Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 01 - Wintersemester 05/06)
 

Schnupp, Stefan

 
 

Der Regensburger Kurfürstentag 1630. Der Kaiser auf dem Höhepunkt seiner Macht?

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  Während des gesamten Kurfürstentages redete man auch über das Restitutionsedikt. Es war kein offizieller Verhandlungspunkt auf der Tagesordnung [32], aber ein Anliegen der Protestanten und der Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg. Das im März 1629 erlassene Restitutionsedikt war eine einseitige Auslegung des Religionsrechts zugunsten der Katholiken und hatte die protestantischen Kurfürsten in die offene Opposition getrieben.[33] Wegen des Ediktes blieben die protestantischen Kurfürsten der Versammlung fern und schickten nur ihre Vertreter. Die Gesandten der protestantischen Reichstände übergaben den Kurfürsten und dem Kaiser ihre Beschwerden über das Restitutionsedikt.[34] Aber sie wurden von beiden nur vertröstet.[35] Die große Problematik bei diesen Verhandlungen waren die unterschiedlichen Ausgangspositionen. So wollten die katholischen Kurfürsten zu anfangs nicht am Edikt rütteln, während die Protestanten es ablehnten und abschaffen wollten.[36] So konnte es  nur Streit geben.
Am 3. September entschied sich der sächsische Kurfürst für eine offensive Handlung, indem er beschloss die protestantischen Stände zu einem Treffen zu laden, und dies dann auch dem Kaiser und den katholischen Kurfürsten mitteilte.[37] Auf dem Kurfürstentag sah man nun die Gefahr einer Einigung aller Protestanten gegen die Liga und den Kaiser vor sich und lenkte ein.[38]
Der Landgraf von Hessen-Darmstadt legte dem Mainzer Kurfürsten inoffiziell eine Erklärung mit 35 Punkten vor, die einen Kompromiss herbeiführen sollte. Auf diese wurde mit einer "Gegenerclerung" geantwortet.[39] Aber beide Seiten waren noch zu weit auseinander, als dass sie sich einigen konnten. Offizielle Gespräche wurden bis dahin noch nicht geführt, obwohl die Kurfürsten darauf drängten. Der kaiserliche Beichtvater Lamormaini sah das Seelenheil des Kaisers bei Aufhebung des Ediktes gefährdet.[40] Diese Ablehnung führte zu einem erneuten Bruch mit den Kurfürsten.[41] Beim Restitutionsedikt blieb der Kaiser stur. Er sollte sich hier dem Schein nach durchsetzen, doch die Kurfürsten wollten alleine weiterverhandeln, da sie Handlungsbedarf wegen der Schwedengefahr sahen. So wurde beschlossen den Kaiser aus den Verhandlungen rauszuhalten, um mit den Protestanten eine Einigung zu erzielen. Somit wurde dem Kaiser eine Vermittlungsposition nicht mehr zugetraut. Er war also auch hierbei Verlierer und besaß nicht mehr die Macht, die Protestanten von dieser Versammlung abzubringen, geschweige denn sie dazu zu bringen das Restitutionsedikt anzuerkennen.
 

  Eine weitere Niederlage des Kaisers bildete die betriebene Königswahl seines Sohnes. Bereits seit dem Jahr 1627 verfolgte man die Wahl Ferdinands[42] (III.) zum Nachfolger des Kaisers. Vor dem Kurfürstentag, auf dem die Wahl stattfinden sollte und zu dessen Zweck Kaiser Ferdinand seinen Sohn auch gleich mitbrachte, rechnete man nicht mit einer wirklich starken Opposition der Kurfürsten. Die Wallensteinfrage brachte die Pläne natürlich ins Wanken, aber wie das oben bereits erwähnte kaiserliche Gutachten zeigte, hatte man trotz dieses unerwarteten Fehlschlags die Königswahl noch immer vor Augen. Anfang September schrieb der Kaiser persönlich an die beiden protestantischen Kurfürsten und bat sie seinen Sohn zum König zu wählen.[43] Wie nicht anders zu erwarten lehnten diese die Wahl ab. Dass sich die anderen Kurfürsten auch gegen die Wahl aussprachen, traf den Kaiser unerwartet. Sie sahen die Zeit dafür noch nicht gekommen. Sogar die französischen Gesandten hatten den Auftrag die Königswahl, gegen Zusagen an die Kurfürsten, zu verhindern.[44] Dies sagt viel über die Gefahr aus, die Richelieu in einer festen Succession der Habsburger auf dem deutschen Thron sah. Es war auch das erste Mal seit der Reformation, dass sich die römische Kurie nicht energisch für eine vorzeitige Königswahl einsetzte.[45] Der ganze Plan der Königswahl wurde sehr ungeschickt verfolgt. Die kaiserlichen Räte waren sich der Lage nicht wirklich bewusst. Die Kurfürsten wollten schon vorher keine *Nachfolgeregelung, dies hätte die, ihrer Meinung nach übermächtige Position des Kaiser noch *einmal gestärkt und ihnen ihr stärkstes Mittel aus der Hand genommen, nämlich die freie Wahl. So hatte die verpatzte Wahl nur das Ergebnis, dass für sie Wallenstein vergeblich geopfert wurde und so die kaiserliche Machtposition endgültig und offensichtlicht zerstört wurde.  

  Wie in den hier aufgezeigten Verhandlungen gezeigt wurde, ging der Kaiser im Glauben immer noch eine starke Position zu besitzen nach Regensburg. Am Ende musste er geschwächt wieder abziehen. So zeigt sich, dass der Kaiser seinen Machthöhepunkt schon vor dem Kurfürstentag überschritten hatte, doch erst in Regensburg wurde es ihm bewusst.  

Fussnote(n):
[32] Bireley: Lamormaini, S. 122.
[33] Kohler, Alfred: Kontinuität oder Diskontinuität im frühneuzeitlichen Kaisertum: Ferdinand JJ., in: Reichsständische Libertät und habsburgisches Kaisertum, hrsg. von Heinz Durchhardt und Matthias Schnettger, Mainz 1999, S. 107-117, S. 112 u. S. 116
[34] Ritter: Dt. Geschichte, S. 461.
[35] Zizelmann, Stefan: Um Land und Konfession. Die Außen- und Reichspolitik Württembergs (1628-1638), Frankfurt a.M. u.a. 2002, S. 91
[36] Ebd., S. 89.
[37] Ritter: Dt. Geschichte, S.461.
[38] Repgen: Kurie, S. 223.
[39] Zizelmann: Württemberg, S. 92-93.
[40] Bireley: Contzen, S. 136.
[41] Bireley: Lamormaini, S. 126.
[42] Kretschmann: Monarchia, S. 370.
[43] Ebd. S. 372.
[44] Ebd, S. 390.
[45] Repgen: Kurie, S. 220-221

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