1. Das Universitätswesen in Bayern unter Max. I. Joseph von 1799 bis 1825
Eine Reihe "gleichschaltende[r] Hochschulreformen"[7] in den Jahren 1799, 1804 und 1814 beseitigte die Reste korporativer Selbständigkeit der Universitäten und verleibte sie dem aufgeklärten Staatsmechanismus ein. Die Wahl von Rektor und Senatoren bedurfte nun der Bestätigung des Landesherrn, die Professoren wurden zu Staatsdienern im Rang von Kollegialräten degradiert und die traditionellen Universitätssiegel mußten dem bayerischen Staatswappen weichen.[8] Als Sonderweg in der deutschen Universitätsentwicklung hielt sich in jesuitischer Tradition außerdem die strikte Trennung in das Studium der allgemeinen Wissenschaften - das philosophische Vorstudium - und das der besonderen Wissenschaften - der Fachstudien.[9] Die Aufhebung der traditionellen Fakultäten zu Gunsten der Gliederung der Universität Landshut in zwei entsprechende Klassen, die jeweils aus Sektionen bestanden, brachte den staatlichen Zuspruch für diese Unterteilung am deutlichsten zum Ausdruck.
Unter Rektor Anton Mittermaier (1816-1819) erreichte die Ludwig-Maximilians-Universität zwar die Wiederherstellung der alten - wenn auch nicht so genannten - philosophischen Fakultät,[10] Kollegienzwang (Beleg- und Testatpflicht für Lehrveranstaltungen) und Semestralprüfungen (Semesterabschlußprüfungen) lasteten aber weiterhin auf dem Studium der allgemeinen Wissenschaften, das zudem durch die Möglichkeit, es an Lyzeen (vormals kirchliche Schulen zur Priesterausbildung) abzuleisten, an Bedeutung eingebußt hatte.[11] Die Karlsbader Beschlüsse schränkten 1819 die Autonomie der Universitäten durch die Einsetzung landesherrlicher Bevollmächtigter erneut ein. Deren Aufgabe war es, "über die strengste Vollziehung der bestehenden Gesetze und Disziplinarvorschriften" durch Kontrolle von Studierenden und akademischen Lehrern gleichermaßen zu wachen.[12] Dies rief den entschiedenen Protest der Universitäten hervor, die von dieser Einrichtung Eingriffe in ihre Autonomie befürchteten.[13] Die Studenten mußten davon ausgehen, daß dieses Amt, das als ausdrücklichen Auftrag den Kampf gegen ihre politische Betätigung hatte, ihre sämtlichen Lebensbereiche überwachen würde.
2. Die liberale Phase Ludwigs I. 1825 bis 1832
Mit Ludwig I. bestieg Ende 1825 ein Herrscher den Thron, der bereits während seiner Kronprinzenzeit bewiesen hatte, daß es "an der bayerischen Staatsspitze damals keine konstitutionsfreundlichere Persönlichkeit" gab.[14] Darüber hinaus fühlte er sich seit jeher der Landshuter Romantik verbunden, die eine Restauration der alten Universitätsrechte verfocht. Es verwundert nicht, daß Ludwig I. nun begann, sein universitätspolitisches Programm in die Tat umzusetzen. Ein erster Schritt bestand in den Jahren 1825 bis 1828 darin, die Funktionen der landesherrlichen Bevollmächtigten - in Bayern firmierten sie als außerordentliche Ministerialkommissäre - an den drei Landesuniversitäten nebenamtlich auf die Regierungspräsidenten zu übertragen, um die Auswirkungen dieses Amtes auf die Universitäten zu schwächen.[15]
Ein weiteres Zeichen einer veränderten Gesinnung des Königs gegenüber den Universitäten war die Übersiedlung der Ludwig-Maximilians-Universität von Landshut nach München. Max I. Joseph hatte derartige Pläne während seiner Regierungszeit verworfen, da er in der Anwesenheit der Studenten in der Haupt- und Residenzstadt einen potentiellen Unruhefaktor sah. Dieses Mißtrauen schien nun geschwunden, zumal Ludwig I. "seine liberale Ära sehr studentenfreundlich begann."[16] Nachdem er die Entscheidung zur Translokation am 15. April 1826 getroffen hatte, wurde die Universität am 12. November 1826 feierlich eröffnet.[17]