Bereits nach Abschluß der ersten bayerischen
Ständeversammlung im Frühjahr 1819 erblickte der damalige bayerische
Finanzminister Maximilian v. Lerchenfeld in den Vorbereitungen zu den
Karlsbader Ministerialkonferenzen „schwere Gewitterwolken am politischen
Horizont, die die verfassungsmäßige Entwicklung des Landes mit der ernstesten
Gefahr bedrohten.“[1] Wie aber – um bei dieser Metapher zu bleiben – entstanden
diese Gewitterwolken? Was waren ihre Auswirkungen?
Hierbei ist zu beachten, die bayerische Außenpolitik dieser Zeit im
Zusammenhang mit der Verfassungsentwicklung des Deutschen Bundes zu sehen.[2]
Nach einer dem Kriterium des Souveränitätserhalts folgenden Skizze der
bayerischen Außenpolitik von 1815 bis 1820 werden Vorgeschichte, Verhandlungen
und Nachwirkungen der Karlsbader Beschlüsse beleuchtet. Dabei stehen Dimension
der Karlsbader Beschlüsse für die bayerische Außenpolitik und ihre
Rückwirkungen auf die Innenpolitik des Königreichs im Vordergrund.
Es wird zu ergründen sein, wie die außenpolitischen
Erfahrungen der vorhergehenden Jahre die bayerische Politik in Karlsbad
bestimmten, und wie Bayerns Rolle bei den Karlsbader Beschlüssen wiederum die
Außenpolitik der Folgezeit beeinflußte. Ein Ausblick auf die Wiener
Ministerialkonferenzen 1819/20 leitet zu dem abschließenden Versuch über, die
Karlsbader Beschlüsse in die bayerische Außenpolitik der Jahre 1815 bis 1820
einzuordnen. Dieser Beitrag beleuchtet exemplarisch die Versuche der Mittelstaaten, ihren Platz zwischen den „drei
staatlichen Spannungspolen“ der „Doppelhegemonie Österreichs und Preußens sowie
de[s] sogenannten ‚Dritten Deutschland[s]’ zu finden“.[3]
Obwohl
nur die ältere Forschung eigene Beiträge zu Bayern und den Karlsbader
Beschlüssen enthält[4] – neuere Titel behandeln das Thema meist in anderen oder
umfassenderen Zusammenhängen – ist die vorhandene Literatur trotzdem
ertragreich. Eberhard Büssem nimmt in seiner noch immer einschlägigen
Dissertation zu den Karlsbader Beschlüssen auch die bayerische Perspektive in
den Blick. Karl-Otmar v. Aretin behandelt die Karlsbader Beschlüsse ausführlich
als einen Teil der deutschen Politik Bayerns der Jahre 1814 bis 1820. Wilhelm
Mößle untersucht die Debatten auf den Karlsbader und Wiener Konferenzen über
die ‚landständischen Verfassungen’.[5] Im weiteren gehen biographische Werke zu
führenden Politikern dieser Zeit (v.a. zu Aloys v. Rechberg, Georg Friedrich v.
Zentner und Karl Philipp v. Wrede) auf deren Rolle bei den Karlsbader
Beschlüssen ein.[6] Weitere Abhandlungen untersuchen die bayerische
Außenpolitik in den Jahren nach dem Wiener Kongreß in einem größeren Zusammenhang
wie einer Geschichte der bayerischen Souveränitätspolitik.[7]
Eine unerläßliche Quellengrundlage für die bayerische Außenpolitik im Vormärz bilden die von Anton Chroust herausgegebenen Gesandtschaftsberichte sowie Ernst Rudolf Hubers Dokumente zur Verfassungsgeschichte. Detaillierte – wenn auch nicht unzensierte – Einblicke in die Karlsbader Verhandlungen bieten die bei Johann Ludwig Klüber und Karl Theodor Welcker edierten Protokolle.[8] Persönliche Ansichten geben die nachgelassenen Papiere des österreichischen Staatskanzlers Metternich, die eingangs zitierten Papiere des bayerischen Finanzministers Maximilian v. Lerchenfeld sowie die Briefwechsel und Tagebücher Friedrich v. Gentz wieder. [9]