Das Prestige dieser Agone, die auf Grund ihrer gesamtgriechischen Bedeutung in römischer Zeit auch oikoumenikoi, "Weltagone", hießen, war seit dem 3.Jh.v.Chr. für eine zunehmende Zahl griechischer Poleis Anlaß, ihre eigenen, bislang nur auf lokaler Ebene gefeierten Feste und Agone entsprechend aufzuwerten und sie auf panhellenisches Niveau zu heben. Hierbei hatten die Olympien und die delphischen Pythien Modellcharakter, deren Organisation und Regelungen bis ins Detail übernommen wurden, so daß die neuen penteterischen Agone sich als "isolympisch" bzw. "isopythisch" präsentierten, d.h. den Anspruch erhoben, in Konzeption und Rang mit den Olympien bzw.Pythien gleichgestellt zu sein.[13] Sieger bei diesen neuen "heiligen Kranzagonen" waren nun ebenfalls Hieroniken, welche in der hellenistischen Poliswelt eine in ihrem gesellschaftlichen Status herausgehobene Gruppe darstellten.[14] Um einen solchen neuen "heiligen" Agon zu etablieren und dessen Attraktivität und Prestige durch eine offizielle Anerkennung seitens der griechischen Welt zu sichern, wurden die Poleis in aufwändigen Werbekampagnen diplomatisch aktiv. Am besten dokumentiert dies die westkleinasiatische Stadt Magnesia am Mäander, welche gegen Ende des 3. Jhs.v.Chr. für ihre Hauptgottheit Artemis Leukophryene die Feier und den isopythischen Agon der Leukophryeneia einrichtete; die aus "aller Welt" eingehenden Bescheide, den Agon anzuerkennen (womit eine Zusage verbunden war, künftig offizielle Delegationen zur Teilnahme am Fest zu entsenden), ließ die Stadt auf den Wänden einer Halle an der Agora inschriftlich aufzeichnen. Von diesem umfangreichen Dossier, dem durch den Ort seiner Anbringung höchste Publizität gesichert war, ist noch ein beträchtlicher Teil der Dokumente erhalten geblieben.[15] Der Trend, neue Kranzagone einzurichten, setzte sich in der römischen Kaiserzeit fort; nur mußten fortan die betreffenden Initiatoren sich der kaiserlichen Bewilligung in Rom vergewissern. Bei einer ganzen Reihe neu begründeter Agone ging die Angleichung an das olympische oder delphisch-pythische Vorbild so weit, daß das Modell auch mit seinem Namen Pate stand und daß Olympien sowie Pythien in der griechischen Welt sich in vielfacher Zahl verbreiteten16. Welche Folgen dies für die Selbstdarstellung agonistischer Sieger hatte, soll im Folgenden an dem kaiserzeitlichen Monument eines Athleten aufgezeigt werden.
Mit seiner optisch höchst effektvollen, geradezu plakativen Gestaltung ist der im Museo Nazionale von Neapel aufbewahrte Marmorstein aus der 2.Hälfte des 2. Jhs.n.Chr. ein besonders charakteristisches Beispiel dafür, daß Inschriften nicht nur als Schriftdenkmäler historische Zeugnisse, sondern zugleich auch archäologische Denkmäler sind. Der die wichtigsten biographischen Daten skizzierende Hauptteil des Textes steht in oberen Teil innerhalb der Umrahmung einer tabula ansata , während der ganze anschließende untere Teil, der eigentliche Blickfang des Ganzen, in vier Reihen angeordnete, "vom Ruhm" des Athleten "kündende" Kränze[17] bedecken, innerhalb derer Beischriften den Agon, meist mit ausdrücklicher Erwähnung des Austragungsortes, sowie die Anzahl der jeweils errungenen Siege nennen:[18]