Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 01 - Wintersemester 05/06)
 

Blum, Wilhelm

 
 

Thysdrus (El Djem): Aufstieg und Fall einer Provinzstadt in Afrika [*]

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4. Die Verwaltung der Stadt

 
  Die Stadt Thysdrus wurde im 2. und 3. Jahrhundert nicht anders verwaltet als jede Stadt des römischen Kaiserreiches, daher sind die folgenden kurzen Ausführungen von allgemeiner Gültigkeit. Grundsätzlich gilt, dass nach römischem Verständnis eine Stadt [25] "aus einem Zentralort, in dem sich das politische und administrative Geschehen konzentrierte, und dem umliegenden Land mit seinen Dörfern bestand", dass eine Stadt also häufig ein riesiges Territorium besaß (die Zahl der Einwohner aber war, von Ausnahmen wie Rom und Karthago einmal abgesehen, niemals recht groß, allerhöchstens hatte eine Stadt 10000 - 15000 Einwohner).

  1. Der zentrale Unterschied zwischen einem Municipium und einer (Titular-)Kolonie besteht darin, dass das Municipium "für seine Erträge aus Grund und Boden abgabepflichtig" [26], die Colonia von solchen Abgaben jedoch frei ist.
  2. Ein römisches Municipium und mehr noch eine Kolonie sind von ihrem Verwaltungsaufbau her nichts anderes als ein kleines Rom, die Institutionen der Hauptstadt finden sich hier alle wieder.
  • Rein theoretisch liegt alle städtische Gewalt bei der Volksversammlung: Diese wählt alljährlich auf dem Forum die Magistrate (und damit indirekt die Mitglieder des Senats, also des Stadtrats).
  • Dieser Senat setzt sich zusammen aus den ersten Familien der Stadt: zunächst die Ehrenmitglieder, dann Männer, die früher schon Beamtenstellen innegehabt hatten, und schließlich die einfachen Mitglieder. In der Kaiserzeit hießen diese Räte nicht mehr Senatoren, sondern Dekurionen oder auch Kurialen. Diese Dekurionen aber sowie alle anderen Magistrate der Städte wurden nicht entlohnt, sondern mussten ihrerseits jeweils eine Art Ehrensumme für den Stadtsäckel entrichten, Spiele finanziell ausrichten oder ähnliche Abgaben leisten; Die mussten also die öffentlichen Munera aus eigener Tasche durchführen, wiewohl diese verpflichtend vorgeschrieben waren. Dennoch waren im 2. und 3. Jahrhundert die städtischen Posten zumeist noch sehr begehrt, erst zu Ende des 3. und 4. Jahrhundert versuchten so manche Dekurionen mit allen nur denkbaren Mitteln, sich ihren Verpflichtungen zu entziehen. [27]
  • Die eigentlichen städtischen Beamten sind, aufgezählt in der Reihenfolge Cursus honorum (von unten nach oben):
    • die Quästoren: Finanzbeamte;
    • die Ädilen: polizeiliche Aufgaben und Marktaufsicht;
    • die Prätoren (diese gab es nicht überall);
    • die Duumviri [28] oder auch Quattuorviri: Sie entsprechen den Konsuln in Rom (sind also Mitglieder eines Zwei- oder auch Viermännerkollegiums), sie sind die höchsten Exekutivbeamten: Ausführung der Gesetze, Überwachung der städtischen Einnahmen und Ausgaben;
    • die Quinquennales (diese gab es nicht überall): Anders als die bisher genannten Magistrate, deren Inhaber jeweils für ein Jahr gewählt wurden, sind sie für fünf Jahre an der Spitze der städtischen Verwaltung tätig.
  • Neben diesen Beamten gibt es noch die städtischen Priester: augures, pontifices, am häufigsten flamines genannt.
 

Fussnote(n):
[25] F. Ausbüttel, S. 39.
[26] W. Gessel, S. 14.
[27] Das führte u.a. dazu, dass Kaiser Diokletian schon 293 darauf verweisen musste, dass Analphebetismus nicht vor dem Amt eines Dekurionen schützt (Cod. Just. 10, 32, 6)!
[28] Zu diesen allgemein siehe C.Lepelley, I, S. 150-163.

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