Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
 

Bross, Fabian

 
 

ars volandi - Der Hexenflug im Hexenhammer

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  Einleitende Darlegungen
1.1 These und Ziel dieser Arbeit
Ende der 1470er Jahre kam es aufgrund der sogenannten Kleinen Eiszeit zu einer Klimaverschlechterung, welche zu Unwettern und Missernten und - laut Wolfgang Behringer - infolge dessen sogar zu Krankheiten und vielleicht auch zu einer Verminderung der Fruchtbarkeit bei Tier und Mensch führte. [1]
Dem ohnehin in der Bevölkerung weit verbreiteten Hexenglauben schuf diese Entwicklung einen nur umso größeren Nährboden.  Da aus theologischer Sicht aber Hexerei nicht real sein konnte, fehlte dem, der gerechtfertigter Weise Hexerei verfolgen wollte, eine entsprechende Handhabe. Diese schuf  Heinricus Institoris mit seinem Malleus maleficarum.
Institoris musste, wenn er gegen Hexerei vorgehen wollte, darlegen, dass Hexerei nicht nur in der Phantasie, sondern auch in der Realität möglich war.
Ein wichtiger Punkt - so wichtig, dass Institoris ihm einen ganzen Abschnitt seines Werkes widmete - in Institoris [2] Argumentation bildet das Kapitel De modo quo localiter transferuntur de loco ad locum. [3] Bei einer Betrachtung dieses Kapitels drängt sich dem kritischen Leser die Frage auf, warum sich Institoris soviel Mühe gegeben hat, die Realität des Hexenfluges zu untermauern und zu propagieren. Diese Arbeit soll (1.2) einen kurzen Überblick über Hexenflugvorstellungen bis zum Erscheinungsjahr des Malleus maleficarum und über die Einordnung des Kapitels in den Gesamtkontext des Malleus maleficarum geben, (1.4) durch eine Analyse des Kapitels zeigen wie und vor allem warum die Realität des Hexenfluges eine Vorraussetzung für eine Verfolgung der Hexerei war (2).

1.2 Abriss der Entwicklung der Vorstellungen vom Hexenflug bis zum Erscheinen des Malleus Maleficarum
Als Vorbild für die Entwicklung von Hexenflugvorstellungen in Europa verweist Wolfgang Behringer auf die antiken Strigen. [4] Diese dämonischen Wesen verwandelten sich - nach damaliger Vorstellung - in eulenartige Wesen, welche, auf der Suche nach Kindern, welchen sie das Blut aussaugen könnten, durch die Lüfte flogen.
Brian Levack grenzt davon noch einen zweiten Ursprung ab, indem er anführt, dass neben dem im Mittelalter in Europa verbreiteten Glauben an Frauen, welche sich in Tiere oder tierähnlich Wesen verwandeln konnten (wie nach antikem Vorbild), noch ein Glaube an einen nächtlichen Flug von Frauen, welche der Göttin Holda oder Perchta folgen sollten, existierte. Levack geht davon aus, dass diese beiden Vorstellungen sich etwa im 12. Jahrhundert zu vermischen begannen. [5]
Im 10. Jahrhundert vertrat Regino von Prüm in seinem Canon Episcopi die Auffassung, dass die Ausfahrten der Seelen mit heidnischen Gottheiten (Fortuna oder Holda) als heidnischen Irrtum angesehen werden muss. [6]

Entstehungsgeschichte des Malleus maleficarum
Der seit Mai 1487 in gedruckter Fassung vorliegende Malleus maleficarum des Schlettstädter Dominikaners Heinricus Institoris [7] erschien noch zu Lebzeiten des Verfassers in zehn Auflagen. [8] Zwischen 1486 und 1669 erschienen fast 30 Auflagen. [9] Als Motiv für das Verfassen des Buches sieht Behringer eine vorausgegangene, gescheiterte Hexenverfolgung in Innsbruck. Institoris unternahm dort den Versuch, Prozesse gegen angebliche Hexen zu führen, was jedoch durch den zuständigen Bischof unterbrochen wurde. [10]
Schon im 18. Jahrhundert setze sich der Begriff "Hexenhammer" durch. Eine wörtliche Übersetzung wäre etwa "Hammer der Schadensstifterinnen". [11]
Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Autorenfrage noch nicht ganz geklärt ist. Inwieweit der Dominikaner Jakob Sprenger (1437 - 1495) an der Entstehung des Malleus maleficarum mitgewirkt hat, ist immer noch nicht ganz geklärt. [12]

 

Fussnote(n):
[1] Wolfgang Behringer: Heinrich Kramers "Hexenhammer": Text und Kontext. In: Frühe Hexenverfolgung in Ravensburg und am Bodensee. Andreas Schmauder (Hrsg.). Konstanz 2001. S. 87.
[2] Auf eine Gentivapostrophierung wird in dieser Arbeit verzichtet, da Institoris an sich schon einen Genitiv darstellt.
[3] Über die Weise, wie sie von Ort zu Ort befördert werden.
[4] Wolfgang Behringer: Hexenflug. In: Abheben! 1000 Träume vom Fliegen. Begleitbuch zur Ausstellung im art kite museum Detmold vom 30. April bis 19. September 2004. Inga Hagen (Hrsg.). Detmold 2004. S. 167.
[5] Brian Levack: The witch-hunt in early modern Europe. London und New York. 1995. S. 41 und 42.
[6] Behringer: Hexenflug. S 164.
[7] Bei Heinricus Institoris handelt es sich um die lateinisierte Namensform (im Genitiv) von Heinrich Kramer. Da es sich beim Malleus maleficarum um ein in lateinischer Sprache verfasstes Werk handelt, wird in dieser Arbeit auch die - von Institoris selbst seit 1479 gebrauchte - lateinisierte Form des Namens verwendet.
[8] Peter Segl (Hrsg.): Der Hexenhammer - Entstehung und Umfeld des Malleus maleficarum von 1487. Köln und Wien 1988. S. 3.
[9] Behringer: Text und Kontext. S. 83.
[10] Behringer: Hexenflug. S. 172 und Behringer: Text und Kontext. S. 104 - 106.
[11] Segl: Der Hexenhammer. S. 1
[12] Behringer: Text und Kontext. S 93 - 97.

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