Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe - )
 

Schnupp, Stefan

 
 

Das Rombild in der Schedelschen Weltchronik. Aussagen und Intentionen

Artikel empfehlen  

  (Seite 1 von 3) nächste Seite

  I. Einleitung

1493 erschien in der Stadt Nürnberg eine Weltchronik, die in ihrer Buchgestaltung zum damaligen Zeitpunkt wenig Vergleichbares besaß. Die Chronik selbst war eine Gemeinschaftsleistung von Nürnberger Bürgern und fand in ihren beiden Ausgaben, einer lateinischen und einer deutschen, in ganz Europa Verbreitung.
Mittelpunkt der Chronik bilden die Städtebeschreibungen mit ihren Holzschnittansichten. Insgesamt befinden sich 116 Städteansichten in der Weltchronik, von denen 32 als authentisch gelten. [1]  Eine der längsten Beschreibungen der ganzen Chronik ist der Bericht über die Stadt Rom, dem der Autor drei Seiten widmet und einen doppelseitigen Holzschnitt anbei stellt. Der Bericht verdeutlicht, welche Aufmerksamkeit der Autor der Stadt widmet. Was erzählen Text und Holzschnitt über die Stadt Rom? Wie verhalten sich  die beiden gegenüber dem wirklichen Aussehen der Stadt und was ist die Intention, die der Autor durch den Text verbreiten will? Diesen Fragen wird im folgenden nachgegangen.

II. Die Schedelsche Weltchronik
1. Autor und Künstler
a) Hartmann Schedel

Hartmann Schedel wurde 1440 in Nürnberg, als Sohn eines Kaufmannes, geboren.[2]  Von 1456 bis 1463 studierte er in Leipzig, wo er den Wanderhumanisten  Peter Luder kennenlernte. [3]  Dort beschäftigte er sich erstmals mit der studia humanitatis.[4]  1463 folgte er Luder nach Padua, um Medizin zu studieren und sich mehr mit dem Humanismus auseinanderzusetzen. Nach Erreichen des Doktorgrades kehrte er 1466 nach Deutschland zurück, wo er erst in Nördlingen und später in Amberg als Stadtarzt tätig war.[5]  Seit 1484 wohnte er wieder in Nürnberg und starb dort 1514.[6]
Als angesehenes Mitglied des Nürnberger Stadtrats konnte er gute Kontakte zu den wirtschaftlichen und geistigen Kreisen der Stadt knüpfen. Zusammen mit anderen Patriziersöhnen, die in Italien studiert hatten, und dem hier zum Dichter gekrönten Konrad Celtis, trug er zu Nürnbergs Ruf als Stadt des Humanismus bei.  Schedels hohe Bildung manifestierte sich in seiner großen Bibliothek, die in großen Teilen erhalten blieb. In einer Bestandsliste sind neben naturwissenschaftlichen und medizinischen Werken auch Schriften der Rhetorik, Geschichte und Theologie verzeichnet.[7]  Besondere Vorliebe zeigte Schedel für die lateinischen Schriftsteller von der Antike über die Kirchenväter bis zu den italienischen Renaissancedichtern, wie Dante oder Petrarca.[8]  Auf diese umfangreiche Bibliothek konnte er schließlich bei der Erstellung der Weltchronik zurückgreifen.

b) Michael Wohlgemut

In den dreißiger Jahren des 15 Jahrhunderts in Nürnberg geboren und von seinem Vater ausgebildet, ging Michael Wohlgemut auf Wanderschaft [9]  und arbeitete eine Zeit in München [10] . Zusammen mit seinem Stiefsohn Wilhelm Pleydenwurff übernahm er die Werkstatt von Hans Pleydenwurff in Nürnberg, dessen Witwe er 1472 heiratete. Seine große Werkstatt schuf ganze Altäre und lieferte sie bis nach Straubing und Sachsen.[11]  Vor allem den meist im Hintergrund seiner Altarbilder gezeigten Stadtansichten widmete er besondere Aufmerksamkeit. Auch Holzschnitte stellte seine Werkstatt her. Wohlgemut gehörte zu den ersten Malern, die beim Erstellen von Holzschnitten als Künstler genannt werden. Ihm oblag nur die Vorzeichnung, das Übertragen auf die Holzstöcke wurde von Gehilfen ausgeführt.[12]  Dabei spezialisierte sich die Werkstatt schnell auf Holzschnitte, die zur Illustrierung von Büchern gefertigt wurden. [13]  So ist es nicht verwunderlich, dass Wohlgemut und Pleyddenwurff 1491 von Sebald Schreyer den Auftrag bekamen, die Holzschnitte für die Weltchronik zu erstellen. Einige Formen wurden bereits vor der eigentlichen Auftragserteilung erstellt.[14]

2. Erstellung des Buches

Den Beginn der Arbeiten, an der Weltchronik, wird auf Ende der achtziger bzw. Anfang der neunziger Jahre des 15. Jahrhunderts geschätzt. [15]  Fest steht hingegen, dass Ende Dezember 1491 ein Gesellschaftsvertrag zwischen den Finanziers Sebald Schreyer und Sebastian Kammermeister mit Wohlgemut und Pleydenwurff über die Erstellung der Holzschnitte geschlossen wurde . [16] Man vermutet deshalb, dass die Weltchronik schon vor diesem Zeitpunkt begonnen wurde. Die Initiative für das Werk stammt vermutlich von Schreyer selbst. [17]  
Anhand der erhaltenen Druckvorlagen, sowohl der lateinischen als auch der deutschen, zeigt sich, dass Hartmann Schedel zusammen mit dem Stadtkämmerer Georg Alt an der Chronik schrieb. [18]  Darüber hinaus lassen sich noch weitere Mitarbeiter feststellen, die u.a. Korrekturen anbrachten. [19]  Aber Schedel kommt der Hauptanteil am Werk zu. Die lateinische Fassung für ein internationales Publikum wurde zuerst erstellt und in Druck gegeben. Die deutsche Fassung erschien ein halbes Jahr später, Ende 1493. [20]  Georg Alt übersetzte die lateinische Fassung, aber er fügte auch eigne Quellen mit ein.[21]
Der Text ist kein originales Werk Schedels im heutigen Sinn, sondern eine Kompilation verschiedenster Werke, die aus der Bibliothek Schedels stammten. Schedel übernahm auch große Textpassagen wortwörtlich [22] , ohne Angabe der Quellen, oder kombinierte einzelne Redewendungen und Satzteile neu. Zur Einteilung des Buches verwendete Schedel das mittelalterliche Schema der sieben Weltzeitalter. [23]
Auch bei den Holzschnitten, die Wohlgemut und Pleydenwurff herstellten, sind verschiedene Vorlagen bekannt. Die Weltchronik beinhaltet auf 287 Blättern 1804 Holzschnitte, die wie Stephan Füssel [24]  nachweist, von 652 Holzstöcken gefertigt wurden. Gleiche Ereignisse, wie Konzilsdarstellungen, und Personen, z.B. Porträts von Päpsten, fanden mehrfach Verwendung. Für die deutsche Fassung wurden die Holzstöcke der lateinischen nochmals verwendet. In den handschriftlichen Vorlagen sind bereits Skizzen der Holzschnitte eingezeichnet, wodurch das häufig gelobte Seitenlayout zu Stande kam. [25]
Die Bücher wurden vom Drucker Anton Koberger auf Kosten Schreyers und Kammermeisters gedruckt, die dann auch das Buch verlegten. [26]
 

Fussnote(n):
[1] Slenczka, Eberhard: Die Weltchronik des Hartmann Schedel aus Nürnberg, in: Quasi Centrum Europae. Europa kauft in Nürnberg 1400-1800, hrsg von Hermann Maué u.a., Nürnberg 2002. S.285-303. S. 300.
[2] Hernad, Béatrice u. Worstbrock, Franz Joseph: Schedel, Hartmann, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon Bd 8, Berlin und New York 1992. Sp 609-621. Sp. 609.
[3] Füssel, Stephan: Buch der Chroniken, in: Schedel, Hartmann: Weltchronik. Kolorierte Gesamtausgabe von 1493, eingeleitet u. kommentiert von Stephan Füssel, Augsburg 2005. S. 7-37 u. S. 634-669, S. 10.
[4] Siehe Anm. 2.
[5] Hernad Schedel, Sp 609-610
[6] Füssel, Buch der Chroniken S. 9-10.
[7] Ebd. S 10-11
[8] Rücker, Elisabeth: Die Schedelsche Weltchronik. Das größte Buchunternehmen der Dürerzeit. München 1973. S. 15-16.
[9] Ebd. S. 18.
[10] Slenczka Die Weltchronik, S. 290.
[11] Klemm, Christian: Wolgemut, Michael, in: Lexikon des Mittelalters Bd. 9, München 1998. Sp. 317-318.
[12] Füssel Buch der Chroniken, S. 16.
[13] Füssel Welt im Buch, S.16-17
[14] Gesellschaftsvertrag vom 29.Dezember 1491, abgedruckt in: Rücker, Elisabeth: Die Schedelsche Weltchronik. Das größte Buchunternehmen der Dürerzeit. München 1973. S. 136-137.
[15] Elisabeth Rücker vermutet den Beginn im Jahre 1487 (Rücker Schedelsche Weltchronik, S. 17), wohingegen Eberhard Slenczka den Beginn der Arbeiten erst um 1490 ansetzt (Slenczka Die Weltchronik, S. 290).
[16] Siehe Anm. 9.
[17] Füssel Buch der Chroniken, S. 16.
[18] Slenczka Die Weltchronik, S. 291.
[19] Füssel Buch der Chroniken 25-27.
[20] Slenczka Die Weltchronik, S. 297.
[21] Füssel Welt im Buch, S. 42.
[22] Ders., Buch der Chroniken, S. 10-14.
[23] Ebd. S. 7.
[24] Ebd. S. 27-30.
[25] Ders., Welt im Buch, 38-39.
[26] Ders., Buch der Chroniken, S. 22-23.

    nächste Seite


[1]  [2]  [3]