Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 02 - Sommersemester 06)
 

Zarka, Attila

 
 

Diplomacy - Spiel und Wirklichkeit

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  Österreich-Ungarn
Die hausgemachten Probleme des Vielvölkerstaates Österreich waren seit langer Zeit evident und die Lösung wurde so lange hinausgezögert, wie es nur ging. Die Revolution, die weite Teile Europas Mitte des 19. Jahrhunderts erfasst hatte, ging auch an Österreich nicht spurlos vorüber. Allerdings waren die Auswirkungen insofern dramatischer, da die Risse, die hier sichtbar wurden, den siechenden Niedergang des Habsburgerreiches beschworen. Die Revolution war in Österreich insofern stärker ausgefallen, da die verschiedensten Nationalitäten, wie Ungarn, Kroaten, Serben, Tschechen und Rumänen ihre nationalen Eigenheiten wahren wollten. Die lodernden Flammen der Autonomiebewegungen gingen überall gleichzeitig auf und drohten den gesamten Staat in Schutt und Asche zu legen. Franz-Josef I., der fast schon mythische Kaiser Österreichs, konnte erst mit russischer Hilfe die ungarische und schließlich auch die anderen Krisenherde beseitigen. Die wirtschaftliche Rückständigkeit und die nur schwach angehende Industrialisierung erschwerte eine Rettung des Staates aus eigener Kraft. Hinzu kamen das außenpolitische Desaster. Die Einigung Italiens ging bereits mit territorialen Verlusten einher, aber der Ausschluss vom Deutschen Bund und die schmachvolle Anerkennung Preußens als den deutschen Vorreiter, lasteten umso schwerer auf dem ohnehin gebeutelten Gemüt. Der letzte Strohalm wurde 1867 mit der Installation der K. und K. Monarchie zwischen Österreich und Ungarn ergriffen. Allerdings wurde mit diesem Schritt nur eine vorübergehende Ruhe geschaffen. Durch die faktische Erhöhung Ungarns fühlten sich andere Nationalitäten benachteiligt. Die Verbissenheit, mit der sich Österreich an die Vergangenheit und alten Traditionen geklammert hatte, war schließlich die Begründung dessen Untergangs.
Der wachsende Panslawismus, dessen sich Russland verpflichtet fühlte, brachte außenpolitisch den Bruch mit dem einstigen Partner aus der Heiligen Allianz von 1815. Österreichs diplomatischer Starrsinn brachte das Land im Vorfeld des Ersten Weltkrieges in eine "quasi" Isolation. Der einzige Partner, auf den man sich verlassen konnte und wollte, war das ebenfalls von den anderen Großmächten immer mehr gemiedene Deutsche Reich.
 

  Italien
Die Geschichte Europas ist ohne Italien und vor allem ohne dem Römischen Reich, gar nicht zu denken. Italien war am Anfang des 19. Jahrhunderts nicht mehr, als ein geographischer Begriff, aber dennoch gingen aus dem einst so mächtigen Land, immer noch sehr wichtige Impulse aus, die vor allem die geistige Entwicklung Europas gefördert haben. Vor der Einigung Italiens existierten mehrere Mittelstaaten, die teilweise mit eiserner Hand von mächtigen Familien beherrscht wurden. Allerdings bestimmten fremde Mächte seit langer Zeit das politische Geschehen. Frankreich beherrschte Oberitalien, Österreich übernahm das Zepter in der Lombardei, Neapel, Sardinien und in der Toskana. Einzig das Herzogtum Piemont-Savoyen konnte eine gewisse Eigenständigkeit bewahren. Die politische Zerrissenheit, verstärkt durch die andauernde Fremdherrschaft, gepaart mit dem Hinterherhinken sowohl in wirtschaftlichen, als auch technischen Belangen, deuteten sehr mangelhafte Voraussetzungen für eine Einigung an.
Dass eine unabhängige Nation entstehen konnte, war dann schließlich der Verdienst dreier Einzelpersönlichkeiten, nämlich Mazzini, Garibaldi und Graf Cavour. Die Charaktere hätten nicht unterschiedlicher sein können, aber dennoch einte sie die gemeinsame Idee und der gemeinsame Wille. Manzzini war ein Denker, der mit seinem ganzen Tun der Wortführer des "Risorgimento" wurde. Seine Schriften stecken voller Enthusiasmus und verkündeten eine friedliche Zukunft, nicht nur für ein vereintes Italien, sondern auch für die ganze Welt. Man könnte sagen, dass Manzzini ein Träumer war, der wegen des seligen Schlafes nicht aufzuwachen gedachte. Als nach den Wirrungen von 1848/49 die Reaktion auch in Italien durchgegriffen hatte, war ihm klar, dass seine Ideale so nicht verwirklicht werden konnten. So groß aber seine Enttäuschung auch sein musste, so wichtig war sein Auftreten für die Freisetzung eines nationalen Selbstwertgefühls der italienischen Bevölkerung. Ein Mann, der in ganz besonderer Weise sich von der Welle des Einigungsgedanken tragen ließ, war Garibaldi. Er war ein Haudegen, ein politischer Abenteurer, aber vor allem ein Mann des Volkes. Der berühmte "Zug der Tausend" unter der Führung Garibaldis, machte diesen Mann zu einer Legende. Endlich hatte es einer gewagt, Worten auch Taten folgen zu lassen.
Der dritte im Bunde war Graf Camillo di Cavour. Als Ministerpräsident des Königreiches Sardinien-Piemont, konnte er seine Ziele in ganz anderer Weise angehen. Es war allen klar, dass eine Einigung Italiens nur mit kriegerischen Mitteln gegen Österreich zustande kommen konnte. Nun mussten alle diplomatischen Raffinessen ergriffen werden, wenn Italien nicht zum Spielball der anderen Großmächte werden wollte. Cavour schaffte es auf brillante Weise England und Frankreich auf seine Seite zu ziehen. Es war schließlich auch der besonnene Politiker, der es durch sein Verhandlungsgeschick schaffte die explodierende Kraft des Einigungsvorganges, soweit abkühlen zu lassen, dass weitere Konflikte, vor allem mit Frankreich vermieden werden konnten. Viktor Emanuel II. konnte sich schließlich am 14. März 1861 zum König von Italien ausrufen lassen. Damit war Italien zu ersehnten Ziel gelangt, dessen Abschluss erst knapp 10 Jahre später durch die militärische Eingliederung des Vatikanstaates, das bis dahin Frankreichs Schutz genossen hatte, erreicht wurde.
Die Einigung Italiens hatte vielfältige Folgen für Europa mit sich gebracht. Zum einen konnte sich die Einigung des Deutschen Reiches im Kielwasser der italienischen Ereignisse entwickeln. Außerdem wurde Österreich so sehr aus den Fugen gerissen, dass es nicht mehr verhindern konnte, dass im eigenen Staat die nationale Frage immer größere Probleme mit sich brachte und zudem wurde es so geschwächt, dass Bismarck ohne Angst eine direkte Konfrontation gegen das Habsburgerreich für die Lösung seines Problems suchen konnte.
 

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