Es entstehen natürlich Zweifel an
der Authentizität und der Beschriftung der Bilder.
Der Ablauf der Aufnahmen wird
durch Frassanito folgendermaßen rekonstruiert: Zuerst fotografierten Gardner
und O’Sullivan, sein Assistent, die drei Bilder des jugendlichen und nicht
blutenden Soldaten. Bei einer weiteren Erkundung des Geländes, fanden sie die
Stelle mit der Mauer zwischen den Felsen. Der Blick auf den Hügel des Little
Round Top im Hintergrund ergab ein eindruckvolles Bild, da aber eine Leiche
fehlte, transportierten sie die vorherige dorthin. Einen umgekehrten Transport dagegen
schließt Frassanito aus. [15] Das zeigt, dass es sich bei den ersten drei
Bildern (V-23 bis V-25) um die authentischen handelt, da sie den Leichnam in einer,
für die Umstände des Todes, natürlichen Haltung zeigen. Die anderen beiden
Bilder (V-26 a und b) sind demnach gestellt. Sie dienen mehr der Verdeutlichung
des Todes, als einer Dokumentation der Schlacht. Durch eine Identifizierung der
Waffe in V-26 a wird deutlich, dass Gardner auch eine falsche Beschriftung des
Fotos beifügte, da es sich bei dem Gewehr keinesfalls um das eines
Scharfschützen handelt. [16]
Aber es bleibt die Frage, ob die Bilder als
Quelle unbrauchbar geworden sind. Dies trifft für den Fall zu, dass man durch
sie Aussagen über die Schlacht an sich und vor allem über die Kämpfe in diesem
Gebiet treffen will. Hierzu kann man die drei anderen Bilder (V-23 bis V-25)
verwenden. Auch hier wird aber vermutet,
dass die Waffe später dazugelegt wurde. [17] Die anderen beiden Bilder (V-26 a
und b) dienen trotzdem als Quelle für die Intention seines Werkes. So ist vor
allem V-26 a eines der berühmtesten Bilder Gardeners und der Schlacht von
Gettysburg. [18] An der Aufnahme ist zu erkennen, dass es ihm mehr um den
künstlerischen Aspekt und die Ästhetik seines Werkes ging, als um eine genaue
Einzeldokumentation der Schlacht. Dies zeigt auch die Beschriftung, die er dem
Bild in seinem Sketch Book [19] gibt. So wird der Soldat als Scharfschütze beschrieben,
der von einem Granatsplitter verwundet wurde und sich stoisch niederlegte um
sein Ende abzuwarten. [20] So hat selbst die mittlerweile als Manipulation
entlarvte Fotografie noch einen Quellenwert.
Die besprochenen Fotografien zeigen, dass die Frage nach der Echtheit
für die Bilder sehr wichtig ist, wenn man feststellen möchte, ob das jeweilige
Bild als Quelle für eine Arbeit nutzbar ist. Sie sagt aber nichts über den
allgemeinen Quellenwert einer Fotografie aus, zumal es im 19. und auch im 20.
Jahrhundert viele Fälle gibt, bei denen Bilder gestellt wurden, da es die Technik damals noch nicht erlaubte,
Bewegungen abzubilden. Eine allgemeine Aussage über die Nützlichkeit von
Fotographien als Quelle ist nicht zu treffen, da nur eine genaue Untersuchung
von Fall zu Fall herausbringen kann, wie es genutzt werden kann. Die große
Schwierigkeit bei Fotographien ist leider, dass man sie meist vorbehaltlos als
Abbildung der Wirklichkeit ansieht, ohne sie zu hinterfragen. Doch gerade dies
muss hier noch stärker der Fall sein, als bei einer Textquelle, denn nur so lassen
sich Bilder sinnvoll als Quelle nutzen.
Empfohlene Zitierweise:
Schnupp, Stefan: Fotografien von der Schlacht von Gettysburg Die Problematik mit Gardners Bildern eines gefallenen konföderierten Soldaten, in: Aventinus. Die Historische Internetzeitschrift von Studenten für Studenten [Ausgabe 03 - Wintersemester 06/07], www.aventinus.geschichte.uni-muenchen.de/index.php?ausg=3&id=60&subid=49 [Letzter Aufruf am xx.xx.xxxx]
Schnupp, Stefan
Geboren am 06.08.1984
studiert Magister NNG, BG, KG seit WiSe 04/05
Chefredakteur von Aventinus