Es sei ein "altehrwürdiger und der ruhmreichste Agon", wird in einer jüngst in der nordwestkleinasiatischen Küstenstadt Alexandreia/Troas gefundenen Inschrift mit einer Festordnung des Kaisers Hadrian (117 - 138 n.Chr.) von den zu Ehren des Zeus von Olympia abgehaltenen Wettkämpfen, den Olympien (griechisch: ta Olympia), gesagt.[1] Stets waren diese Olympien (ihre geläufige, modernisierende Bezeichnung als 'Olympische Spiele' ist eher irreführend und verfälscht den Ton[2]), die nach der antiken, kanonisch gewordenen, aber historisch nicht unumstrittenen Datierung seit dem Jahr 776 in regelmäßigem Turnus alle vier Jahre stattfanden, in ihrer über elf Jahrhunderte langen Geschichte[3] das bedeutendste Fest, stets war der olympische Agon in der Hierarchie aller Agone der "heiligste".[4] Im grundlegenden Unterschied zur Ideologie des modernen Sports war jedoch "Dabeisein" nicht "alles", vielmehr zählte nur der Sieg, der keinen Zweit- oder Drittplazierten berücksichtigte und alle anderen Teilnehmer der betreffenden Kampfdisziplin als Verlierer disqualifizierte.[5] Sinnbild olympischen Ruhms war die offizielle Ehrung des Siegers mit einem Kranz aus dem (gebogenen, nicht geflochtenen) "Zweig des wilden Ölbaums",[6] den zu erringen nach den Worten des kaiserzeitlichen Redners Dion Chrysostomos (ca. 40 - 120 n. Chr.) "schon viele höher geschätzt haben als selbst das Leben".[7]
Am Ruhm des Olympioniken partizipierte auch seine Heimat, deren Name bei der Proklamation des Sieges in Olympia mit ausgerufen wurde; häufig wird deshalb in den Siegerinschriften thematisiert, daß der Sieger durch seinen Erfolg seine Heimatstadt bekränzt habe.[8} Zur Verewigung des Ruhmes trug schließlich bei, daß Olympioniken die Erlaubnis erhielten, im Heiligtum des olympischen Zeus eine Siegerstatue zu errichten, die in Bild und in Wort - letzteres in Form einer auf der Basis der Statue aufgezeichneten Inschrift - den agonistischen Erfolg für die historische Erinnerung festhielt. Im Lauf der Jahrhunderte entstand auf diese Weise in Olympia ein in der antiken Welt ganz singuläres Ensemble zahlloser Siegesdenkmäler. Sie sind zwar - bis auf einen Teil der Statuenbasen mit ihren für den Historiker bedeutsamen Inschriften - untergegangen, doch vermittelt uns der im späten 2. Jh.n.Chr. verfaßte, ausführliche Bericht des Pausanias in seiner "Beschreibung Griechenlands" ein sehr farbiges, eindrucksvolles Bild vom Gesamterscheinungsbild des Heiligtums und seiner einzelnen Siegesdenkmäler, von denen er, in Auswahl, knapp zweihundert Monumente, hauptsächlich des 6. bis 2. Jhs.v.Chr., ausführlich mit historischen Erläuterungen und epigraphischem Kommentar beschreibt.[9] Zu den Ehrungen in Olympia selbst konnten für einen Olympioniken noch handfeste materielle Vorteile in seiner Heimat hinzukommen. Schon früh ist uns dies für Athen bezeugt, wo Olympiasieger seit Anfang des 6. Jhs.v.Chr. die stattliche Prämie von 500 Drachmen erhielten , die dem Wert einer Herde von 500 Schafen entsprach;[10] im 5. Jh. verfügte der athenische Staat zusätzlich, daß sie - mit den Nachkommen der als politische Märtyrer verehrten Tyrannenmörder gleichgestellt - das "Recht der Speisung im Prytaneion", d.h. einen lebenslänglichen Freitisch, erhielten.[11] Dasselbe Privileg besaßen im übrigen auch die Sieger bei den ebenfalls panhellenischen Agonen der Pythien, Isthmien und Nemeen. Diese drei Agone waren im frühen 6.Jh. eingerichtet worden: 582 die nach Apollon Pythios, dem Orakelgott von Delphi, benannten, wie die Olympien penteterischen, d.h. alle vier Jahre gefeierten Pythia und die ungefähr gleichzeitig eingeführten trieterischen, d.h. alle zwei Jahre stattfindenden Isthmia bei Korinth sowie die wohl 573 begründeten, ebenfalls trieterischen Nemeia.[12]