Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
 

Bross, Fabian

 
 

ars volandi - Der Hexenflug im Hexenhammer

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  2. Der Hexenflug im Malleus maleficarum
2.1 Argumentationsgang und Beschreibung des Fluges
Nur wenn der Hexenflug wirklich stattfinden konnte, war es den Hexen möglich, auf Versammlungen zu fliegen und mit dem Teufel zu paktieren. Der Pakt mit dem Teufel konnte also nur stattfinden, wenn die Hexe sich auch tatsächlich durch die Lüfte bewegen konnte. Institoris musste auf diese Argumentation ausweichen, da die Vorstellung des Hexensabbats und vom dort stattfindenden Teufelspakt fest verankert war, sonst hätte angenommen werden können, dass der Teufel auch zur Hexe und nicht die Hexe zum Teufel fliege. So basiert sein Argumentationsgebäude auf der Zulassung Gottes, welche dem Teufel seine Macht zuspricht und dem Menschen seinen Willen lässt, sich für Gut oder Böse zu entscheiden. Auf diesen drei Säulen lässt Institoris den Hexenflug und seine Realität fußen. Der Hexenflug ermöglicht den Hexen die Teilnahme an Versammlungen, auf welchen sie mit dem Teufel paktieren können. Durch diese Argumentationskette soll die Realität der Hexerei und die Realität von Schadzaubern "bewiesen" werden
 

 
  Abbildung 2: Institoris Argumentationsgebäude
 

  Institoris leitet das Kapitel II/1,3 De modo quo localiter transferuntur de loco ad locum mit dem Problem der Realität des Hexenfluges ein, das ihn zum Canon Episcopi führt, in welchem behauptet wird, dass eine körperliche Ausfahrt nur in der Fantasie stattfände. Institoris führt weiter aus, dass diese Meinung durch andere, in der Weise ausgeweitet würde, dass ebenfalls die Schadzauber der Hexen, keinen wirklichen Schaden anrichten würden. Diese Behauptungen weist Institoris zurück. [27] Das Argument mit dem er arbeitet ist die Zulassung Gottes, welche (wie in Abbildung 1 dargestellt) nicht nur dem Teufel seine Macht ausspricht, sondern ebenfalls den Menschen ihren freien Willen zuspricht. Somit stellt Institoris klar, dass eine Leugnung der Realität des Hexenfluges dem Tatbestand der Häresie gleichkäme, da dem Sinn der Bibel widersprochen werde.
In Institoris Dreiecksverhältnis erlaubt

Gott […] dem Teufel, den freien Willen der Menschen, Gutes oder Böses zu tun, zu testen, und stattet ihn dafür mit gewissen Vollmachten aus. Der Teufel macht von diesen Freiräumen Gebrauch und führt die Menschen in Versuchung. Leichtfertige und schwache Menschen fallen diesen Verlockungen [28] zum Opfer - in diese Kategorie gehörte nach einer verbreiteten Anthropologie beinahe das ganze weibliche Geschlecht - und böse Menschen suchen von sich aus den Kontakt mit dem Teufel. [29]

Institoris unterscheidet Dämonen verschiedenster Rangordnungen. Er führt solche an, welche aus niederen Engelschören verdammt worden seien und nicht imstande seien, dem Menschen ernsthaft zu schaden [30],  und höhere (Inkubi und Sukkubi), welche dazu in der Lage seien, Menschen zu quälen. [31] Er baut eine Argumentation auf, welche vom Kleineren zum Größeren führt. Wenn es also durch die Permissio Dei - laut Institoris - Dämonen gibt, welche mit Menschen "Schabernack" treiben können und solche, welche auf Menschen direkt schädlich einwirken, so muss es auch Dämonen geben, welche Levitationen bei Menschen hervorrufen können.
    Institoris versteht es, sich an verschiedenen Stellen im Text Urängsten zu bedienen. [32] So behauptet er, dass die Annahme, Hexen seien nicht in der Realität in der Lage, Menschen Schaden zuzufügen, dazu geführt habe, sie nicht gerichtlich belangen zu können und dies zu einer drastischen Vermehrung der Hexen geführt habe, welcher nicht mehr entgegengewirkt werden könne. So versucht er, im Leser eine Angst hervorzurufen, welche ihn von der Position des Autors überzeugen soll. Ein weiteres Argumentum ad metum ist in der Beschreibung der Hexensalbe enthalten, welche angeblich aus den Gliedmaßen von Kindern hergestellt werde. [33]
Institoris beschreibt den Ablauf eines Hexenfluges in mehreren Schritten und unterschiedlichen Variationen.  Er behauptet, dass Hexen eine, nach Anleitung eines Dämons hergestellte, Salbe aus Extremitäten von Kindern auf Holzstücke oder Sessel strichen. Danach erhüben sie sich in die Lüfte. Dass der Autor hervorhebt, dass die Hexen dabei besonders ungetaufte Kinder präferierten, mag ebenfalls als Argumentum ad metum gedeutet werden. Es lässt sich nicht behaupten, dass so beim Leser Ängste geschürt werden sollen. Vielmehr sollten wohl die Rezipienten diesen Gedanken unter das Volk tragen. Institoris schildert, dass Ausfahrten sowohl bei Tage, als auch bei Nacht, sichtbar, als auch unsichtbar, mittels einer Salbe, oder ohne diese, auf Holzstücken, auf Sesseln, auf tiergestaltigen Dämonen, mit oder ohne deren "[…] äußere Beihilfe, nur durch die unsichtbar wirkende Kraft des Dämons […]" möglich seien. [34]
 

Fussnote(n):
[27] Heinrich Kramer (Institoris): Der Hexenhammer - Malleus maleficarum. Behringer, Wolfgang; Jerouschek, Günter und Tschacher, Werner (Hrsg.). München 2000. S 385/386.
[28] Die Verlockungen sind laut Institoris z.B.: "[…] irdische[r] Wohlstand und langes Leben […]". siehe: Kramer: Malleus maleficarum. S. 373.
[29] Behringer: Hexenflug
[30] Kramer: Malleus maleficarum. S. 388.
[31] Ebd. S. 389.
[32] Interessant ist auch, wie Institoris an anderen Stellen des Werks mit Angst umgeht. Behringer bemerkt, dass "in Teil I des Buches […] fünf von 18 Kapiteln, in Teil II sieben von 24" von "Impotenz, Pollution, weggehexten männlichen Gliedern oder dem Geschlechtsverkehr zwischen Menschen und Dämonen […]" handeln (Behringer: Text und Kontext. S. 112).
[33] Kramer: Malleus maleficarum. S. 392.
[34] Ebd.

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