Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 02 - Sommersemester 06)
 

Schmid, Alois

 
 

Die bayerische Königspolitik im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit

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Freilich verblieb es weithin bei derartigen theoretischen Erörterungen. Sie hatten Auswirkungen höchstens auf innenpolitische Aktionen, die in erster Linie die Kirche zu verspüren bekam. Infolge des starken Gegendruckes aus dem Ausland, das lediglich mit vorsichtig abtastenden diplomatischen Vorstößen mit dem Problem konfrontiert wurde,  konnten die Ansprüche nicht weiter aktiviert werden. Sie erlangten nun keine außenpolitische Relevanz mehr. Max III. Joseph hat seine Königssehnsüchte ein Leben lang weitergepflegt, wenngleich sie in den siebziger Jahren an Brisanz verloren. Er hat sie in seinen späten Jahren nicht mehr mit der früheren Konsequenz verfolgt.  So ist er zum großen Friedensfürsten geworden, als der er in der maßgeblichen Literatur erscheint. Doch spricht vieles dafür, dass das letztlich gegen seinen  Willen geschehen ist. Auch er hätte sich sehr gerne mit einer Königskrone geschmückt, wenn es nur möglich gewesen wäre. Die europäische Entwicklung hat diesen Bemühungen jedoch die Grundlage gänzlich entzogen. Seit 1745 ist das wittelsbachische Kaisertum kein ernsthaftes Thema der internationalen Politik mehr. Von nun an werden nur mehr Königspläne verfolgt.

Der Übergang der Herrschaft in Bayern an die pfälzischen Wittelsbacher stellt keinen Bruch in den Grundlinien der kurbayerischen Politik dar. Der Nachfolger Karl Theodor (1777-1799)[20], obwohl aus anderen Traditionen kommend, hat die wittelsbachischen Königspläne durchaus weitergepflegt. Auch er hat das Reichsvikariat, das er sogar zweimal ausüben konnte, als Königsherrschaft zumindest in einer Reichshälfte auf Zeit mit auffallendem Einsatz wahrgenommen. Karl Theodor war als Herr der sieben Länder Regent gleich in zwei Kurfürstentümern und somit der drittmächtigste Mann im Heiligen Römischen Reich. Deswegen glaubte vor allem er sich einer Königskrone würdig. Mehrfach hat er sich mit dem Attribut der Krone darstellen lassen. Nach Wegen dazu hat er ein Leben lang gesucht. Noch immer fand er dabei auch die Unterstützung des rechtssachverständigen Barons Wiguläus Xaver Alois von Kreittmayr, der die Akten nach Ausweis wiederholter Randbemerkungen gerade zu dieser Frage eifrig studierte. Doch war Karl Theodor klar, dass er dieses Ziel mit seiner im Grunde recht wienorientierten Politik in Pfalzbayern kaum erreichen würde. Deswegen richtete er den Blick wieder verstärkt nach außen. Unter ihm gewannen die Ländertauschprojekte noch einmal größte Relevanz; sie sollten ihm seiner Königspläne erfüllen. Er liebäugelte vor allem mit einem Territorium mit den Schwerpunkten am Mittel- und Niederrhein sowie den österreichischen Niederlanden. Mannheim, Düsseldorf und das seinem Geburtsort nahegelegene Brüssel sollten dessen Mittelpunkte werden. Dort erhoffte er sich eine Königskrone, die ihn in die Tradition der Burgunderkönige des Spätmittelalters gestellt hätte. Doch wurde auch über andere Alternativen nachgedacht. Man verhandelte etwa über den Erwerb des Königreiches Sardinien. Und sogar die Würde eines Königs von Galizien wurde Karl Theodor vom Wiener Kaiserhof angeboten. Er konnte  sich aber für alle diese Vorschläge nicht begeistern. Sein Hauptziel blieb ein Königreich an Niederrhein und Nordsee mit dem Vorort Brüssel. Doch ist auch sein Wunschtraum nicht in Erfüllung gegangen. Die Französische Revolution hat den in vielen Variationen behandelten Plänen schließlich die Grundlage entzogen. Auch Karl Theodor musste seine Königspläne unerfüllt mit ins Grab in der Theatinerhofkirche zu München nehmen.

Karl Theodors Nachfolger wurde der aus der Pfalz-Zweibrückener Linie kommende Kurfürst Maximilian IV. Joseph (1799-1825)[21]. Die Entwicklung führt nun recht geradlinig in die Regierungszeit dieses letzten Kurfürsten von Bayern hinein und kommt fast folgerichtig mitten im Dritten Koalitionskrieg zum Abschluß. Am 1. Januar 1806 nahm dieser wirklich den Titel eines Königs von Bayern an.

 

Fussnote(n):
[20] Hans RALL, Kurfürst Karl Theodor. Regierender Herr in sieben Ländern, Mannheim 1994.
[21] Adalbert VON BAYERN, Max I. von Bayern, München 1957.

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