Kuck, Manuel

Die Frankfurter Bundeszentralbehörde 1833-1842. Eine Ermittlungsbehörde zwischen deutscher Gründlichkeit und zwischenstaatlichem Ränkespiel


Die Bundeszentralbehörde wurde im Juni 1833 von den Mitgliedern des Deutschen Bundes auf Bestreben Österreichs als Reaktion auf den Frankfurter Wachensturm vom 3. April 1833 eingerichtet, um diesen zu untersuchen. Sie bestand aus fünf Beamten des Richterstandes der Mitgliedstaaten Österreich, Preußen, Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt sowie deren Referenten. Bis zum August 1842, als die Bundesversammlung die Bundeszentralbehörde vertagte, sammelte sie Informationen sowie Personaldaten und diente der Koordination der Unterdrückung aufrührerischer Schriften. Ihr wichtigstes Vermächtnis ist neben den 315 Sitzungs-protokollen das von ihr erstellte Gesamtinkulpatenverzeichnis (auch das „Schwarze Buch“ genannt), das 1838 erschien und mit seinem Nachtrag von 1842 insgesamt 2140 Personen tabellarisch erfasst, die von 1830-1842 gerichtlich wegen politischer Vergehen in Erscheinung getreten waren. Es ging jedoch nie in den praktischen Gebrauch der Polizeibehörden über.

Wie sahen die politischen Abläufe im Hintergrund der Behörde aus und passt sie in den geschichtlichen Kontext der Vormärzzeit?

Die neue Behörde stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Bereits vor ihrer Errichtung hatten sich Fronten unter der Führung Preußens und Bayerns gebildet, da kein Konsens herrschte über die Vorgehensweise, wie die Ereignisse vom Frankfurter Wachensturm am effektivsten aufzuklären seien. In den kommenden Jahren wurde die Bundeszentralbehörde immer mehr zum Zankapfel und Platz für politische Dispute der Staaten des Deutschen Bundes.

Bereits 1835 versuchten erst Baden, dann auch Bayern und Hessen-Darmstadt, die Behörde wieder aufzulösen, da die Kosten zu hoch seien. Metternich schlug stattdessen die Einrichung eines Zentralinformationsbüros nach Modell des bereits existierenden Büros in Mainz vor. All diese Pläne scheiterten zum einen an der diametralen Haltung Preußens, das die Arbeit der Behörde noch nicht als erledigt ansah, und am Attentat auf den franzöischen König Louis Philippe am 28. Juli 1835. Danach nahmen die Staaten erst einmal Abstand von der Auflösung, da die Arbeit der Behörde wohl noch nicht getan war. 1836 versuchte Badens neuer Außenminister von Blittersdorf eine Auflösung zu erwirken, um stattdessen lieber eine zentrale Bundespolizei einzurichten. Metternich, der Ähnlichkeiten zu seinem letztjährigen Vorschlag sah, stimmte zu, doch wieder scheiterte man an der ablehnenden Haltung Preußens. 1838 gab Metternich sein Informationsbüro dann letztlich auf und versuchte stattdessen für eine „Justizkommission“ zu werben. Im Grunde aber hatte Metternichs Lieblingsprojekt nur einen neuen Namen bekommen. Dieses Mal aber stimmte Preußen zu, da man wohl hoffte, bei der auf drei Amtsträger verkleinerten Behörde mit Österreich zusammen den Ton angeben zu können. Bayern aber hatte sich bereits 1837 dazu geäußert, dass es keiner Veränderung (welcher Art auch immer) an der Bundeszentralbehörde zustimmen werde. Es befürchtete die Möglichkeit, ausgegrenzt zu werden und blockierte deshalb diese Initiative.

Preußens neuer König Friedrich Wilhelm IV. schränkte 1840 die Demagogenverfolgung ein und erließ im August 1840 eine Kabinettordre, die Behörde schnellstmöglich aufzulösen. Österreich war jedoch gegen die Auslösung, da die Umtriebe weiter fortbestünden und sich eine nur vertagte Behörde im Bedarfsfall schneller wieder einrichten ließe. Außerdem gab es offenkundig ein Problem mit der liberalen Haltung des neuen preußischen Königs. Die Bundesversammlung entschied zwei Jahre später dann zu Gunsten Österreichs und die Bundeszentralbehörde wurde im August 1842 vertagt, blieb formell aber bis 1848 erhalten.

All diese Ereignisse hatten jedoch letztendlich nur am Rande mit der Behörde selbst zu tun. Es ging weniger um die tatsächliche Wirksamkeit, vielmehr war es ein Ränkespiel der Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes – Preußen, Österreich und das Dritte Deutschland versuchten auch hier ihre Bestrebungen nach Vormacht- oder Autonomieerhaltsbestrebungen zu wahren, wie sie es seit 1815 taten. Die ständig wechselnden Fronten für oder gegen die Bundeszentralbehörde zeigen dies deutlich.

Verwunderlich, dass sie trotz des ständigen Gegenfeuers die gesamten neun Jahre ihrer Existenz hindurch konsequent gearbeitet hat. Als Beweis für diese Arbeit liegt das „Schwarze Buch“ vor. Als Zeugnis für die unglaubliche Gründlichkeit und extreme Akribie dienen die Protokolle der 315 Sitzungen mit insgesamt über 7300 Paragraphen. Dies wird auch in der Forschung keineswegs bestritten. Die Funktionalität ist also durchaus gegeben gewesen. 


Literatur:

Ernst Rudolf HUBER, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 2: Der Kampf um Einheit und Freiheit 1830 bis 1850, 3. Aufl. Stuttgart u.a. 1988

Werner KOWALSKI, Vom kleinbürgerlichen Demokratismus zum Kommunismus, Bd. 2: Die Hauptberichte der Bundeszentralbehörde in Frankfurt am Main von 1838 bis 1842 über die deutsche revolutionäre Bewegung, Topos Verlag 1978

Theodor Adolf LÖW, Die Frankfurter Bundeszentralbehörde von 1833 – 1842, Frankfurt 1933

Wolfram SIEMANN, Deutschlands Ruhe, Sicherheit und Ordnung, die Anfänge der politischen Polizei 1806–1866, Tübingen 1985