Letzten Endes muss also einiges am "so genannten Wirtschaftswunder" relativierend ergänzt werden. Mit einer politischen Aufbauphase von den späten 40ern bis in die Mitte der 50er hinein und einer Wirkungsphase bis in die Mitte der 60er Jahre, umfasst das Wirtschaftswunder zwei sehr unterschiedliche Jahrzehnte. Deshalb sind dem Wirtschaftswunder mehrheitlich Eigenschaften eines andauernden Modernisierungsprozesses zu Eigen. Demgemäß verwendeten die Bundesbürger erst 1957 erstmals mehr Ausgaben für den elastischen Bedarf, zu welchem unter anderem Genussmittel, Bildung und Unterhaltung, Körper- und Gesundheitspflege oder Kleidung gehören. Ebenso beschränkte sich der viel zitierte technische Fortschritt auf Rationalisierungs- und Standardisierungsverfahren für die Konsumgüterindustrie, hier sei z.B. an Gabelstapler und Fließbandarbeit gedacht - Technik und Fortschritt galten noch nicht als eigenständige Bereiche der Wirtschaftspolitik.
Abschließend sollen deshalb die unterschiedlichen Blickrichtungen bemerkt werden, mit welchen man die Modernisierung Westdeutschlands bis Mitte der 60er Jahre bewerten kann: Auf der einen Seite steht die finanzpolitische Stabilisierungsphase, die einen Export- und Investitionsboom ermöglichte, auf der anderen Seite steht die privatwirtschaftliche Konsolidierung und der Verbrauchsgüter- oder Massenkonsum.
Empfohlene Zitierweise:
Ginster, Regina: Das so genannte Wirtschaftswunder der 1950er - Westdeutschland springt auf den Zug der Moderne, in: Aventinus. Die Historische Internetzeitschrift von Studenten für Studenten [Ausgabe 01 - Wintersemester 05/06], www.aventinus.geschichte.uni-muenchen.de/index.php?ausg=1&id=14&subid=2 [Letzter Aufruf am xx.xx.xxxx]
Ginster, Regina
15.September 1981 Abitur 2001, studiert Deutsch und Geschichte auf Lehramt Gymnasium