Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 01 - Wintersemester 05/06)
 

Zarka, Attila

 
 

Die Tyrannis der Peisitratiden

Artikel empfehlen  

  vorherige Seite (Seite 4 von 5) nächste Seite

 

Baupolitik als Machtsicherung

 
  Die größte Problematik bei der Untersuchung der Baupolitik der Peisistratiden ist die Datierung der archäologischen Funde. Zudem existieren keine Beweise, dass die Bauten, die in die Zeit der Tyrannis zeitlich eingeordnet werden, auch der peisistratidischen Bautätigkeit zuzuordnen sind. Da aber ein Bauprogramm zu dieser Zeit erhebliche finanzielle Aufbringung erforderte, muss angenommen werden, dass Peisitratos und seine Söhne zumeist beteiligt waren. Boersma unterscheidet sogar zwischen den Bauten des Vaters und seiner Söhne. Er behauptet, dass der größere und gewaltigere Teil der gebauten Objekte eher den Söhnen zuzuschreiben sei. Er beruft sich zum einen auf Aristoteles, der schreibt, dass Hipparchos ein Liebhaber der Künste gewesen sei, wozu natürlich auch die Baukunst zu zählen ist.
Es gibt in Athen zwei geographische Räume, die den Peisistratiden zum Bebauen nahezu ideal erschienen sein mussten. Als erstes muss die Akropolis, das kultisch-religiöse Zentrum Attikas, genannt werden. Hinzu kommt die Agora, ein Treffpunkt des täglichen politischen und wirtschaftlichen Lebens.
In der Forschung war lange Zeit die Meinung vorherrschend, dass der Wohnsitz der Tyrannenfamilie auf der Akropolis zu suchen ist, da archäologisch bewiesen wurde, dass während der Herrschaft der Peisistratiden die Anzahl der Opferdarbietungen auf der Akropolis zurückgegangen war. Boersma bringt gegen diese These seinerseits Argumente, die einleuchtend erscheinen. In "Der Staat der Athener" ist bei der Vertreibung des Hippias zu lesen, dass der Tyrannensohn damit begonnen hatte, Munichia bei Piräus zu befestigen, um sich dorthin zurückzuziehen. Da die Akropolis durch ihre Lage leicht zu verteidigen war, wäre der Bau einer zweiten Befestigungsanlage nicht wirklich erklärbar. Zudem ist die Tyrannis eine politische, nicht aber eine religiöse Staatsform, weshalb die Wahl der Agora als Wohnsitz näher liegend scheint.
Der Neubau des Athena Polias Tempels wird um die Zeit von 520 datiert. Athena Polias war die Schutzgöttin der Stadt und somit ein ganz besonderes Anliegen für die Gesamtbevölkerung. Peisistratos hat bei seiner zweiten Machtergreifung auf die Hilfe der Göttin Athena gesetzt und somit dürfte sie auch eine tragende Rolle bei der Präsentation der Familie nach außen gespielt haben. Eine wichtigere Rolle dürfte aber der Bau der Wasserversorgungsanlage für Athen gespielt haben. Die Wasserversorgung war stets eine prekäre Frage, welches mit diesem großen Projekt gelöst werden konnte. Der Bau zweier Wasserleitungen um die Akropolis und die Realisierung eines Brunnenhauses konnten auf das selbe Jahr wie der eben genannte Athena Polias Tempel datiert werden. Somit zeigt sich, welche finanziellen Belastungen die Peisistratiden zu tragen hatten.
Aber ein Bauvorhaben sollte alle bis dahin fertiggestellten Monumente in den Schatten stellen. Das Olympieion sollte den Tempel der Athena sowohl an Größe als auch an Eleganz überragen. Es war zu Ehren des olympischen Zeus geplant und sollte somit eine besondere Stellung für Gesamtgriechenland erlangen.
Als die Tyrannis in Athen prompt beendet wurde, war der Tempel noch nicht fertiggebaut und es wurde zunächst auch kein weiterer Geldgeber gefunden, der das Projekt verwirklicht hätte. Erst der römische Kaiser Hadrian vollendete das Olympieion um 124 n. Chr..
Nun stellt sich die Frage, inwieweit die Machtposition durch solche Bauvorhaben gesichert werden konnte: Die Stasis der archaischen Zeit wurde dadurch beendet, dass sich ein Mann an die Spitze der Aristokratie stellte und alle übrigen an Prestige, Geld und Machtfülle überragte. Deswegen musste Peisistratos befürchten, dass seine Bemühungen, die erkämpfte Position zu behaupten, nicht gewinnbringend sein würden. Er musste nun auch der Bevölkerung Attikas beweisen, dass er zurecht der erste Mann im Staat war. Daher mussten seine Projekte alle bisher gekannten Grenzen sprengen.  Um aber diese "Bauwut" besser zu verstehen, ist es ratsam, sich der Bemühungen der Peisistratiden auf einem anderen Gebiet, nämlich der Lenkung des kultisch-religiösen Bereichs, zu widmen.
 

  vorherige Seite   nächste Seite


[1]  [2]  [3]  [4]  [5]