Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 02 - Sommersemester 06)
 

Hofmann, Andreas C.

 
 

Studium, Universität und Staat in Bayern 1825 bis 1848.Eine Skizze der Universitätspolitik Ludwigs I.[*]

Artikel empfehlen  

  vorherige Seite (Seite 5 von 6) nächste Seite

 

4. Universität, Studierende und Staat während der Lola-Montez Affäre 1847/48

 
 

Ob es ein "Kampf des Herzens mit der Königswürde", "ein Trauerspiel" oder Teil einer "vorrevolutionäre[n] Krise" war:[44] Das viel beachtete und gut erforschte Verhältnis Ludwigs I. zu Lola Montez entwickelte sich seit der Jahreswende 1846/47 immer mehr zu einer "Staatsaffäre".[45] Nachdem er ihr gegen die Empfehlung des Staatsrats das bayerische Indigenat verliehen hatte, trat das Ministerium Abel am 16. Februar 1847 geschlossen zurück.[46] Die Veröffentlichung eines zuvor von Abel verfaßten, und von allen Ministern unterzeichneten, Memorandums, das den König in Verlegenheit brachte, nährte in Ludwig den Verdacht, daß dies eine bewußt regierungsfeindliche Aktion Abels kirchlicher Partei gewesen sei.[47]

Diese "Staatsaffäre", die Studierenden und die Universität spielten eine zentrale Rolle bei Bayerns Weg in die Revolution von 1848/49, die letztlich im Rücktritt des Königs gipfelte. Am 18. Februar 1847 regten der Münchener Ministerialkommissär Braunmühl und der Professor für Philologie und Ästhetik Peter Ernst v. Lasaulx - eines der bekanntesten Mitglieder des Görreskreises - im Senat an, Abel die Hochachtung der Universität für seinen Rücktritt zu bezeugen.[48] Dies brachte das Faß letztlich zum Überlaufen, weshalb Ludwig nun die "Unschädlichmachung der "Partei" als innenpolitisches Hauptziel ins Auge" faßte.[49]
 
Bereits am 26. Februar 1847 leitete er eine Untersuchung gegen Laslaux ein, begnügte sich aber am 28. Februar mit dessen Ruhestandsversetzung, die allerdings nur weitere Entfernungen ultrakirchlicher Lehrer einläutete.[50] Am 1. März 1847 begaben sich schließlich einige Studenten zu Laslaux" Haus, um ihm ein "vivat" darzubringen, worauf der größte Teil weiter zur Wohnung Lola Montez" zog und die Demonstration in Tumulte ausartete.[51] Da Braunmühl diese Unruhen nicht hatte unter Kontrolle bringen können, enthob Ludwig auch ihn am 3. März seines Amtes.[52] Die Unruhen selbst endeten so schnell, wie sie begonnen hatten, zumal ihnen keine politischen Motive, sondern vielmehr der Haß gegen Lola Montez zugrunde lag.[53]

Die Landsmannschaften hatten sich dieser Tumulte vollständig enthalten, was eine Wendung für die Corps brachte. Die nach Abels Rücktritt eingesetzte, wegen ihrer liberalen Gesinnung als "Ministerium der Morgtenröte" bezeichnete, Regierung erkannte die Corps als eine verläßliche Stütze und versuchte, durch ihre aktive Unterstützung Boden an der Universität zu gewinnen. So genehmigte das Ministerium sogar das neu gegründete Corps Isaria - trotz der Namensgleichheit mit der 1832 verbotenen Verbindung.[54] Aber auch Lola Montez hatte die Universität mittlerweile als Machtfaktor erkannt, weshalb sie einige Mitglieder der Palatia um sich scharte. Nachdem die Palatia diese allerdings wegen des Umgangs mit der Tänzerin ausgeschlossen hatte, intervenierte Lola Montez zu Gunsten ihrer Schützlinge. Die Vertreter der Pfälzer wurden zu Ministerialkommissär und Minister zitiert, die ihnen den ausdrücklichen Willen des Königs mitteilten, die beiden Verstoßenen unverzüglich wiederaufzunehmen, da andernfalls die Auflösung des Corps verfügt werden müsse. Dieses weigerte sich allerdings weiterhin, die Ausgeschlossenen wieder aufzunehmen.[55] Die dimittierten Corpsmitglieder bildeten schließlich die Landsmannschaft Allemannia, die der König unter dem Einfluß Lola Montez' genehmigte.[56]

 

Fussnote(n):
[44] Gollwitzer: Ludwig I., Überschrift Kap. XX; Corti: Ludwig I., Überschrift Kap. 10; Karl-Joseph Hummel: München in der Revolution von 1848/49 (=Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 30). Göttingen 1987, Überschrift Kap. I.1.
[45] Gollwitzer: Ludwig I., S. 673.
[46] Zu Abels Rücktritt und der Vorgeschichte ausführl. ebd., Kap. XX.1; Ders.: Staatsmann, Kap. IX.3; Corti: Ludwig I., S. 381-413; kurz Doeberl: Entwicklungsgeschichte Bd. 3, S. 135-137.
[47] Gollwitzer: Ludwig I., S. 692.
[48] Schmeller: Tagbebücher Bd. 2, Eintrag 3.3.1847, S. 452; Axel Wernitz: Lasaulx und die vorrevolutionäre Münchener Szene im Februar 1847. Ein unbekannter Brief des Professors an seinen Würzburger Kollegen Aloys Mayr, in: Oberbayerisches Archiv 93 (1971), S. 185-189; Hummel: München, S. 3139; Doeberl: Entwicklungsgeschichte Bd. 3, S. 139.
[49] Gollwitzer: Ludwig I., S. 692 [Hervorhebung von Partei im Orginal durch doppelte Anführungszeichen].
[50] Ebd., S. 692f.; Hummel: München, S. 3140; Doeberl: Entwicklungsgeschichte Bd. 3, S. 139; Ferdinand Kurz: Der Antheil der Münchener Studentenschaft an den Unruhen der Jahre 1847 und 1848 (Lola Montez - Studentenfreicorps). München [1893], S. 12f.; zu Laslaux' Ruhestandsversetzung vgl. Signat vom 28.2.1847, in: Spindler / Kraus: Signate Bd. 6, S. 391, Nr. 86.
[51] Gollwitzer: Ludwig I., S. 680f.; Kurz: Antheil, S. 13f.; Pölnitz: Einheits- und Freiheitsbewegung, S. 77f.; Corti: Ludwig I., S. 420f.; Schlemmer: Tagebücher Bd. 2, Eintrag v. 3.3.1847, S. 452.
[52] Vgl. Ludwig. I. an das Staatsministerium des Innern, 3.3.1847 (Ausf.), BayHStA, MInn 23914.
[53] Pölnitz: Einheits- und Freiheitsbewegung, S. 78.
[54] Kaufmann: Geschichte, S. 288-292; Pölnitz: Einheits- und Freiheitsbewegung, S. 80; Kurz: Antheil, S. 16.
[55] Kurz: Antheil, S. 21.
[56] Zur Gründung der Allemannia und der Vorgeschichte vgl. Riedner: Geschichte, S. 125; Kaufmann: Geschichte, S. 312f.; Pölnitz: Einheits- und Freiheitsbewegung, S. 82f.; Kurz: Antheil, S. 21-23. - Zur Genehmigung vgl. Signat vom 28.7.1847, in: Spindler / Kraus: Signate Bd. 6, S. 469, Nr. 352a.

  vorherige Seite   nächste Seite


[1]  [2]  [3]  [4]  [5]  [6]