Ausgabe 04
Wintersemester 07/08
 
Die Historische Internetzeitschrift Von Studierenden für Studierende
 
  Aus dem Archiv (Ausgabe 02 - Sommersemester 06)
 

Weigand, Katharina

 
 

Max II., Ludwig II. und Prinzregent Luitpold: drei bayerische Monarchen und ihre Bilderwelten

Artikel empfehlen  

  vorherige Seite (Seite 2 von 7) nächste Seite

 

Darüber hinaus hatten die Ereignisse, die der Abdankung Ludwigs I. vorausgegangen waren, gezeigt, daß es noch zwei weitere Probleme gab, die mit der Veränderung der politischen Landkarte seit der Französischen Revolution aufs engste verknüpft waren und die noch längst nicht als gelöst betrachtet werden konnten. Vehemente Sympathien für eine kleindeutsch-preußische Lösung der deutschen Frage hatten vor allem die Aufständischen in Teilen Nordbayerns gezeigt: Die Integration der sogenannten neubayerischen Gebiete stellte sich also weiterhin als drängende Aufgabe dar. [3] Damit verknüpft war der Umstand, daß auch die Anhänglichkeit an die wittelsbachische Dynastie in Nordbayern - aber nicht nur dort - ganz offensichtlich bei weitem nicht so stark ausgeprägt war, wie dies Ludwig I. bzw. Max II. erhofften.

In der deutschen Frage zeigte sich Maximilian unnachgiebig: Die am 28. März 1849 vom Frankfurter Parlament verabschiedete Reichsverfassung, die auf ein kleindeutsches Kaiserreich zielte und somit die bayerische Souveränität bedrohte, lehnte der bayerische Monarch kategorisch ab. Der Aufstände, die daraufhin in der Pfalz ausbrachen, konnte er freilich nur mit Hilfe preußischer Truppen Herr werden. Aus der Sorge um die bayerische Souveränität entwickelte Max II. in den folgenden Jahren, gemeinsam mit seinem Minister Ludwig von der Pfordten, das Konzept der so bezeichneten Triaspolitik: Die deutschen Mittelstaaten sollten sich unter Bayerns Führung zusammenschließen, um ein aktives politisches Gegengewicht gegenüber den beiden deutschen Großmächten Österreich und Preußen zu bilden. Das Konzept scheiterte jedoch nicht zuletzt am Mißtrauen der anderen deutschen Mittelstaaten angesichts des erkennbaren bayerischen Führungsanspruchs. Die offensichtliche Bedrohung der bayerischen Eigenstaatlichkeit aufgrund der Rivalität der beiden deutschen Großmächte und deren erklärtem Willen, die deutsche Frage in naher Zukunft nach eigenen Vorstellungen zu lösen, ließ den bayerischen König und seine Minister freilich nicht nur außenpolitische Konzepte entwickeln. Max II. hoffte vielmehr, daß eine Stärkung des bayerischen Nationalgefühls bei seinen Untertanen eine Art von Gegenmittel gegen die Verlockungen der deutschen Einheit sein könnte.

Doch wie sah überhaupt das politische Profil des Königs aus? "König Max war ein rezeptives, kein schöpferisches Talent; ein gesund begabter, kein hochbegabter Geist." [4] Dazu kam, daß Maximilian II. ein eher unsicherer Mensch war. Da er sich schwer tat, selbständig ein eigenes Urteil zu fassen, zog er bei allen wichtigen Entscheidungen einen großen Beraterkreis hinzu. Zusätzlich ließ er eine Vielzahl von Gutachten erstellen - man kann geradezu von einer Gutachten-Manie bei ihm sprechen -, um sich schließlich, immer noch unter Zweifeln und von Mißtrauen geplagt, zu einer Vorgehensweise durchzuringen, die dann allerdings häufig mit dem Widerstand seines Ministeriums konfrontiert war. In diesem Beraterkreis waren diverse Historiker zu finden, mit einigen von ihnen pflegte er ein fast schon freundschaftlich zu nennendes Verhältnis. Und wenn es um Geschichte selbst ging, dann agierte Max II. mehr wie ein Wissenschaftler und weniger wie ein Politiker. Aber gerade dieses persönlich gefärbte und eher wissenschaftlich ausgerichtete Interesse des Königs an der Historie beeinflußte stark auch alle jene seiner politischen Maßnahmen im Dienste der Erhaltung der bayerischen Eigenstaatlichkeit, die einerseits mit Kultur und Wissenschaft und andererseits mit dem Einsatz bildlicher Darstellungen zu tun hatten.

Wendet man sich dieser Politik Max' II. zu, die dazu beitragen sollte, das bayerische Volk gegen Hoffnungen und Pläne einer kleindeutsch-preußischen Reichseinigung zu immunisieren [5], dann müßte man u.a. die Förderung der bayerischen Trachten, der bayerischen Mundart und die Volksliedpflege in den Blick nehmen. Da es hier jedoch um den Umgang der Monarchen mit Bildern geht, muß vor allem vom Bayerischen Nationalmuseum die Rede sein. Ganz gezielt setzte Max II. bildliche Darstellungen an diesem Ort ein, der ihm besonders am Herzen lag. Während Ludwig I. Museen für die Kunst erbaut hatte, schwebte seinem Sohn ein Geschichtsmuseum, ein bayerisches Nationalmuseum vor. Dementsprechend legte Max II. am 6. Juli 1854 fest, an welchen Kritierien sich die Sammlungstätigkeit für das neue Museum zu orientieren habe: "mache ich ausdrücklich darauf aufmerksam, daß es sich nicht bloß darum handeln soll, geschichtlich merkwürdiges aus dem bayerischen Fürstenhaus zu sammeln, sondern daß sich das Augenmerk auch auf alles dem bayerischen Volke zunächst Eigentümliche und aus der Geschichte des Landes denkwürdige gerichtet werden soll, damit die Sammlung eine wahrhafte National-Sammlung werde" [6]. Die dort auszustellenden Gegenstände sollten die Geschichte Bayerns freilich nicht nur dokumentieren, sie sollten bei den nachmaligen Museumsbesuchern vor allem den Stolz auf die bayerische Vergangenheit und damit - in einem zweiten Schritt - eine Art von selbstbewußtem, und dann auch politisch wirksamen bayerischen Nationalgefühl hervorrufen.

 

Fussnote(n):
[3] Zur Integrationsproblematik vgl. Körner, Hans-Michael: Staat und Geschichte im Königreich Bayern 1806-1918; München 1992, S. 171-224.
[4] So der Kulturhistoriker Wilhelm Heinrich Riehl, zit. nach Boehm, Laetitia: König Maximilian II. und die Geschichte; in: Müller, König Maximilian II. (wie Anm. 1), S. 247-262, hier S. 248.
[5] Vgl. hierzu Weigand, Katharina: König Maximilian II. Kultur- und Wissenschaftspolitik im Dienst der Eigenstaatlichkeit; in: Bonk, Sigmund / Schmid, Peter (Hrsg.): Königreich Bayern. Facetten bayerischer Geschichte 1806-1919; Regensburg 2005, S. 75-94.
[6] Zit. nach Heydenreuter, Reinhard: "Meinem Volk zu Ehr und Vorbild". König Maximilian II. und die Gründung des Bayerischen Nationalmuseums; in: Müller, König Maximilian II. (wie Anm. 1), S. 263-269, hier S. 266.

  vorherige Seite   nächste Seite


[1]  [2]  [3]  [4]  [5]  [6]  [7]