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Wintersemester 06/07
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Artikel - Spanien
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Artikel
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Fischer, Mark-Oliver
Die Kurfürsten der dreieinhalb Jahre
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Hofmann, Andreas C.
Eine Einordnung der Karlsbader Beschlüsse in die bayerische Außenpolitik von 1815 bis 1820
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Kröss, Katja
Religion und Politik im Leviathan. Ein Rekonstruktionsversuch
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Künstler, Waltraud
Ciceros orator perfectus – ein realisierbares Rednerideal?
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Künstler, Waltraud
Die Juden in der mittelalterlichen Stadt
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Röhrer-Ertl, Friedrich Ulf
Zwei Wappenprogramme des Alten Hofes
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Schmid, Matthias
Zur Darstellung des Sultans Saladin in der lateinischen Historiographie des Hochmittelalters
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Schnupp, Stefan
Fotografien von der Schlacht von Gettysburg
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Thun, Alexandra
Brechts Jugendjahre in Augsburg.
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Weber, Albert
China, die kommende Weltmacht?
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Weber, Albert
Ein zeitgeschichtlicher Blick auf Nordkorea
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Zarka, Attila
Geschichte als Geschichte
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Rezension
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Sommersemester 06
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Wintersemester 05/06
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Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
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Aus dem Archiv (Ausgabe 03 - Wintersemester 06/07) |
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Schmid, Matthias
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Feindbild und Geschichtsbild. Zur Darstellung des Sultans Saladin in der lateinischen His-toriographie des Hochmittelalters
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3. Das Feindbild Saladin im
hochmittelalterlichen Geschichtsbild
3.1 Fortuna: Abtrennung einer von Gott
unbeeinflussten irdischen Sphäre
Das Motiv der Fortuna, der (antiken) Göttin des wechselhaften Schicksals
[12], galt auch seit dem frühen Mittelalter in der christlichen Lehre als
Bestimmungskraft des individuellen Loses der Menschen die äußeren Güter (Geld,
Macht, Gesundheit) betreffend. Mit der Fortuna als Versinnbildlichung der
Eitelkeit irdischer Dinge in einem rein zufälligen Werden-und-Vergehens-Zyklus
war es allerdings auch möglich, die weltliche Geschichte als eine Sphäre
abgetrennt von direkter göttlicher Steuerung zu sehen. Besonders, wenn es darum
geht den Machtaufstieg Saladins innerhalb der muslimischen Welt zu deuten, aber
auch um eine Erklärung für die großen finanziellen und militärischen Ressourcen
des kurdischen Herrschers zu finden, bedient sich sowohl die Chronik des
Wilhelm von Tyrus [13] als auch das Itinerarium [14] des fortuna-Motivs. Die Funktion dieser Einordnung des Feindes liegt
neben der bloßen Erklärung der gegnerischen Erfolge gegen das christliche
Kreuzfahrerheer in der Delegitimierung des Sultans Saladin. Dadurch, dass der
aus niedriger Herkunft stammende Saladin seine Karriere in der muslimischen
Welt nicht nur dem Zufall, sondern sogar (zumindest laut Wilhelm von Tyrus [15])
Morden an seinem Herren und dessen Nachkommen zu verdanken habe, soll auch eine
Brandmarkung des zum Großwesir über Syrien und Ägypten Aufgestiegenen als tyrannus [16] gerechtfertigt erscheinen
lassen. Im für das Mittelalter bedeutsamen augustinischen Denken galt der
tyrannische Usurpator als jemand, der sich der Ursünde der superbia [17] schuldig mache und somit aus eigener Überheblichkeit gegen die
göttliche Ordnung aufbegehre. Dieser Ausgestaltung des Feindbildes in
Verbindung mit einem Geschichtsbild, in welchem die irdischen Fragen von Macht
u. Ä. der fortuna überlassen sind, mag
die Absicht zugrunde liegen, das christliche Heer als Rächer für Saladins Sünde
der Tyrannei und superbia (anstelle
des nicht in irdische Angelegenheiten eingreifenden Gottes) zu stilisieren. |
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3.2 Providentia: Die Unergründlichkeit von
Gottes Willen
Während die fortuna-Konzeption
die weltliche Geschichte dem (hierarchisch zwar Gott untergeordneten, aber im
Bereich der materiellen Dinge relativ eigenständigen) wechselhaften Schicksal
zuordnet, stellt in den folgenden Konzeptionen der personale Gott eine Größe
dar, die historische Abläufe lenkt und die in diese interveniert. Den
Komplementärbegriff zur launischen fortuna
bildet die providentia Dei (Vorsehung
Gottes). Die providentia betont
stärker, dass Geschehnisse, selbst wenn ihr Sinn dem Menschen verborgen bleibt [18],
Ausdruck von Gottes Willen seien und einem Plan folgen, dessen volle Erkenntnis
den menschlichen Wesen verschlossen sei. Diese Variante
geschichtlich-theologischen Denkens kommt in Wilhelms Chronik zum Vorschein.
Nach einem Sieg des Sarazenenführers Saladin gegen Balduin IV. von Jerusalem
fällt folgender Ausspruch: „Denn der Herr, der im vergangenen Jahr seine Gläubigen
in so unermesslichem Maße beschenkt hatte, ließ sie nun in ebenso große Schande
und Verwirrung kommen. Wer kennt den Sinn des Herrn, oder wer war sein
Ratgeber?“ [19] |
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3.3 Die Abkehr Gottes
Neben der mystischen Zuschreibung der Verantwortlichkeit für historische
Verläufe an Gott, ohne jedoch wirklich ein für die Menschen erklärbares System
für einen Zusammenhang von Tun und Ergehen zugrunde legen zu können, gibt es
durchaus noch andere Möglichkeiten: Gott tritt dann quasi als Steuerungseinheit
auf, die auf das Verhalten der Menschen negativ oder positiv reagiert. Die
Stärke des Widersachers wird als Folge einer Entfremdung zwischen Gott und den
Christen ausgelegt; die Sünden der Christen hätten eine vorübergehende Abkehr
Gottes ausgelöst [20][.] |
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