Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 02 - Sommersemester 06)
 

Weigand, Katharina

 
 

Max II., Ludwig II. und Prinzregent Luitpold: drei bayerische Monarchen und ihre Bilderwelten

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Zu diesen Faktoren gehört, daß Luitpold bereit war, sich auf eine solche Strategie einzulassen, sich also dem bayerischen Volk zu zeigen, und daß er - trotz aller Anfeindungen - damit überaus rasch begann. Bereits kurze Zeit nach der bayerischen "Königskatastrophe" begab sich der Prinzregent auf ausgedehnte Reisen durch Schwaben, Mittel- und Unterfranken, wobei freilich die Hochburgen der Verehrer Ludwigs II. vorerst ausgespart blieben. Aber auch beim Münchner Oktoberfest von 1886 war Luitpold - wie ab jetzt jedes Jahr - nicht nur zur Stelle, sondern er verteilte eigenhändig Preise, er gratulierte und feierte zusammen mit dem bayerischen Volk. Bei all solchen Anlässen, bei Begrüßungen durch Bürgermeister, bei der Ankunft auf geschmückten Bahnhöfen, beim geduldigen Anhören von Huldigungs- und Preisgedichten, vorgetragen von Scharen weißgekleideter Ehrenjungfrauen, bei Denkmalenthüllungen und feierlichen, ihm zu Ehren ausgerichteten Festmählern kamen Luitpold darüber hinaus einige seiner Charaktereigenschaften zugute, über die er freilich nicht erst seit dem Antritt der Regentschaft verfügte: sein ausgeprägtes Pflichtbewußtsein; eine gewisse Leutseligkeit; das Bedürfnis, denen zu helfen, die unverschuldet in Not geraten waren; die Gabe, auch bei seinen einfachsten Untertanen, den richtigen Ton zu treffen; ein gerüttelt Maß an Geduld und seine, vor allem den eigenen Lebensstil betreffende, Einfachheit und Schlichtheit.

Und doch genügten die vielen Reisen durch Bayern nicht, Luitpold wirklich bei so gut wie allen seinen Landeskindern bekannt und beliebt zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, kam es wohl vor allem seinen Ministern und Ratgebern darauf an, selbst das Bild zu bestimmen, das sich die Öffentlichkeit vom Regenten machte, machen konnte bzw. machen sollte. Und nun muß man, wenn es um Prinzregent Luitpold und seine spezifischen Bilderwelten geht, tatsächlich Bilder - Photos, Stiche und Drucke -, die den Prinzregenten, die Luitpold abbildeten, in den Blick nehmen. Denn inzwischen verzichtete man darauf, Abbildungen zur jahrhundertealten Geschichte des Hauses Wittelsbach zu verwenden, um dem politischen Ziel näherzukommen, die Wertschätzung des bayerischen Königshauses wieder herzustellen; man hatte vielmehr erkannt, daß sich dieses Ziel am besten mit Bildern von Luitpold selbst, mit Bildern von diesem offensichtlichen Sympathieträger erreichen ließ. Und so wurde Luitpolds Konterfei gedruckt und gestochen, als Kind, als Heranwachsender, als Mann und Greis, Luitpold in Uniform und Jägerkluft, Luitpold allein, im Kreis von Künstlern und mit Schwänen und Enten, Luitpold in der Tracht der Georgiritter und im Frack, Luitpold zu Fuß und zu Pferd; er wurde tausendfach auf Sammelbildern, Postkarten und Öldrucken, auf Reklametafeln, Gemälden und Briefmarken dem bayerischen Volk nahegebracht, geschenkt, er war zu kaufen, ja er wurde geradezu unters Volk geworfen, er wurde omnipräsent.

Wollte man dieser Dimension bildlicher Darstellung als Mittel der Politik systematisch nachgehen, so käme man nicht umhin, sich etwa mit dem Sortiment von Verlagen, die derartige Produkte vertrieben, zu beschäftigen. Zu untersuchen wäre darüber hinaus, wie stark Hof und Regierung auf dieses Angebot Einfluß nahmen, in welchen Stückzahlen derartige Öldrucke und Kleinschriften verkauft, wie sie z.B. in Zeitungen beworben wurden und wie teuer sie waren; vor allem aber wäre zu analysieren, welches Image des Prinzregenten bevorzugt transportiert wurde, welche Bilder des Prinzregenten sich besser verkauften: Luitpold in Uniform, Luitpold in Zivil oder Luitpold als Jäger?

***

Von Monarchen und ihren ganz unterschiedlichen Bilderwelten war die Rede gewesen; von Max II., der - gleichsam wie ein Geschichtsprofessor - Bilder einsetzte und hoffte, auf diese Weise die Souveränität Bayerns retten zu können; von Ludwig II., der allein für sich und seine Sehnsüchte Bilder malen ließ. Und schließlich war die Rede gewesen von Prinzregent Luitpold, der einerseits selbst kaum politische Ambitionen verfolgte, andererseits auch gar nicht über die finanziellen Mittel verfügte, Projekte wie etwa die Ausmalung des Bayerischen Nationalmuseums in Angriff zu nehmen, da er selbst nur über eine knappe Apanage verfügte, während die volle Zivilliste dem kranken König Otto zur Verfügung stand. Und doch dürfte gerade die Bilderwelt, die den Prinzregenten zum Motiv nahm, die größte politische Wirkung entfaltet haben. Dieser scheinbar überraschende Effekt ist freilich leicht nachvollziehbar, wenn man bedenkt, daß die politisch-mediale Vermarktung des Prinzregenten den Strategien heutiger Politiker stark ähnelt.

 

 
Empfohlene Zitierweise:

Weigand, Katharina: Max II., Ludwig II. und Prinzregent Luitpold: drei bayerische Monarchen und ihre Bilderwelten, in: Aventinus. Die Historische Internetzeitschrift von Studenten für Studenten [Ausgabe 02 - Sommersemester 06],
www.aventinus.geschichte.uni-muenchen.de/index.php?ausg=2&id=42&subid=29
[Letzter Aufruf am xx.xx.xxxx]

 

Weigand, Katharina

Studium an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg; Fächer: Geschichte und Germanistik; 1988 Magister; Thema der Magisterarbeit: "Die französische Politik und der Niedergang des Zweiten Kaiserreichs im Spiegel der Gesandtschaftsberichte Richard Metternichs 1866-1870"; 1995 Promotion; Thema der Dissertation: "Österreich, die Westmächte und das europäische Staatensystem nach dem Krimkrieg (1856-1859)"; seit Oktober 1995 wissenschaftliche Assistentin an der Ludwig-Maximilians-Universität München; seit Dezember 1999 Akademische Rätin an der Ludwig-Maximilians-Universität München; Lehrveranstaltungen an den Universitäten Würzburg und München seit dem Sommersemester 1994 zur Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, zur Didaktik der Geschichte und zur bayerischen Geschichte

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