Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 02 - Sommersemester 06)
 

Weigand, Katharina

 
 

Max II., Ludwig II. und Prinzregent Luitpold: drei bayerische Monarchen und ihre Bilderwelten

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Als Max II. 1864 im Alter von 55 Jahren starb, kam ein politisch gänzlich unerfahrener knapp 19jähriger auf den bayerischen Thron. Ludwigs Kindheit und Jugend waren geprägt von einem äußerst schwierigen Verhältnis zum Vater und einem strengen und harten Erziehungsprogramm. Doch sollte man sich unbedingt davor hüten, aus heutiger Perspektive und mit dem Ideal einer engen Eltern-Kind-Beziehung im Kopf, Ludwigs Leben und Leiden, vor allem aber sein tragisches Ende allein als Folgen seiner unglücklichen Kindheit und Adoleszenz zu beurteilen. Von einer Amme und dann von wechselnden Erziehern betreut zu werden, war für die Nachkommen fürstlicher Familien der Normalfall; Thronfolger wiederum mußten sich, im Blick auf ihre künftigen Aufgaben, allesamt einem besonders rigorosen Lernpensum unterwerfen. Gleichwohl ist ein Schicksal und ein politisches Versagen wie das Ludwigs II. doch eher ein Sonderfall in der Geschichte des 19. Jahrhunderts. Von daher ist dem Urteil von Dieter Albrecht zuzustimmen, der den jungen König folgendermaßen charakterisiert: "Jedoch war Ludwig offensichtlich zu früh auf den Thron gelangt, persönlich unfertig und ganz unvorbereitet, ohne die Autorität soliden Sachverstandes gegenüber seinen Ministern, auch ohne familiären und freundschaftlichen Umkreis, auf den er sich hätte stützen können. Solche Voraussetzungen vereinten sich jedoch mit einem hohen, ja vielfach phantastisch überspannten monarchischen Selbstgefühl." [8]
 
Politische Herausforderungen wiederum gab es genug während der Regierungszeit Ludwigs II. 1866 hatte Bayern im sogenannten deutschen Bruderkrieg an der Seite Österreichs gegen Preußen nicht nur eine militärische Niederlage hinnehmen müssen; mit diesem Krieg von 1866 wurde Österreich aus dem Deutschen Bund hinausgedrängt, was einen deutschen Einheitsstaat unter preußischer Führung immer wahrscheinlicher werden ließ. Vier Jahre später war es schon soweit: Nun zog Bayern an der Seite Preußens und der anderen deutschen Staaten, aufgrund des 1867 mit Berlin geschlossenen Schutz- und Trutzbündnisses, in den Krieg gegen Frankreich; der deutsche Sieg und die daraus resultierende euphorische Nationalbegeisterung rissen selbst einige derjenigen bayerischen Parlamentarier mit, die zuvor im konservativen, in dem auf die bayerische Eigenstaatlichkeit pochenden Lager zu finden gewesen waren. Der 18. Januar 1871 wurde seitdem auch in Bayern offiziell als Reichsgründungstag gefeiert, Bayern und sein König waren gezwungen, einen eklatanten Verlust an Souveränitätsrechten hinzunehmen. Aber nicht nur in Bezug auf die Außenpolitik stellten sich die Jahre zwischen 1864 und 1886 als Herausforderung dar. So standen sich liberale Minister und eine patriotisch-konservative Landtagsmehrheit feindlich gegenüber, wobei die Landtagsmehrheit - gemäß den Bestimmungen der bayerischen Verfassung von 1818 - jedoch keine Möglichkeit besaß, diese Minister abzuwählen, da allein der König die Regierung berufen bzw. entlassen konnte. Seit 1871 aber stellte sich vor allem die Frage, inwieweit Bayern seine verbliebenen Rechte gegenüber Kaiser und Reich werde wahren, inwieweit sich Bayern eine eigene Identität werde bewahren können.

Ein Monarch, der sich dieser Probleme mit Zähigkeit und Disziplin angenommen hätte, zwar ausgestattet mit dem Bewußtsein, daß man das Rad der Geschichte zwar nicht zurückdrehen kann, der aber u.U. versucht hätte, immer wieder - notfalls auch in kleinsten Schritten - das Beste für das Königreich und dessen Bewohner etwa gegen Berlin herauszuholen, und der sich dabei freilich von eigenen persönlichen Befindlichkeiten, wie z.B. von verletztem Herrscherstolz, hätte frei machen müssen, ein solcher Monarch wäre ein Glücksfall für Bayern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewesen. Doch Ludwig II. war dieser Glücksfall nicht, er tat genau das Gegenteil! Bereits nach ersten Mißerfolgen, als er sich nicht gegen seine Minister hatte durchsetzen können, begann sich der König, der von Natur aus wohl eher zu Schüchternheit neigte, zurückzuziehen: in die Musikdramen Richard Wagners, in die Einsamkeit der bayerischen Berge, in die Märchenwelt seiner Schloßbauten. [9]

 

Fussnote(n):
[8] Albrecht, Dieter: Ludwig II.; in: Neue Deutsche Biographie; Bd. 15, Berlin 1987, S. 374-379, hier S. 374.
[9] Vgl. hierzu Büttner, Frank: Neuschwanstein. Der Weg Ludwigs II. in die "Königskatastrophe"; in: Schmid, Alois / Weigand, Katharina (Hrsg.): Schauplätze der Geschichte in Bayern; München 2003, S. 330-353.

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