Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 01 - Wintersemester 05/06)
 

Zarka, Attila

 
 

Die Tyrannis der Peisitratiden

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  Die griechische Tyrannis wird von der historischen Forschung allgemein in zwei Phasen aufgeteilt. Da in der Zeit von 461 bis 405 v. Chr. keine Anzeichen für irgendeine Art von Alleinherrschaft auf griechischem Boden zu finden sind, spricht man von der älteren und von der jüngeren Tyrannis. Dabei wird die erstere Form auch oft als die archaische Tyrannis bezeichnet.
Die Anfänge der tyrannischen Herrschaft können gegen Ende des siebten Jahrhunderts datiert werden. Vorrangig tauchte sie auf ionischem Boden auf, aber sie war auch auf der Peloponnes zu finden. Die Gründe für das Auftreten der Tyrannis können sehr stark verallgemeinernd in der Stasis innerhalb der Aristokratie gesehen werden. Diese Auseinandersetzung konnte unter bestimmten Vorraussetzungen darin enden, dass sich eine Einzelperson aus der Führungsschicht gegen seine Gegnerschaften durchgesetzt hat und eine Form der Alleinherrschaft installieren konnte.
Diese Arbeit soll sich nun im folgenden mit der Tyrannis der Peisistratiden in Athen beschäftigen. Im Verlauf der historischen Deutung soll die Frage, ob denn die attische Tyrannis in ihrer langfristigen Entwicklung als Sprungbrett für die spätere Demokratie angesehen werden kann, genauer beantwortet werden.
 

 

Die historische Einordnung der Tyrannis der Peisistratiden

 
  Über Peisistratos kann man hauptsächlich bei Herodots "Historien" und Aristoteles "Staat der Athener" näheres erfahren. Während Herodot bereits über die unheilvollen Vorzeichen vor der Geburt des Peisistratos zu berichten weiß, ist der erste Hinweis bei Aristoteles die Stasis, die schließlich zur Machtergreifung des späteren Tyrannen führte. Aristoteles zählt drei Parteien auf, die untereinander in Streit geraten sind. Wie auch Herodot ordnet Aristoteles die Gruppierungen vorrangig nach regionalen Aspekten. Er geht aber noch einen Schritt weiter und weist ihnen gewisse politische Richtungen zu:  

 
Es gab drei Parteiungen: als erste die Küstenbewohner (parálioi), die Megakles, der Sohn des Alkmeon, anführte, und die am ehesten als Verfechter einer mittleren Verfassung galten; als zweite die Bewohner der Ebene (pediakoí), die die Oligarchie anstrebten, ihr Führer war Lykurg; als dritte die Bewohner des Hügellandes (diakrioí), die Peisistratos folgten, der für den volksfreundlichsten gehalten wurde.
 
    Arist. Ath. Pol. 13,4.  

  Stein-Hölkeskamp schreibt in ihrem Aufsatz, dass alleine schon die Abgrenzung des Wirkungskreises der rivalisierenden Gruppen die Historiker vor eine nicht zu bewältigende Aufgabe stellt, da die Quellen keine eindeutigen Angaben machen. Aus diesem Grund müssten alle heutigen Interpretationen auf Mutmaßungen zurückgreifen. Zudem verwirft sie die aristotelische Behauptung der politischen Gruppenunterscheidung mit dem Argument der anachronistischen Sichtweise. An diesem Punkt sollte man aber einhaken. Es ist sicherlich fraglich, mit welcher Intention "Der Staat der Athener" von Aristoteles geschrieben worden ist, allerdings ist es auch sehr gefährlich, den Menschen des sechsten Jahrhunderts keine eigenen politischen Vorstellungen anzuerkennen, nur weil sie für bestimmte Zusammenhänge keine eindeutige Bezeichnung hatten. So zum Beispiel kann man mit Sicherheit behaupten, dass Platon aus bekannten Gründen kein Vertreter der christlichen Lehre sein konnte, aber dennoch tiefchristliche Ideologien im Kern angesprochen hat. In diesem Sinne konnte also auch Lykurgos ein Vertreter der Oligarchie sein, ohne zuvor über eine genaue Definition derselben philosophiert haben zu müssen. Hölkeskamp und andere Vertreter mögen aber insofern Recht behalten, als die Auseinandersetzung der drei Interessengruppen sicherlich nicht politischen Ursprungs gewesen sein dürfte, sondern in der allgemeinen Rivalität einzelner Aristokraten zu begründen ist.  

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