Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
Aus dem Archiv (Ausgabe 03 - Wintersemester 06/07)
Künstler, Waltraud
Die Juden in der mittelalterlichen Stadt Eine besondere Gruppe
Die
mittelalterliche Gesellschaft war in verschiedene Gruppen, sogenannte Zünfte,
Gilden, Rechts- und Sozialgemeinschaften etc., unterteilt. Wer einer solchen
Gruppe angehören wollte, musste bestimmte Voraussetzungen mitbringen und die
Regeln der jeweiligen Gruppe einhalten.
Eine besondere Gruppe stellten die Juden dar. Nicht Standeszugehörigkeit
oder die Ausübung eines bestimmten Berufes, sondern allein die
Religionszugehörigkeit machte die Juden zu einer eigenen Gruppe.
Die älteste
jüdische Gemeinde lebte seit ca. 1100 n. Chr. in der erzbischöflichen Metropole
Mainz, der Mutterstadt der jüdischen Gemeinschaft im Römischen Reich. Aber auch in Städten wie Worms, Köln
oder Regensburg sind Zeugnisse jüdischen Lebens vorhanden. Dass sich die Juden
vor allem in Städten niederließen hat mehrere Gründe:
Zunächst ist
anzuführen, dass sich die Juden, wie eingangs bereits angedeutet, nicht so
recht in die mittelalterliche Gesellschaftsstruktur einfügen ließen. Das zeigt
sich vor allem in ihrer rechtlichen Stellung. Bindend für diese Gruppe war das
sogenannte Judenrecht. Dieses Recht besagt, dass für sie einerseits die Rechte
des Reiches, in dem sie leben, verbindlich waren, aber gleichzeitig sichert es
ihnen zu, nach ihren eigenen Regeln, dem jüdischen Recht, zu leben. Gewährleistet
wurde das Judenrecht durch den König.
Mit dem Wormser
Privileg Heinrichs IV. aus dem Jahre 1090 n. Chr. wurde der Rechtsstatus der
Juden – als direkt dem König unterstellt
–, bezüglich des Schutzes von Leben und Eigentum, sowie der Freiheit der
wirtschaftlichen Betätigung und der Religionsausübung, verbindlich festgelegt.
Im Jahre 1236 wurde dieses Privileg unter Friedrich II. auf alle jüdischen Gemeinden
des Römischen Reiches ausgeweitet.
Dieser sogenannte Judenschutz war unter anderem durch das Verbot des
Waffenrechts für Juden nötig geworden. Um den Schutz zu erhalten mussten die
Juden Abgaben leisten. Dadurch gerieten sie immer mehr in die Abhängigkeit des
Kaisers bzw. Königs. Einige Juden gelangten sogar als Kammerknechte bzw. Hofjuden
an den Kaiserhof. Dort unterstanden sie zwar als servi direkt dem
Kaiser, gleichzeitig führten sie aber, sozusagen als verlängerter Arm des
Herrschers, dessen Befehle aus.
Neben der Tatsache,
dass die Juden in den Städten besonderen Schutz bekamen, spricht für diesen
Lebensraum, dass sie dort Arbeit fanden. Von den meisten handwerklichen Berufen
ausgeschlossen, spezialisierten sie sich auf den Handel, unter anderem mit
Luxusgütern aus dem Orient, und das Geldgeschäft. Letzteres durften die
Christen aufgrund des Zinsverbotes, dass ihnen verbot, Glaubensbrüdern und
–schwestern gegen Zinsen Geld zu verleihen oder bei Wechselgeschäften Geld zu
verlangen, nicht ausüben.
Ein weiterer Grund, der für das Leben in der Stadt spricht, ist, dass
die Juden in den Städten ihre Religion ausüben konnten. Um die Synagoge, dem
religiösen Zentrum, herum gruppierten sich der Synagogenhof, der als
Versammlungs- und Gerichtshof diente, sowie das Gemeindehaus, das Hospital und
die Wohnhäuser.
Die wichtigsten
jüdischen Körperschaften waren die Judenbischöfe. Sie wurden nach der Wahl
durch die jüdische Gemeinde vom Herrscher bestätigt. Ihre Aufgabe war es die
Abgaben der einzelnen Gemeindemitglieder festzusetzen. Eine jede jüdische
Gemeinde war nämlich verpflichtet als Ganzes einen bestimmten Betrag zu zahlen.
Bei religiösen Fragen aber, wurde der Rabbiner zu Rate gezogen. Des weiteren
gab es jüdische Metzger und Bäcker, die auf die Verwendung koscherer Zutaten
achteten. Dass die Juden
unter sich in eigenen Stadtvierteln nach den Gesetzen, die ihnen das Judentum
vorschrieb, lebten, war im Mittelalter nichts Besonderes. Eine jede Gruppe
blieb, so weit wie möglich, unter sich.
Im Allgemeinen waren die Juden im gesellschaftlichen Leben verankert. So
bekamen die Frauen der am Hof Ludwigs
des Frommen arbeitenden Juden von Angehörigen der Kaiserfamilie Geschenke. Ein
weiteres Indiz für ihre hohe soziale Stellung sind die jüdischen Namen in den
Zeugenlisten der Stadt Köln aus dem 11. und 12. Jahrhundert n. Chr. Aber durch
die zeitgleich beginnenden Kreuzzüge sollte sich dies ändern. Trotz des Judenschutzes
durch den Herrscher und der oberen Bürgerschicht, konnte ihre Ausbeutung und Ermordung
durch die Unterschicht, die neben religiösen Wahn vor allem durch Habsucht gelenkt
wurden, nicht verhindert werden.
Empfohlene Zitierweise:
Künstler, Waltraud: Die Juden in der mittelalterlichen Stadt Eine besondere Gruppe, in: Aventinus. Die Historische Internetzeitschrift von Studenten für Studenten [Ausgabe 03 - Wintersemester 06/07], www.aventinus.geschichte.uni-muenchen.de/index.php?ausg=3&id=58&subid=49 [Letzter Aufruf am xx.xx.xxxx]
Künstler, Waltraud
Geboren am 12. 02. 1986
Studiert auf Magister Alte Geschichte, Didaktik der Geschichte, Alte Kirchengeschichte seit Wi Se 05/06