Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 02 - Sommersemester 06)
 

Weigand, Katharina

 
 

Max II., Ludwig II. und Prinzregent Luitpold: drei bayerische Monarchen und ihre Bilderwelten

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Der schließlich 1867, also drei Jahre nach Maximilians Tod, in der Münchner Maximilianstraße eröffnete Bau trug, gemäß den Zielsetzungen des Königs, die er mit der Errichtung eines bayerischen Nationalmuseums verbunden hatte, an der Eingangsfront die Aufschrift "Meinem Volk zu Ehr und Vorbild". Denn die im Museum versammelten Stücke - Zimelien der bayerischen Geschichte - sollten ja gerade als "Vorbild" für das Volk dienen, als Vorbilder, die beim Besucher keinen Zweifel mehr daran ließen, daß es mehr als gerechtfertigt war, stolz zu sein auf Bayern und seine Geschichte. Das aus der Sicht des Königs daraus geradezu zwangsläufig erwachsende und optimistisch herbeigesehnte genuin bayerische Nationalbewußtsein und die daraus erwachsende national-bayerische Identität sollten wiederum dazu beitragen, die der bayerischen Eigenstaatlichkeit gefährlich werdenden Tendenzen der Zeit erfolgreich abzuwehren.

Im Innern barg dieses Museum eine Besonderheit, die den persönlichen kulturpolitischen Zugriff Max' II. und die spezifische Art seines Umgangs mit bildlichen Darstellungen mehr als deutlich macht. Daß der Monarch von Anfang an geplant hatte, die Säle des Museums ausmalen zu lassen, sie im zweiten Stockwerk - das nicht zu Ausstellungszwecken genutzt werden sollte - mit Darstellungen aus der bayerischen Geschichte schmücken zu lassen, das ist noch nichts Außergewöhnliches. Auch Ludwig I. hatte sich dieses Mittels der historisch-politischen Volkserziehung bedient; die Fresken in den Münchner Hofgartenarkaden sind hierfür das beste Beispiel. Doch bereits die schiere Anzahl der abgebildeten Szenen (145 Wandgemälde im Bayerischen Nationalmuseum, dagegen lediglich 16 Darstellungen in den Hofgartenarkaden) und noch mehr die enzyklopädisch anmutende Aneinanderreihung all dieser Themen aus der Geschichte Bayerns im Bayerischen Nationalmuseum machen die unterschiedlichen Ansätze bei Vater und Sohn unübersehbar. Max II. wollte eine Art von vollständigem Geschichtslehrbuch in Bildern an die Wände bringen; es durfte offensichtlich nichts, aber auch gar nichts weggelassen werden. Zeitgenossen des Königs waren sogar davon überzeugt, die Ausmalung der Säle im zweiten Stock des Museums seien Max II. noch viel wichtiger gewesen als die Präsentation der Ausstellungsstücke, die von Altarbildern und mittelalterlichen Skulpturen bis hin zu eher volkskundlichen Stücken reichten. Ludwig I. hatte dagegen - wie schon erwähnt - für die Hofgartenarkaden lediglich 16 Ereignisse aus der Geschichte Bayerns ausgewählt. Es ist nicht zu verkennen, daß er, Ludwig, mit einem derartig knappen Bildprogramm bei seinen Untertanen eben nicht auf ein umfassendes Wissen über die gesamte bayerische Geschichte hinarbeiten konnte und wollte, ein Wissen, aus dem, gleichsam erst in einem zweiten Schritt, der Betrachter dann ein besonderes bayerisches Nationalgefühl hätte schöpfen sollen. Genau diesen Effekt aber, bei dem ein möglichst vollständiges Wissen um die Geschichte Bayerns die Voraussetzung für ein nationales Empfinden, für Nationalstolz bilden sollte, erhoffte sich Max II. von seinen Fresken im Bayerischen Nationalmuseum. Der Vater hatte sich in den Arkaden auf wenige Szenen beschränkt, die sich unmittelbar einer einzigen und unmißverständlichen Botschaft unterordnen ließen: dem berechtigten Stolz auf den Rang des Hauses Wittelsbach im Kontext der deutschen und der europäischen Geschichte, der auch ohne größere Kenntnisse zur bayerischen Geschichte auskam. Max II. ließ dagegen im Bayerischen Nationalmuseum - geordnet nach fünf großen Abteilungen mit den Überschriften "Altbayern", "Pfalz", "Franken", "Schwaben" und "Das vereinigte Königreich" - kirchengeschichtliche, kriegs- und ereignisgeschichtliche, kulturgeschichtliche und biographische Themen, zudem aber auch kunstgeschichtliche und dynastische Ereignisse an die Wände malen.

So sehen wir, wenn es um den Einsatz von bildlichen Darstellungen geht, in Ludwig I. den Politiker, der die Gesamtheit der Geschichte, der historischen Ereignisse seinen politischen Zielen unterordnete. Sein Sohn, Maximilian, entpuppt sich dagegen als der um Einzelheiten bemühte Historiker, der mit quasi wissenschaftlichen Methoden seine freilich gleichfalls politischen Ziele zu erreichen suchte. Ganz anders stellt sich dagegen der Einsatz, die Verwendung von Bildern bei Maximilians ältestem Sohn und Nachfolger, bei König Ludwig II. [7] dar.

 

Fussnote(n):
[7] Zu König Ludwig II. vgl. Körner, Hans-Michael: Ludwig II. "der Märchenkönig"; in: Bonk / Schmid, Königreich Bayern (wie Anm. 5), S. 139-152; Rumschöttel, Hermann: Ludwig II. Das Leiden am Reich; in: Schmid, Alois / Weigand, Katharina (Hrsg.): Die Herrscher Bayerns. 25 historische Portraits von Tassilo III. bis Ludwig III.; München 22006, S. 343-358.

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