direkt oder, durch Unterstützung der Feinde des Reiches, indirekt Krieg zu fuhren. Dies war eine sehr weit reichende Forderung, die den Kaiser an mehreren Fronten gleichzeitig entlastet hätte. So wäre der Krieg in Italien beendet worden und die Schweden hätten auf französische Subsidien verzichten müssen. Es wäre ein deutlicher Sieg des Kaisers gewesen. Doch die Kurfürsten rieten dem Kaiser, nicht darauf zu beharren, da sie so den Frieden gefährdet sahen. Selbst die römische Kurie nahm die Universalfriedensklausel nur stillschweigend hin und unterstützte ihn nicht weiter dabei, obwohl diese Frankreichs Bündnisse mit den Protestanten zerstört hätte.[31] Zu allem Überfluss besaßen die Gesandten gar nicht die nötigen Vollmachten für diese Klausel. Aber Joseph verhandelte trotzdem weiter, in dem er dem Kaiser mitteilte, dass der König den Frieden schon unterzeichne, wenn er ausgehandelt sei. So konnte am 13. Oktober der Friede von Regensburg geschlossen werden. In ihm waren neben den ausgehandelten Bestimmungen auch ein Waffenstillstand geschlossen worden. Doch Kardinal Richelieu überredete den französischen König, den Frieden nicht zu unterzeichnen. So begann der Krieg von neuem, aber in der Zwischenzeit hatte Frankreich seine Truppen verstärkt.
Es war wiederum eine Niederlage Ferdinands. Er hatte versucht mehr zu erreichen, als er sich unter diesen Umständen hätte leisten können. Die Kurfürsten drängten ihn zu diesem Frieden und dadurch hatte Joseph leichtes Spiel mit seinen Überredungskünsten. Das Ansehen des Kaisers litt stark unter dem geplatzten Frieden und militärisch musste man nun zwei Kriege gleichzeitig führen.
 

Fussnote(n):
[21] Ebd.
[22] Albrecht: Kurfürstentag, S. 103.
[23] Ritter: Dt. Geschichte, S.458-459.
[24] Kretschmann: Monarchie, S.389.
[25] Im Folgenden richte ich mich nach Albrecht: Reichstag, S. 95.
[26] Schorrmann: Krieg S. 245.
[27] Ebd.
[28] Bireley: Lamormaini, S. 121.
[29] Albrecht: Kurfürstentag, S. 103
[30] Im Folgenden richte ich mich nach: Albrecht, S. 104.
[31] Repgen, Konrad: Die römische Kurie und der Westfälische Frieden. Idee und Wirklichkeit des Papsttums im 16. und 17.Jahrhundert. Band l, I.Teil Papst Kaiser und Reich 1521-1644, Tübingen 1962, S.235.

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