Rentz, Andreas
Die Entprivatisierung des kaiserlichen Patrimoniums beim Tode des Tiberius als Indiz für die Institutionalisierung des Prinzipats

1. Einleitung

Ein beliebter Forschungsgegenstand der Althistoriker ist die verfassungsgeschichtliche Metamorphose des römischen Reiches von einer Republik zu einer Monarchie, zwei bekanntlich eher unterschiedlichen Staatsformen. Tatsächlich erstreckte sich dieser Wandel über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrhunderten, umfasste sowohl das Jahrhundert der Bürgerkriege wie auch die Zeit der Adoptivkaiser,[1] ehe man vom römischen Reich als einer Monarchie und vom Kaisertum als einem „Amt“ oder einer „Institution“ sprechen könnte. Diese langsame und allmähliche Institutionalisierung des Kaisertums aus einer „Anzahl von besonderen und gewichtigen Rechten herkömmlicher Art“[2] heraus verlief über viele einzelne Schritte, von denen die Verleihung des Augustus-Titels an Octavian nur einen (wenn auch gewichtigen) darstellte. Als einen weiteren Schritt hat die Forschung gelegentlich den Regierungswechsel von 37 n. Chr. von Tiberius auf Caligula betrachtet, als das Testament des erstgenannten Kaisers vom Senat aufgehoben und dessen gesamtes Privatvermögen auf Caligula übertragen worden ist, wie von Sueton,[3] Cassius Dio[4] und indirekt von Philo[5] überliefert worden ist. Timpe[6] stellte als erster die Behauptung auf, dass aufgrund der fortgeschrittenen Institutionalisierung des Prinzipats eine privatrechtliche Vererbung des Patrimoniums, wie von Tiberius noch gewünscht, nicht mehr möglich gewesen wäre und deshalb das Patrimonium dem jeweiligen Thronfolger übertragen worden wäre, in diesem Fall also Caligula. Dabei erhielt Timpe Zuspruch von Bellen[7] und Winterling,[8] während Castritius[9] und Alpers[10] dagegen Einspruch einlegten. Da außerdem die letzte Studie zu dieser Thematik weit zurückliegt und die Forschung bezüglich der Institutionalisierung des Kaisertums sich seitdem grundlegend gewandelt hat, soll die Übertragung des Patrimoniums von Tiberius auf Caligula dahingehend überprüft werden, ob und wenn ja, inwiefern aus ihr Rückschlüsse auf den Stand der Institutionalisierung im Jahre 37 n. Chr. gewonnen werden können. Hierbei soll zuerst aber der aktuelle Forschungsstand zum Charakter des Prinzipats und seinem Stand der Institutionalisierung beim Tod des Tiberius rezitiert werden. 

2. Die Institutionalisierung des Prinzipats anhand der Übertragung des kaiserlichen Privatvermögens bei der Thronerhebung Caligulas

2.1. Charakter und Institutionalisierung des Prinzipats: Überblick über den aktuellen Forschungsstand

Wie oben bereits erwähnt, haben sich viele Generationen von Forschern über das Naturell des Kaisertums die Köpfe zerbrochen oder gegenseitig eingeschlagen[11], ohne dass all ihre Arbeiten hier aufgezählt werden könnten. Dabei hat sich die oft verpönte[12] Interpretation aus Mommsens Werk „Das römische Staatsrecht“,[13] der das Kaisertum streng staatsrechtlich von den vom Senat übertragenen Vollmachten (v. a. das imperium proconsulare und die tribunicia potestas) her begründet, letztlich doch weitestgehend durchgesetzt, wenn auch nicht in exakt der Art, wie Mommsen es sich vorgestellt hat, da auch eher soziologische und praxisbezogene Ansichten zu einem gewissen Teil Berücksichtigung gefunden haben.[14] Heuss[15] machte dabei auf eine Stelle in Mommsens „Staatsrecht“ aufmerksam, in der die „revolutionäre“ Natur des Kaisertums beschrieben wird[16]: Mommsen geht nämlich davon aus, dass der Prinzipat als „außerordentliches Amt“[17] im Gegensatz zu den republikanischen Magistraturen keine Kontinuität besessen hätte und daher bei jedem Princepswechsel die Republik wieder in Kraft getreten wäre; der Hauptaugenmerk galt folglich vor allem den Herrscherwechseln. Dadurch, dass die Erhebung eines neuen Kaisers schließlich allein Sache von Senat und Volk gewesen wäre, wäre der Prinzipat, seinerseits selbst aus einer „Revolution“ entstanden, ständig von einer solchen bedroht gewesen, da die Bestellung eines neuen Kaisers ja nicht selbstverständlich gewesen wäre, was das Kaisertum als Autokratie, die es aufgrund seiner unbegrenzten Vollmachten gewesen wäre, „temperiert“, also gemäßigt hätte. Heuss modifiziert in seiner Interpretation diejenige Mommsens dahingehend, dass auch dem Heer bei der Bestellung eines neuen Princeps eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zugekommen wäre und weist ferner auf die Schwierigkeit einer staatsrechtlichen Begründung des Kaisertums hin, wie man sich allgemein in der Forschung zu seiner Zeit davor hütete.[18]

Die moderne Forschung[19], die Mommsens staatsrechtliche Herangehensweise wieder aufgreift, geht von einer Kontinuität der Republik in der Kaiserzeit aus; dabei sieht sie in der restauratio rei publicae durch Augustus eine „historische und rechtliche Realität“,[20] da damit nicht die Wiederherstellung der Macht des Senats gemeint gewesen sei, sondern die Wiederherstellung der „Regeln des Staatsrechts“ und der „sie zusammenhaltenden Gewohnheiten“.[21] Was die Stellung des Kaisers innerhalb des republikanischen Systems angeht, so sieht der aktuelle Forschungsstand diese durch die rechtlichen, vom Senat verliehenen Vollmachten ausreichend begründet,[22] wobei auch nicht-rechtliche Aspekte[23] des Kaisertums Berücksichtigung finden, wie beispielsweise die Klientelbeziehungen zwischen dem Kaiser auf der einen und dem römischen Heer, dem italischen Stadtadel und der stadtrömischen Bevölkerung auf der anderen Seite, deren Bedeutung bei der Bestellung eines neuen Princeps zutage getreten ist, wenn die Klientelbeziehungen vom Vorgänger auf den Nachfolger übertragen worden sind; vor allem die Bedeutung, die dem Patronat des Kaisers über das Heer beigemessen wird, veranlasst auch heute noch manch einen dazu, die Herkunft des Kaisertums als Militärdespotie zu betonen, das sich aber allmählich institutionalisiert hätte.[24]

Für die vorliegende Arbeit ist vor allem der Stand des Institutionalisierungsprozesses für die Zeit beim Tod des Tiberius von Bedeutung; zu diesem Aspekt ist auch heute noch die Studie von Schrömbges[25] aktuell, der der Regierung von Tiberius auf überzeugende Art und Weise eine hohe Bedeutung für die Institutionalisierung des Prinzipats beimisst. Dabei betont er, dass das Kaisertum beim Tode des Tiberius soweit institutionalisiert war, dass die Thronerhebungen von Caligula und auch von Claudius selbstverständlich gewesen wären. Hier wird als Argument aufgeführt, dass es für die Nachfolge Caligulas im Gegensatz zu der von Tiberius nicht mehr notwendig gewesen wäre, durch eine Propagandapolitik die persönlichen Leistungen des Thronfolgers hervorzuheben; stattdessen hätte man sich auf die Angehörigkeit zum Kaiserhaus mit seiner „göttergewollten Funktion“[26] als Legitimation beschränken können. Aufgrund der sakralen Überhöhung der domus Augusta ebenso wie die respektvolle Interaktion zwischen Kaiser, Senat und Volk wäre ein Konsens geschaffen worden, der den Prinzipat als Herrschaftsform anerkannt hätte[27], wobei Schrömbges betont, dass die Regierungszeit des Tiberius nur eine Etappe im Prozess der Institutionalisierung des Kaisertums darstellte.[28]

2.2. Das Testament des Tiberius und die Übertragung des Patrimoniums auf Caligula bei seiner Thronerhebung

2.2.1. Chronologischer Ablauf der Ereignisse und Hintergründe bei der Thronerhebung 

Dass Caligula aufgrund einer „klar umrissenen Nachfolgepolitik“ des Tiberius zu dessen Lebzeiten zum Thronfolger aufgebaut worden wäre, wie Schrömbges meint[29], der die Verleihung der toga virilis durch den kaiserlichen Großvater auf Capri, die Erhebung zum Quästor, die Ausstattung mit dem Recht, öffentliche Ämter fünf Jahre vor dem eigentlichen Alter anzutreten, sowie die Heirat mit der Tochter des Suffektkonsuln Silanus als Indizien anführt, ist nicht unwidersprochen geblieben. Ganz im Gegensatz dazu ist Winterling in seiner Caligula-Biographie[30] der Ansicht, dass durch die Toga-Verleihung auf Capri der damals noch in der Bevölkerung beliebte Caligula dem Einfluss Sejans hätte entzogen werden und für die Stabilisierung der Position des Tiberius hätte sorgen sollen[31]; ferner hätten weder die Quästur, noch die Heiratspläne etwas an den Chancen des Gemellus, des anderen, um einige Jahre jüngeren Enkels des Tiberius, auf den Thron etwas geändert.[32] Auch Timpe kann zu Lebzeiten des Tiberius keine Nachfolgepolitik erkennen und interpretiert dies als loyales Verhalten dem Senat gegenüber[33], wobei er ebenso wie Schrömbges[34] darauf hinweist, dass die Öffentlichkeit wohl Caligula im Gegensatz zu Gemellus als Nachfolger wahrgenommen hat.[35] Dabei meint Timpe, dass eine Nachfolgerdesignation nur über die Vererbung des Patrimoniums möglich gewesen wäre, das dem Testament des Tiberius zufolge zwischen beiden Enkeln geteilt werden sollte.

Wie dem auch gewesen sein mag, sowohl Winterling[36] als auch Timpe[37] sehen im Gegensatz zu Schrömbges[38] im Prätorianerpräfekten Macro denjenigen, der nach dem Tod des Tiberius für die reibungslose Thronerhebung Caligulas verantwortlich gewesen wäre, was auch meines Erachtens die überzeugendere Variante ist. Hierbei veranlasste Macro seine Prätorianergarde, Caligula zum Imperator zu akklamieren, während er einerseits die Provinzheere davon in Kenntnis setzte, um ihre Unterstützung sicherzustellen und andererseits in Verhandlungen mit den führenden Senatoren und Konsuln eintrat, die in der Anerkennung Caligulas durch den Senat und in der Verleihung des imperium proconsulare, der tribunicia potestas und aller anderen Gewalten gipfelte.[39] Schlussendlich wurde auf derselben Senatssitzung bei Anwesenheit Caligulas das Testament seines verstorbenen Großvaters verlesen und als Zeugnis eines Geisteskranken[40] für ungültig erklärt, wobei das gesamte Privatvermögen auf Caligula übertragen wurde; sein Vetter Gemellus wurde stattdessen vom neuen Princeps adoptiert, womit seine eigene Nachfolge im Kaiseramt wie auch im Patrimonium in Aussicht gestellt wurde. Damit war die Thronerhebung Caligulas abgeschlossen und sein Prinzipat von allen, Senatoren wie Prätorianern, anerkannt. 

2.2.2. Überblick über die Forschungsdiskussion 

Die Übertragung des Patrimoniums und die damit verbundene Entprivatisierung des ursprünglich privaten Vermögens[41] des Augustus (und des Privatvermögens all derjenigen noch zu folgenden Kaiser, die nicht dem julisch-claudischen Kaiserhaus angehörten[42]), manchmal in der Literatur auch mit dem umstrittenen Begriff der „Verstaatlichung“[43] umschrieben, wurde bereits häufig in der Forschung thematisiert, da keine explizite Erklärung dieses Phänomens in den Quellen zu finden ist. Hierbei sind in der älteren Forschung vor allem die Princepswechsel der Jahre 41 und 68/69 n. Chr. untersucht worden,[44] ohne dass man zu ernsthaft überzeugenden Ergebnissen gekommen wäre.

Als Erster hat schließlich Timpe im Regierungswechsel von Tiberius zu Caligula die entscheidende Zäsur gesehen.[45] Dabei geht er von einem privatrechtlichen Charakter des Testaments des Tiberius aus, der, wie oben erwähnt, Caligula und Gemellus zu gleichen Teilen als Erben und den einen als Nacherben des jeweils anderen eingesetzt hatte; über die Gründe, die Tiberius zu einer Teilung bewogen hatten (Furcht des Tiberius davor, dass Gemellus umgangen werden könnte? Rückkehr zu republikanischen Traditionen?), kann auch Timpe nur spekulieren.[46] Jedenfalls, so Timpe, hätte Tiberius dem Senat eine gewisse Entscheidungsfreiheit bei der Nachfolgererhebung überlassen wollen. Caligula aber, der die Teilung des Vermögens ebenso wie der Senat als Problem empfunden haben könnte[47], hätte das Testament als Nachfolgerdesignation interpretiert und dieses deshalb vom Senat für ungültig erklären lassen; aufgrund eines „irregulären Gewaltaktes“[48] hätte er sich daraufhin des gesamten Privatvermögens bemächtigt, das aber bei der Ungültigkeit des Testaments durch die Intestaterbfolge ebenfalls an Caligula und Gemellus gefallen wäre. Allein durch die Politisierung des Testaments durch Caligula wäre das Vermögen des Tiberius, über das er noch privatrechtlich verfügt hätte, „verstaatlicht“ worden, worin Timpe einen weiteren Schritt in die Institutionalisierung des Prinzipats sah.[49] Bellen widerspricht dem „irregulären Gewaltakt“ und sucht nach einer rechtlichen Erklärung dafür, weshalb die Intestaterbfolge nicht eingetreten ist, die er bei Sueton findet:[50] Dieser behauptet, dass Caligula kraft ius arbitriumque omnium rerum[51] das Vermögen des Tiberius erhalten hätte, was Bellen als „Kurzform“ der in der Forschung viel diskutierten[52] diskretionären Klausel der lex de imperio Vespasiani[53] interpretiert, einem Gesetz, das Vespasian bei seinem Regierungsantritt 69 n. Chr. auf einem Schlag alle Vollmachten erteilt hatte, die seine Vorgänger innegehabt hatten, und von dem Bellen ausgeht, dass es in der Form auch schon vor Vespasian bestanden hätte und dass die diskretionäre Klausel erstmals 37 n. Chr. mobilisiert worden wäre, um Caligula, nachdem er bereits alle Vollmachten erhalten hatte, zu allem Überfluss auch noch das Privatvermögen des Tiberius übertragen zu können.

Ganz im Gegensatz zu Timpe und Bellen sind zuvor die meisten Forscher der Ansicht gewesen, dass das kaiserliche Patrimonium über das erste Jahrhundert hinweg einen rein privaten Charakter als Privatvermögen des jeweiligen Kaisers besessen hätte, das auch ohne Weiteres privatrechtlich vererbt werden konnte, so beispielsweise Kränzlein[54] oder Herzog;[55] während letzterer allgemein bei allen nicht-erbberechtigten Kaisern von einer Konfiskation des Vermögens des Vorgängers ausgeht, spricht jener lediglich davon, dass es Caligula verstanden hätte, „das Auseinanderfallen des auf Augustus zurückgehenden kaiserlichen patrimoniums zu verhindern“[56]. Aber auch nach den Arbeiten Timpes und Bellens fanden sich einige Historiker, die vom privaten Charakter des Patrimoniums überzeugt waren, so Castritius[57] und Alpers.[58] Da die Übertragung auf Caligula unter Umgehung des Gemellus aber nicht abzuleugnen war, ganz gleich ob privat oder nicht, mussten sie eine andere Begründung dafür finden, wie es dazu hatte kommen können. Der „irreguläre Gewaltakt“ ebenso wie die diskretionäre Klausel der lex de imperio Vespasiani wurden als Erklärungen abgelehnt, ersterer unter Hinweis auf das Einverständnis des Senats, ohne dessen Zustimmung Caligula nicht willkürlich hätte handeln können, letzterer aus dem Grund, da es sich zum einen hierbei um eine sehr extreme Auslegung der Klausel gehandelt hätte, die so von ihren Schöpfern wohl nicht beabsichtigt gewesen wäre, und da zum anderen die diskretionäre Klausel womöglich erst zur Zeit Vespasians geschaffen worden war, um die auctoritas seiner Vorgänger rechtlich einzufangen. Während Castritius der Ansicht ist, dass die Adoption des Gemellus durch Caligula ihn aus der Intestaterbfolge ausgeschlossen hätte, da er nun ja nicht mehr gleichberechtigt mit Caligula als Enkel des Tiberius, sondern als dessen Urenkel gegolten hätte, vermutet Alpers, dass ein schlichter senatus consultum das Privatvermögen des Tiberius auf Caligula übertragen hätte.

Winterling[59] schließt sich demgegenüber wieder Timpe an, lehnt aber das Erklärungsmodell Bellens, ebenso wie das von Alpers, dem er eine ungenaue Formulierung des „Privaten“ vorwirft, ab; unter Hinweis auf die revolutionäre Struktur des Kaisertums, die Mommsen und auf dessen Grundlage Heuss ausgearbeitet haben,[60] greift er wieder darauf zurück, was Timpe einen „irregulären Gewaltakt“ genannt hat; dadurch aber, dass der Senat den Prinzeps als solchen anerkennt hätte, wäre ein solcher usurpatorischer Vorgang nachträglich verrechtlicht worden. Eine rechtliche Begründung der Patrimoniumsübertragung gab es aus der Sicht Winterlings somit nicht. Dabei ist es in der Forschung geblieben, einig sind sich die Historiker darin, dass sie sich nicht einig sind und was die Übertragung des Vermögens als Schritt zur Institutionalisierung des Prinzipats angeht, so stehen sich zwei Lager in der Forschung gegenüber: Während Castritius und Alpers von einem streng privatrechtlichen Charakter des Patrimoniums ausgehen und damit jedwede Form einer Institutionalisierung verneinen, sehen Timpe, Bellen und Winterling in der Vermögensübertragung von Tiberius auf Caligula durchaus ein Element fortgeschrittener Institutionalisierung des Kaisertums.

2.2.3. Quellenorientierte Untersuchung der Patrimoniumsübertragung und seine Aussage zum Institutionalisierungsprozess

Im Folgenden sollen einmal mehr die vorhandenen Quellen zum Thronwechsel des Jahres 37 n. Chr. betrachtet werden, um vielleicht eine Lösung für die Pattsituation in der Forschung zu finden. Wie in der Einleitung bereits angesprochen, werden das Testament des Tiberius und die Vermögensübertragung auf Caligula bei Sueton und Cassius Dio erwähnt. Vor allem ersterem verdankt man das Wissen darüber, dass Tiberius seine beiden Enkel als gleichberechtigte Erben unter gegenseitiger Nachfolge eingesetzt hat[61] und dass das Testament vom Senat für ungültig erklärt worden ist.[62] Cassius Dio schildert die Geschehnisse genauso und fügt dem die Geschichte von der geistigen Erkrankung des Tiberius hinzu, die von den damals Beteiligten als Begründung für die Nichtigkeit des Testaments angeführt worden ist.[63] Interessanterweise erwähnen aber beide das Testament in direktem Zusammenhang mit der Herrschaftsübertragung,[64] als wären beide Aspekte wie selbstverständlich miteinander verknüpft: Dabei soll Caligula die Herrschaft mit sämtlichen Vollmachten gerade aus dem Grund erhalten haben, dass das Testament des Tiberius, in dem dieser beide Enkel zu Erben nicht nur seines Privatvermögens, sondern auch des Reiches gemacht hätte, für ungültig erklärt und Caligula zum alleinigen Erben erhoben worden wäre. Aus beiden Quellen, Sueton wie Cassius Dio, geht eindeutig hervor, dass im Testament des Tiberius nicht oder nicht nur eine privatrechtliche Vererbung eines privaten Vermögens gesehen worden ist, sondern auch die Vererbung der Herrschaft im Reich an sich. Natürlich könnte man nun einwenden, dass beide Autoren zu späterer Zeit gelebt haben[65], als die Institutionalisierung des Patrimoniums wie auch des Prinzipats längst Realität gewesen wäre, was einfach auf die Zeit Caligulas rückprojiziert worden wäre. Doch werden die Schilderungen Suetons und Cassius Dios durch Philo, eines Zeitgenossen Caligulas, dem er auch persönlich begegnet ist, unterstützt.[66] Zwar erwähnt er nicht explizit das Testament, doch kann die Bezeichnung des Gemellus als „Miterben des Imperiums“ nur als Hinweis darauf gemeint gewesen sein; die testamentarische Vererbung des Patrimoniums sowie die Herrschaftsübertragung gehen auch hier Hand in Hand. Alle weiteren Autoren, die sich zum Herrscherwechsel von Tiberius auf Caligula geäußert haben, Tacitus[67] und Flavius Josephus[68], schweigen sich dagegen zum Testament aus.

Ob das Testament nun bewusst von Caligula „politisiert“ worden ist, wie Timpe meint,[69] während Tiberius selber im Glauben gestorben war, eine rein privatrechtliche Vererbung niedergeschrieben zu haben oder ob bereits Tiberius damit eine Nachfolgeregelung entworfen hatte, sei es im vollen Bewusstsein oder aufgrund einer gestörten Psyche, ist hierbei unerheblich.[70] Tatsache ist, dass sowohl Caligula als auch die politische Öffentlichkeit Roms das Testament des Tiberius als Nachfolgeregelung verstanden und die Übertragung des kaiserlichen Vermögens auf Caligula durch dessen Einsetzung als Princeps bedingt war. Die Einwände von Castritius und Alpers gehen an diesem Faktum vorbei und ihre Modelle zur rechtlichen Erklärung der Patrimoniumsübertragung, um die in der Forschung gestritten worden ist, widersprechen dem noch nicht einmal; ganz im Gegenteil ist es wohl am Plausibelsten anzunehmen, dass das Patrimonium durch ein senatus consultum oder eher noch durch Intestaterbfolge, nachdem Gemellus, nun ein Adoptivsohn Caligulas, als Enkel des Tiberius „weggefallen“ war, auf diesen übergegangen ist. Was aber genau beide, Castritius und Alpers, dazu veranlasst, davon auf einen rein privaten Charakter des Patrimoniums zu schließen, ist nicht ganz verständlich. Weder wird in den Quellen von einem Privatvermögen gesprochen (der Zusammenhang des kaiserlichen Patrimoniums mit der Herrschaft ist, wie in diesem Kapitel gezeigt, in den Köpfen der Römer präsent gewesen), noch liefern sie irgendwelche Indizien, von denen man darauf schließen könnte.

Die Einwände von Castritius und Alpers beziehen sich aber nicht auf den Charakter des Patrimoniums als eines „kaiserlichen“ Vermögens, das nicht privatrechtlich vererbt werden konnte, als sie sich vielmehr auf dessen rechtliche Übertragung, die weder von Timpe, noch von Bellen überzeugend erklärt worden war, beschränken. Während letztere die Patrimoniumsübertragung geradezu als eine Revolte beschreiben, wenn sie die lex de imperio Vespasiani als Erklärung hinzuziehen oder gar von einem „irregulären Gewaltakt“ sprechen, so handelt es sich bei einem senatus consultum oder bei einer Intestaterbfolge um rein konventionelle Methoden, um ein testamentarisch nicht abgedecktes Vermögen auf andere zu übertragen. Auf diese Art und Weise hätte man durchaus auch privatrechtlich ein Patrimonium übertragen können, was aber noch lange nicht heißt, dass das kaiserliche Vermögen selbst rein privatrechtlich auf Caligula übertragen worden wäre; wie oben bereits erwähnt, sehen mit Sueton, Cassius Dio und Philo ganze drei antike Autoren zwischen der Vererbung bzw. Übertragung des kaiserlichen Vermögens und der Berufung zum Herrscher einen direkten und untrennbaren Zusammenhang, der nicht verleugnet werden kann. Und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass alle anderen Zeitgenossen dies anders gesehen hätten.

3. Zusammenfassung

Wie aus der Interpretation und dem Vergleich der Schilderungen Suetons, Cassius Dios und Philos zum Herrschaftswechsel von Tiberius auf Caligula hervorgeht, ist das einst private Vermögen des Augustus zu dieser Zeit nicht mehr als privatrechtlich erachtet worden, sondern als „kaiserlich“. Hierbei ist das Kaisertum als eine Art „Amt“ zu verstehen, das aus einer Häufung verschiedener einzelner Befugnisse und Kompetenzen, wie sie die Grundlage der Macht des Augustus dargestellt haben, entstanden ist und innerhalb der Verfassung des römischen Staates immer mehr Formen und Konturen angenommen hat. Und eben diesem unterstand eine spezielle Kasse, das kaiserliche Patrimonium, das nicht mehr privatrechtlich vererbt werden konnte, sondern demjenigen vorbehalten war, der zum Kaiser erhoben worden war, in diesem Fall Caligula. Auch wenn nicht von einem entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Institutionalisierung gesprochen werden kann, da es sich nicht um eine rechtliche Außergewöhnlichkeit handelt, so ist hierbei doch ein entscheidendes Indiz für den fortgeschrittenen Prozess der Institutionalisierung zu erkennen, der nicht zu unterschätzen ist. Und im weiteren Verlauf der Geschichte des römischen Reiches verdichtete sich der Prinzipat immer weiter zu einer exakt zu definierenden und eingrenzbaren Institution. Ebenso wurde das kaiserliche Patrimonium konsequent von Kaiser auf Kaiser weitergegeben, auch bei dynastischen Kontinuitätsbrüchen wie 41 oder 68/69 n. Chr., bis sich Antoninus Pius in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts sogar dazu genötigt sah, neben dem Patrimonium eine „res privata“ mit rein privatrechtlichem Charakter zu begründen.

 


[1] Francois Jacques, John Scheid, Rom und das Reich in der hohen Kaiserzeit I. Die Struktur des Reiches. Übersetzt von Peter Riedlberger. Stuttgart/Leipzig 1998, 28-30; Jochen Bleicken, Verfassungs- und Sozialgeschichte des römischen Kaiserreiches 1. Paderborn 1981, 42.

[2] Bleicken, Sozialgeschichte, 24.

[3] Suet. Tib. 16, Cal. 14.

[4] Cassius Dio, 59, 1.

[5] Philo, leg. ad G. 23.

[6] Dieter Timpe, Untersuchungen zur Kontinuität des frühen Prinzipats. Wiesbaden 1962, 70-75.

[7] Heinz Bellen, Die „Verstaatlichung“ des Privatvermögens der römischen Kaiser im 1. Jahrhundert n. Chr., in: ANRW 2, 1 1974, 92-112.

[8] Aloys Winterling, Aula Caesaris. Studien zur Institutionalisierung des römischen Kaiserhofes in der Zeit von Augustus bis Commodus (31 v. Chr. – 192 n. Chr.). München 1999, 108-109.

[9] Helmut Castritius, Der römische Prinzipat als Republik. Husum 1982, 91-93.

[10] Michael Alpers, Das nachrepublikanische Finanzsystem. Fiscus und Fisci in der frühen Kaiserzeit. Berlin 1995, 193-194.

[11] Einen kleinen Überblick über Forschungsliteratur zu dieser Thematik bieten Jacques/Scheid, Rom und das Reich, 5-25, wobei sie selbst die Zahl der Arbeiten als „immens“ und deren Aufzählung als „ebenso unmöglich wie überflüssig“ (S. 5) bezeichnen.

[12] Alfred Heuss, Theodor Mommsen und die revolutionäre Struktur des römischen Kaisertums, in: derselbe, Gesammelte Schriften. Stuttgart 1995, 1730; die Studie von Heuss, die als eine der ersten Mommsens Interpretation rehabilitiert, entspricht noch ganz seinem Zeitgeist, als die Forschung sich kaum noch mit staatsrechtlichen Fragen auseinanderzusetzen wagte, vgl. auch Jacques/Scheid, Rom und das Reich, 6-7.

[13] Theodor Mommsen, Römisches Staatsrecht II 2. Leipzig 1887 (Nachdruck Darmstadt 1952 und Basel 1963).

[14] Jacques/Scheid, Rom und das Reich, 7.

[15] Die Ergebnisse der Studie von Heuss, Revolutionäre Struktur, werden von Winterling, Aula Caesaris, 108 in einem engen Zusammenhang mit der Entprivatisierung des Patrimoniums gesehen, vgl. dazu weiter unten Kapitel 2.2.2.

[16] Mommsen, Staatsrecht II 2, 1133: „Der römische Prinzipat ist nicht bloß praktisch, sondern auch theoretisch eine durch die rechtlich permanente Revolution temperierte Autokratie.“ Was Jacques/Scheid, Rom und das Reich, 6 dazu veranlasst, dies als Beschreibung der „tatsächlichen Machtverhältnisse“ aufzufassen, bleibt unklar; bei der Ersetzung von „Autokratie“ durch „Aristokratie“ handelt es sich jedenfalls um einen Übersetzungsfehler, da in der französischen Originalausgabe Francois Jacques, John Scheid, Rome et l’intégration de l’empire I. Les Structures de l’Empire romain. Paris 1990, 6 eindeutig von „autocratie“ die Rede ist.

[17] Mommsen, Staatsrecht II 2, 1143.

[18] Heuss, Revolutionäre Struktur, 86-89.

[19] Jacques/Scheid, Rom und das Reich, 7-9, fassen die Ansicht der modernen Forschung zusammen.

[20] Jacques/Scheid, Rom und das Reich, 7.

[21] Jacques/Scheid, Rom und das Reich, 8.

[22] Bleicken, Sozialgeschichte, 21-45.

[23] Jacques/Scheid, Rom und das Reich, 30-33; Bleicken, Sozialgeschichte, 118-120.

[24] Bleicken, Sozialgeschichte, 79-82.

[25] Paul Schrömbges, Tiberius und die Res Publica Romana. Untersuchungen zur Institutionalisierung des frühen römischen Principats. Bonn 1986. Eine Zusammenfassung seiner Ergebnisse findet sich auf den Seiten 266-272.

[26] Schrömbges, Tiberius, 270.

[27] Schrömbges, Tiberius, 272.

[28] Schrömbges, Tiberius, 266.

[29] Schrömbges, Tiberius, 177-180.

[30] Aloys Winterling, Caligula. Ulm 2004, 39-60.

[31] Winterling, Caligula, 39-40.

[32] Winterling, Caligula, 45.

[33] Timpe, Kontinuität, 57.

[34] Schrömbges, Tiberius, 177.

[35] Timpe, Kontinuität, 58.

[36] Winterling, Caligula, 50.

[37] Timpe, Kontinuität, 63-64.

[38] Schrömbges, Tiberius, 179.

[39] Timpe, Kontinuität, 68-69 bzw. 75, weist darauf hin, dass Caligula im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern vom Senat die Kompetenzen ohne vorhergehende Rückgabe seiner Gewalt, die er durch die Akklamation durch die Prätorianer innehatte, erhalten hatte, sowie dass Caligula diese auf einen Schlag erhalten hatte, statt sie nach und nach anzuhäufen, was er als weiteres Indiz zur Institutionalisierung des Prinzipats deutet.

[40] Bellen, Verstaatlichung, 95-96; „wahnsinnig“ soll Tiberius in dem Zusammenhang deshalb gewesen sein, da er dem noch minderjährigen Gemellus die Hälfte seines großen Vermögens hätte überlassen wollen.

[41] Bellen, Verstaatlichung, 92, weist darauf hin, dass Plinius der Jüngere die Patrimoniumsübertragung von Nerva auf Trajan im Jahre 98 n. Chr. als „selbstverständlich“ empfunden hätte.

[42] Bellen, Verstaatlichung, 111.

[43] So bei Timpe, Kontinuität, 74 und natürlich Bellen, Verstaatlichung.

[44] Jean Bérange, Fortune privée impériale et État, in: Mélanges offerts à M. Georges Bonnard II. Genua 1966, 159; Otto Hirschfeld, Die kaiserlichen Verwaltungsbeamten bis auf Diocletian. Berlin 1963, 19-20; Herbert Nesselhauf, Patrimonium und res privata des römischen Kaisers, in: Historia-Augusta-Colloquium. Bonn 1963, 79-80; Heinrich Siber, Zur Entwicklung der römischen Prinzipatsverfassung, in: Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Philologisch-Historische Klasse 42, 3. Leipzig 1933, 43; eine kurze Zusammenfassung ihrer Studien bietet Bellen, Verstaatlichung, 92-93.

[45] So Bellen, Verstaatlichung, 93; die betreffende Stelle findet sich bei Timpe, Kontinuität, 70-75.

[46] Timpe, Kontinuität, 72.

[47] Timpe, Kontinuität, 71; Bellen, Verstaatlichung, 94-95.

[48] Timpe, Kontinuität, 73.

[49] Timpe, Kontinuität, 74.

[50] Bellen, Verstaatlichung, 99.

[51] Suet. Cal. 14, 1.

[52] Eine Auflistung der Forschungsliteratur zur lex de imperio Vespasiani findet sich bei Frederic Hurlet, La lex de imperio Vespasiani et la légilaté augustéenne, in: Latomus 52 (1993), 261-280.

[53] CIL VI 930, 17-21 = ILS I 244 = FIRA I 15 = McCrum-Woodhead 1 = Freis 49; der Wortlaut der diskretionären Klausel lautet folgendermaßen: utique quaecunque ex usu rei publicae maiestate divinarum humanarum publicarum privatarumque rerum esse censebit, ei agere facere ius potestas sit, ita uti divo Augusto Tiberioque Iulio Caesari Augusto Tiberioque Claudio Caesari Augusto Germanico fuit (zu deutsch etwa: „daß er das Recht und die Vollmacht haben solle, alle Maßnahmen, die nach seiner Ansicht im Interesse des Staates liegen und der Erhabenheit der göttlichen, menschlichen, staatlichen und privaten Dinge angemessen sind, einzuleiten und zu treffen, so wie es der vergöttlichte Augustus, Tiberius Iulius Caesar Augustus und Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus hatten“, Übersetzung nach Freis 49).

[54] Arnold Kränzlein, patrimonium, in: RE Suppl. X (1965), 496.

[55] Ernst von Herzog, Geschichte und System der römischen Staatsverfassung. Die Kaiserzeit von der Diktatur Cäsars bis zum Regierungsantritt Diokletians 2. Leipzig 1887 (Nachdruck Aalen 1965), 674-678.

[56] Kränzlein, patrimonium, Zeile 33-34; dabei weist er auf die Arbeiten Sibers, Prinzipatsverfassung, 37-42, sowie Römisches Verfassungsrecht in geschichtlicher Entwicklung. Schauenburg 1952, 322-326, hin, die wohl bis zur Studie Timpes unangefochtene Gültigkeit besessen haben.

[57] Castritius, Prinzipat, 91-93.

[58] Alpers, Finanzsystem, 193f.

[59] Winterling, Aula Caesaris, 108-109.

[60] Siehe weiter oben Kapitel 2.2.1.

[61] Suet. Tib. 76.

[62] Suet. Cal. 14.

[63] Cass. Dio 59, 1.

[64] Suet. Cal. 14: ingressoque urbem, statim consensu senatus et irrumpentis in curiam turbae, inrita Tiberi voluntate, qui testamento alterum nepotem suum praetextatum adhuc coheredem ei dederat, ius arbitriumque omnium rerum illi permissum est… (zu deutsch etwa: „Nach seinem [Caligulas] Einzug in Rom wurde einstimmig vom Senat und der gewaltsam in den Sitzungssaal eindringenden Menge der letzte Wille des Tiberius, der seinen zweiten, noch im Knabenalter stehenden Enkel [= Gemellus] testamentarisch dem Caligula zum Miterben gegeben hatte, umgestoßen und ihm die unbeschränkte Regierungsgewalt übertragen.“ Übersetzung nach Sueton, Caesarenleben. Übersetzt von Max Heinemann. Stuttgart 1986.); Cass. Dio 59, 1: „Tiberius hatte zwar die Herrschaft auch seinem Enkel Tiberius [Gemellus] hinterlassen, doch Gaius schickte sein Testament durch Macro in den Senat und ließ es durch die Konsuln und die anderen, mit denen er zuvor die Sachen abgesprochen hatte, für null und nichtig erklären.“ Übersetzung nach Cassius Dio, Römische Geschichte IV (Bücher 51 bis 60). Übersetzt von Otto Veh. Zürich/München 1986.

[65] Sueton schrieb zu Beginn des zweiten Jahrhunderts, Cassius Dio noch einmal knapp einhundert Jahre später.

[66] Philo, leg. ad. Cal. 23: „Denn er [Caligula] ließ seinen Vetter [Gemellus] ermorden, der als Miterbe des Imperiums hinterlassen, mit größerer Berechtigung als er selbst Thronfolger war (…).“ Übersetzung nach Philo von Alexandria, Gesandtschaft an Caligula. Übersetzt von Friedrich Wilhelm Kohnke, in: derselbe, Die Werke in deutscher Übersetzung VII. Herausgegeben von Leopold Lohn, Isaak Heinemann, Maximilian Adler und Willy Theiler. Berlin 1964, 166-267.

[67] Tac. ann. 6, 45-46. Die Caligula-Biographie des Tacitus, die vielleicht weitere Aufschlüsse geboten hätte, ist leider verloren.

[68] Flav. Ios. Ant. Iud. 6, 8-9.

[69] Timpe, Kontinuität, 74.

[70] Ebenso wie die Forschung sich uneinig ist (siehe weiter oben Kapitel 2.2.1), widersprechen sich in diesem Punkt die Quellen: Während Cass. Dio 58, 23 meint, dass Tiberius in realistischer Sichtweise in Caligula den zukünftigen Alleinherrscher gesehen hätte, geht Flav. Ios. Ant. Iud. 6, 9 wohl fälschlich davon aus, dass Tiberius Caligula zu seinem alleinigen Nachfolger erhoben hätte; Tac. ann. 6, 46 spricht dagegen von einer „incertus animi fesso corpore consilium“ des Tiberius, der die Nachfolgewahl dem „fatum“ überlassen hätte, was der Realität wohl am nächsten gekommen sein dürfte.


Rentz, Andreas
D H II. 34 und die Frage nach erbrechtlichem Denken bei der Königserhebung Heinrichs II.

1. Einleitung

Eine der wohl umstrittensten Themenbereiche der Mittelalterforschung im zwanzigsten Jahrhundert dürfte wohl die Königswahlforschung gewesen sein. Den entscheidenden Anstoß brachte Heinrich Mitteis[1], der die Frage, ob bei den Königserhebungen im zehnten und elften Jahrhundert erb- oder wahlrechtliches Denken ausschlaggebend gewesen war, damit beantwortete, dass beides gleichermaßen vorhanden gewesen war und sich gegenseitig ergänzt hatte. Seit seinen Forschungen ist es ein Anliegen der Mediävistik nachzuweisen, welche dieser beiden Mentalitäten innerhalb ihrer Verschränkung das stärkere Gewicht besessen hat, ohne dass man eine vollständig überzeugende Antwort hätte finden können.[2] Das Problem besteht nämlich darin, dass für so ziemlich jede Thronerhebung dieser Zeit in den entsprechenden Quellen eine „Wahl“ durch die Großen bezeugt ist, wobei sich aber dennoch mit den Ottonen und den Saliern zwei Dynastien ausgebildet haben, die allesamt mehr oder weniger nah miteinander verwandt gewesen sind (so auch die Salier mit den Ottonen über deren weibliche Nachkommenschaft).

Da die ersten vier Ottonenkönige von ihrem jeweiligen Vorgänger zum Nachfolger designiert oder gar zu Lebzeiten zum Mitkönig erhoben worden sind[3], darf man zumindest davon ausgehen, dass die Sohnesnachfolge die gängige Rechtsgewohnheit darstellte, was so auch in der Forschung weitgehend anerkannt ist. Problematisch wird es aber bei der Königserhebung Heinrichs II. im Jahre 1002, der auf den kinderlosen Otto III. folgte. Erstmals seit Beginn des zehnten Jahrhunderts stand kein designierter Nachfolger zur Verfügung und es hatte sich aufgrund rein rituell-symbolischer Designationswahlen in den Jahrzehnten zuvor auch keine Rechtsgewohnheit für den Fall eines kinderlosen Todes ausgebildet.[4] Die Forschung betrachtete die Vorkommnisse um die Thronerhebung Heinrichs II. als entscheidenden „Prüfstein“[5] für die Frage nach erb- oder wahlrechtlicher Dominanz, wobei sich vor allem Eduard Hlawitschka in verschiedenen Studien für die Erbrechtsthese einsetzt.[6] Als tragendes Argument für diese These hat er mehrfach eine bestimmte Königsurkunde Heinrichs II. aufgeführt,[7] in der von einer hereditaria […] successio Heinrichs II. die Rede ist und die parentele et consanguinitatis affinitas betont wird.[8] Im Folgenden soll diese Urkunde nochmals genauer analysiert und ihre Bedeutung für das Rechtsdenken im elften Jahrhundert untersucht werden, um abschließend zu klären, ob sie als Argument für erbrechtliches Denken im zehnten und elften Jahrhundert weiterhin tragbar ist oder nicht.

2. Die Königserhebung Heinrichs II. im Jahre 1002: Erbrechtliches oder wahlrechtliches Denken?

2. 1. Chronologischer Ablauf und Hintergründe[9]

Zunächst aber sollen der Ablauf der Ereignisse und die politische Situation im Reich nach dem Tod Ottos III. am 24. Januar 1002 in Rom genauer beleuchtet werden. Die wichtigsten erzählenden Quellen für diese Zeit sind Thietmar von Merseburg[10] und Adalbold von Utrecht.[11] Wie bereits erwähnt, war es im zehnten Jahrhundert Gang und Gebe, den Sohn als Nachfolger zu designieren und ihn von den Großen wählen zu lassen; die Thronfolge war damit ohne weiteres gesichert. Otto III. starb allerdings bekanntlich ohne Kinder oder irgendeinen anderen designierten Erben hinterlassen zu haben, so dass aus diesem Grund gleich mehrere Personen Ansprüche auf den Königsthron erhoben, wobei vor allem folgende Kandidaten von Bedeutung waren: Neben Herzog Heinrich IV. von Bayern, der ja letztlich auch König wurde, auch Herzog Hermann II. von Schwaben und Markgrad Ekkehard von Meißen.[12] Nachdem letzterer aber ermordet worden war[13] und damit als Königskandidat aus nachvollziehbaren Gründen ausfiel, blieben nur noch zwei übrig, von denen sich Heinrich mit Erzbischof Willigis von Mainz verbündete, dessen Entscheidung seiner Ansicht nach die Zustimmung der Großen bedingte, während Hermann sich auf die Unterstützung der meisten Großen verlassen konnte, die eine freie Königswahl forderten.[14] Diese Pattsituation umging Heinrich geschickterweise damit, indem er nach Mainz vorstieß und sich dort von Willigis zum König krönen ließ, ohne dass es zuvor noch großartige Verhandlungen gegeben hätte. Auch wenn Heribert gegen diese Handlung protestierte und das Krönungs- und Salbungsrecht für sich beanspruchte, war die Königserhebung nicht mehr rückgängig zu machen. Eine freie Wahl der Großen hatte es somit nicht gegeben.

Hermann aber ließ sich von dieser Art der Lösung nicht besonders überzeugen, so dass die ganze Geschichte noch kein Ende fand. Während er nun in den offenen Widerstand gegen Heinrich trat und dabei auch Straßburg überfallen und plündern ließ, versuchte Heinrich auf einem Umritt das ganze Reich für sich zu gewinnen; immerhin hatte er ja nur die Anerkennung der bayerischen und fränkischen Großen. So trieb es ihn neben Merseburg, wo ihm sächsische Große huldigten, auch nach Aachen, wo Heinrich den Thron Karls des Großen bestieg, ehe sich Hermann am 1. Oktober in Bruchsal doch noch unterwarf und als Wiedergutmachung für den Schaden, den er in Straßburg angerichtet hatte, dem dortigen Bischof Werner das Kloster St. Stephan überlassen musste, was in der bereits erwähnten Urkunde D H II. 34 wenige Monate darauf auch als schriftliches Zeugnis der Nachwelt hinterlassen wurde. Erst jetzt versöhnte sich Heinrich mit Hermann, der von seinem neuen König auch als Lehnsmann und Freund aufgenommen wurde, womit der Streit um die Thronfolge geklärt und Heinrich als König im Reich allgemein anerkannt war.

2. 2. Überblick über die Forschungsdiskussion

Nicht geklärt aber ist dagegen in der Geschichtsforschung die Frage nach der Dominanz von Wahl- oder Erbrecht, die fast genauso alt ist wie die Forschung selbst. Armin Wolf bezeichnete die Königserhebung von 1002 wie bereits erwähnt als „Prüfstein“ für diese Frage; da außerdem die Quellenlage im Vergleich zum verhältnismäßig „dunklen“ zehnten Jahrhundert relativ reichhaltig und auch detailliert ist,[15] hat es auch entsprechend viele Forschungsarbeiten zu diesem Thema gegeben, die aber den Rahmen dieser Arbeit sprengen würden. Im Folgenden sollen deshalb nur die wichtigsten Arbeiten behandelt und zusammengefasst werden.[16]

Da die ältere Forschung nur dazu fähig war, sich für eines der beiden Prinzipien zu entscheiden, gab es lange Zeit nur Arbeiten, die entweder ausschließlich wahlrechtliches oder ausschließlich erbrechtliches Denken begründen sollten. Für ersteres sprach sich vor allem Walter Schlesinger aus,[17] der neben den Kandidaturen Ekkehards und Hermanns als Nicht-Ottonen, deren Verwandtschaft zu Otto III. nirgendwo in den Quellen positiv belegt ist, vor allem die von ihm so bezeichnete „Nachwahl“ von Merseburg als Argument aufführte und diese als reinen Wahlakt interpretierte, auf dem die Sachsen ihr Recht auf die Königserhebung durchgesetzt haben sollen. Beumann widersprach dem jedoch und meinte stattdessen, dass Heinrich als fertiger König nach Merseburg gekommen wäre und nur die offizielle Anerkennung der Sachsen, die beim Erhebungsakt in Mainz ja abwesend gewesen waren, eingeholt hätte; im Gegenzug bestätigte Heinrich die besondere Rolle und das spezielle Recht der Sachsen im Zusammenhang mit der Königserhebung, nachdem es sich immerhin bei den unmittelbaren Vorgängern Heinrichs allesamt um Sachsen gehandelt hatte.[18] Diese Interpretation der Nachwahl wird noch heute in der Forschung weitgehend anerkannt, so dass nach Schlesinger kaum noch einer die These von der ausschließlichen Dominanz des Wahlprinzips stützte.

Den Gegenpart bildet vor allem Eduard Hlawitschka, der von einem nahezu uneingeschränkten erbrechtlichen Denken ausgeht und die These entwickelt hat, dass auch die Gegenkandidaten Heinrichs Verwandte Ottos III. und nur deshalb zur Königskandidatur berechtigt gewesen wären. Nachdem er die Abkunft Ekkehards von einem Bruder Heinrichs I., dem gemeinsamen Urgroßvater Ottos III. und Heinrichs II., nachgewiesen hatte[19], machte sich Armin Wolf daran, auch die Verwandtschaft Hermanns zu den Ottonen zu erschließen.[20] Er stellte schließlich die Theorie auf, dass Hermann Sohn einer Enkelin Ottos des Großen namens Richlind gewesen wäre, die in zeitgenössischen Quellen aber genauso wenig erwähnt wird wie eine Verwandtschaft Hermanns mit den Ottonen. Mit seiner Behauptung erhielt Wolf nicht nur Widerspruch seitens derjenigen, die von der Dominanz des Wahlrechts ausgingen, sondern auch von Hlawitschka selbst. In der nun schon seit über dreißig Jahren währenden Diskussion, die ersatzweise auch Schlammschlacht genannt werden kann, über die Verwandtschaft Hermanns mit den Ottonen und der Identität Richlinds zwischen den Anhängern der Thesen Wolfs auf der einen und Hlawitschkas auf der anderen Seite, die sich immer weiter in genealogische Spitzfindigkeiten verstrickten, konnte bis heute keine Lösung gefunden werden, die alle zufrieden gestellt hätte.[21]

Von einem anderen Ansatz geht heute die jüngere Forschung aus, zu der vor allem die Arbeit Steffen Patzolds dazugerechnet werden muss. Statt unsere heutige Rechtsmentalität ohne weiteres in die Vergangenheit zu projizieren und in den Quellen nach rechtlichen Grundlagen der Königserhebungen welcher Art auch immer zu suchen, wie es die ältere Forschung gemacht hat, kehrt Patzold die Vorgehensweise um und versucht aus den zeitgenössischen Quellen der Regierungszeit Heinrichs II. das damalige Rechtsdenken zu rekonstruieren. Dabei stellt er fest, dass zwar Adalbold[22] und Thietmar[23], ebenso wie andere zeitgenössische Quellen wie Heiligenviten oder Annalen,[24] die Verwandtschaft Heinrichs zu Otto III. im Zusammenhang mit weiteren Legitimationskriterien erwähnen, diese sich aber nicht allein darauf beschränken; ganz im Gegenteil werden vor allem persönliche Eigenschaften wie Ansehen, Macht, Frömmigkeit oder Durchsetzungsvermögen als ausschlaggebende Argumente angegeben, während die Verwandtschaft zwischen Heinrich und Otto nur nebenbei erwähnt wird. Adalbold beispielsweise erwähnt die Verwandtschaft zu Otto im Zusammenhang mit der Abkunft Heinrichs von Karl den Großen und Konrad von Burgund; Otto wird hierbei sogar nur an zweiter Stelle erwähnt. Patzold folgert daraus, was bereits in der Einleitung erwähnt worden ist: Aufgrund dessen, dass keine Rechtsgewohnheit für den Fall eines erbenlosen Königstodes bestand, musste man durch Verhandlungen und Diskussionen einen König bestimmen; dabei wurde neben vielen anderen Kriterien auch die Verwandtschaft mit verstorbenen Königen, darunter auch zu Otto III., als Argument aufgeführt.[25] Gerd Althoff merkt ferner an, dass kaum einer der Großen das Argument der Verwandtschaft während des Thronstreits besonders überzeugend gefunden hat, dieses dafür aber umso öfter erwähnt worden ist, nachdem Heinrich sich bereits durchgesetzt hatte.[26] Mit dem ständigen Hinweis auf die Verwandtschaft und dem „Erbrecht“ Heinrichs hätte dieser seine umstrittene „Wahl“ und Königserhebung nachträglich legitimieren wollen und zwar auch denjenigen gegenüber, die dabei nicht anwesend gewesen waren, zumal sein Gegenkandidat Hermann auch danach noch gewaltsam dagegen protestiert hatte. Mit Patzold und Althoff ist man in der Forschung mittlerweile der Ansicht, dass sich die Frage nach erb- oder wahlrechtlichem Denken im zehnten und elften Jahrhundert gar nicht gestellt hatte, sondern andere Kriterien für eine Königserhebung ausschlaggebend waren und die Verwandtschaft zu Otto III., so oft auf sie auch in der Regierungszeit Heinrichs hingewiesen worden sein mag, nur ein Argument unter vielen darstellte.

3. Die Urkunde D H II. 34 und ihre Aussage über das Rechtsdenken im zehnten und elften Jahrhundert

3. 1. Gegenüberstellung der Interpretationen der älteren Forschung und der Arbeit Ludger Körntgens

Nicht nur in den erzählenden Quellen, in Heiligenviten oder Annalen wurde auf die Verwandtschaft zwischen den beiden Kaisern hingewiesen, sondern auch in den Urkunden. Damit kommen wir auf das bereits in der Einleitung erwähnte Diplom D H II. 34 zurück, in der, wie bereits erwähnt, das Kloster St. Stephan, das bislang Hermann gehört hatte, auf dem Hoftag von Diedenhofen am 15. Januar 1003 dem Bischof Werner von Straßburg als Wiedergutmachung für die Schäden, die der Herzog im Konflikt mit Heinrich in Straßburg angerichtet hatte, übergeben wurde. In der Narratio wird zudem explizit von einer hereditaria in regnum sine aliqua divisione successio (zu deutsch etwa: „die erbliche Nachfolge ohne irgendeine Teilung im Reich“) Heinrichs II. und der ea que cum tali cesare nobis erat parentele et consanguinitatis affinitas (etwa: „diejenige elterliche und verwandtschaftliche Beziehung, die zwischen uns und dem großen Kaiser bestand“) gesprochen. In der Forschung wurde diese Urkunde oft als Argument für erbrechtliches Denken verwendet; auch wenn diese These wohl spätestens seit dem Beitrag Patzolds nicht mehr haltbar ist, so ist es doch nicht verkehrt, diese Urkunde zu untersuchen, um festzustellen, was genau in der bemerkenswerten Narratio gemeint gewesen sein könnte. Zunächst soll hierbei aber die Forschungsgeschichte bezüglich des Diploms ein wenig erhellt werden.

Als erster hat Eduard Hlawitschka diese Urkunde als Argument für die Erbrechtsthese verwendet[27], wobei er das ea parentele et consanguinitatis affinitas so interpretiert, dass auch eine verwandtschaftliche Beziehung Hermanns mit den Ottonen bestanden hätte, die aber die Großen inklusive Werner nicht so sehr überzeugt haben soll wie eben „diejenige“ (ea) Heinrichs, so dass sie diesen zum König erhoben haben (persuasit antisti cum ceteris […] nostrae manus dare fidelitati). Ferner bewertet er die hereditaria in regnum sine aliqua divisione successio so, dass eine „ungeteilte Erbnachfolge“ nur hätte stattfinden können, wenn auch die Kandidatur Hermanns an die Verwandtschaft zu den Ottonen gekoppelt gewesen wäre. Hätte es nämlich allein eine freie Wahl gegeben, so hätten die Großen einen König für das ganze Reich wählen müssen; wenn aber eine Reichsteilung erwogen worden ist, wovon Hlawitschka ausgeht[28], so wäre diese, ähnlich wie einst bei den Karolingern oder Merowingern, nur über eine Erbnachfolge möglich gewesen. Was die erbrechtliche Interpretation angeht, so erhielt er Zuspruch von Hartmut Hoffmann, der in der Narratio der Urkunde eine Selbstaussage Heinrichs sieht und ihr einen hohen politischen Wert zuspricht[29]. Stefan Weinfurter setzt die Urkunde aufgrund der hereditaria successio im Zusammenhang mit seinen Ausführungen über das Regensburger Sakramentar und den Mainzer Krönungsordo. Dort ist nämlich von einer paterna successio und einer hereditaria iure die Rede und Weinfurter folgert daraus ein Regierungsprogramm Heinrichs II. zur Zentralisierung und Straffung der Königsherrschaft.[30] Auch wenn er Hlawitschka nicht explizit zustimmt, so ist auch er der Ansicht, dass Heinrich seine Königsherrschaft erbrechtlich verstand und sieht dies durch D H II. 34 bestätigt.[31] Hlawitschkas Interpretation der „divisione“ stellt er eine eigene entgegen: ihm zufolge soll keine Reichsteilung erwogen worden sein, sondern lediglich der Anspruch Hermanns auf die Wahrung seiner nahezu königsgleichen Stellung in Schwaben gemeint gewesen sein, die allerdings ins Konzept Heinrichs zur Herrschaftszentralisierung nicht gepasst hätte und deshalb abgeschafft worden wäre.[32]

Eine umfassende und ausführliche Kritik an den Arbeiten Hlawitschkas und Weinfurters gab es von Ludger Körntgen[33], der nicht nur ihren erbrechtlichen bzw. biblisch-heilsgeschichtlichen Interpretationen widerspricht, sondern auch die Bedeutung der Urkunde als „politisches Manifest“[34] anzweifelt. Da eine eingehende und genaue Untersuchung der Urkunde bislang ausgeblieben war, machte er sich als erster daran, sie unter Berücksichtung der neuesten Ergebnisse der Urkundenforschung über die Rolle schriftlicher Dokumente in einer mündlich bestimmten Gesellschaft zu untersuchen. Auf diesen Grundlagen aufbauend geht Körntgen davon aus, dass die Urkunde keinen besonderen propagandistischen und politischen Wert besäße, sondern lediglich eine Aussage über das allgemeine Herrschaftsverständnis Heinrichs II. mache, zumal es keine politisierte Öffentlichkeit zu der Zeit gegeben hat, an die die Urkunde als politische Propaganda gerichtet gewesen sein könnte. Dagegen setzt Körntgen den Aussagewert der ungewöhnlich umfangreichen Narratio der Urkunde mit dem der erzählenden Quellen gleich, die dem aktuellen Forschungsstand nach auch nicht für irgendeine abstrakte Öffentlichkeit, sondern mit einem bestimmten Zweck für einen bestimmten, eingegrenzten Kreis von Personen gedacht gewesen ist.

Im ersten Teil seines Beitrags[35] wundert sich Körntgen darüber, dass es zwischen den Hoftagen von Bruchsal und Diedenhofen einen großen zeitlichen Abstand gegeben hat und weshalb nicht auf ersterem die Übertragung des Klosters stattgefunden hatte, obwohl dort auch andere Besitztümer übertragen worden waren und Hermanns Verzicht stattgefunden hatte; er stellt die Vermutung auf, dass das mit der größeren Anzahl an Anwesenden in Diedenhofen zu tun gehabt haben könnte. Außerdem merkt er an, dass in den Beiträgen Hlawitschkas und Weinfurters stets die Rolle Werners als Empfänger des Klosters unterschätzt bis gar nicht beachtet worden wäre und dass durch die Plünderung Straßburgs und der Schändung der Kirche durch Hermann nicht nur dieser sich des Sakrilegs der Kirchenschändung schuldig gemacht hätte, sondern auch Heinrich, der als König und Schutzherr der Kirchen seiner Verpflichtung, diese vor solchen Vandalismen zu schützen, nicht nachgekommen wäre. Deshalb, so Körntgen, wäre es Sinn und Zweck der Urkunde gewesen, vor einer größeren Anzahl von Großen und auch vor Werner selbst als Empfänger des Klosters, an die die Urkunde gerichtet gewesen wäre, Heinrich wegen seines Versagens als Schutzherr zu entlasten und durch die Übergabe des Klosters das begangene Verbrechen zu sühnen. Weder sei die Übergabe Teil eines Regierungsprogramms zur Zentralisierung der Herrschaft gewesen, noch als Symbol des Triumphes Heinrichs über Hermann zu verstehen, zumal Körntgen zu Recht darauf hinweist, dass Hermann an keiner einzigen Stelle in der Urkunde als Urheber der Plünderung bezeichnet wird, was wohl mit einem hohen Bedarf an diplomatischer Sensibilität zu tun gehabt haben könnte.

Im zweiten Teil[36] geht es schließlich um die Berechtigung von D H II. 34 als Beweis für erbrechtliches Denken. Dabei stellt Körntgen die These auf, dass die hereditaria successio nicht als Anspruch Heinrichs auf den Thron zu verstehen ist, sondern als Ergebnis der Thronfolgekrise nach dem Tod Ottos III. Der Sinn der Narratio in der Urkunde ist zudem im Kontext der Plünderung Straßburgs und der Schuld Heinrichs an der Kirchenschändung durch Hermann zu sehen. Hier wird begründet, weshalb es zur Kirchenschändung in Straßburg gekommen war und weshalb Werner und Heinrich keine Schuld daran getroffen hätte: Aufgrund der a pueris propagata familiaritas und der parentele et consanguinitatis affinitas zwischen Heinrich und Otto[37] hätte Werner sich wie viele andere Große ersterem angeschlossen, was den Teufel dazu veranlasst hätte, sich in die Angelegenheit einzumischen und Straßburg plündern zu lassen. Da aber Heinrich von Gott selbst zum König ausersehen worden wäre, hätte man Werner keine Schuld an den Schlamassel geben können, ebenso wenig wie dem von Gott auserwählten Heinrich. Die Begründung der Königserhebung Heinrichs ist also laut Körntgen nur in diesem Zusammenhang zu sehen und die hereditaria successio nur das Ergebnis der Thronerhebung, welche nicht isoliert betrachtet und interpretiert werden dürfte. Durch diese Rechtfertigung des Thronanspruchs Heinrichs sollen, so Körntgen weiter, die Fehde zwischen diesem und Hermann als eine Rebellion des letzteren dargestellt werden und die Plünderung Straßburgs weiter diskreditiert werden. In diesem Kontext sieht Körntgen auch die Wendung hereditaria in regnum sine aliqua divisione successio: da Heinrich das ganze Reich von seinem Vorgänger geerbt hätte, wäre Hermanns Fehdeführung nichts weiter als ein illegitimer Aufstand gewesen. Und auch wenn die parentele et consanguinitatis affinitas als Grund erwähnt wird, weshalb Werner Heinrich anerkannt hatte, so stehe sie doch erst an zweiter Stelle nach der a pueris propagata familiaritas; da sie außerdem auf Otto III. als Vorgänger auf dem Königsthron und nicht auf Heinrich I. als gemeinsamen Ahnen bezogen sei, könne man da keinen allein erbrechtlichen Anspruch Heinrichs II. hineininterpretieren.

3. 2. Erneute Analyse der Urkunde

Nun ist die Untersuchung Körntgens auch schon mehrere Jahre alt und in der Zwischenzeit ist mit dem Aufsatz Patzolds eine erneute (und die bislang letzte) Studie zur Königserhebung von 1002 erschienen, weshalb es sich lohnen würde, D H II. 34 erneut zu untersuchen. Zwar ist Körntgens Arbeit prinzipiell überzeugend, allerdings hat er die Urkunde und ihre Aussage über das Rechtsdenken ihrer Zeit nur im Kontext der Plünderung Straßburgs erklärt; auch wenn man nicht den Fehler Hlawitschkas begehen und einzelne Wörter isoliert betrachten sollte, so soll im Folgenden gemäß der Vorgehensweise Patzolds explizit „nach der Art und Weise, in der die Quellenautoren selbst die Vorgänge [bis zur Königserhebung] wahrnahmen und beurteilten“,[38] gefragt werden, zumal Körntgen der Narratio der Urkunde im Sinne einer „Erzählung“ den gleichen Wert wie Thietmar oder Adalbold beimisst[39] und es sich dabei höchstwahrscheinlich um ein Eigendiktat Heinrichs II. handelt,[40] was die Bedeutung der Urkunde noch um einiges brisanter macht.

Ausschlaggebend ist folgender Satz, der die Gründe der Entscheidung der Großen zugunsten Heinrichs und das Ergebnis dieser Entscheidung festhält: Post tanti itaque imperatoris ab hac vita discessum vetus inter nos a pueris propagata familiaritas et ea que cum tali cesare nobis erat parentele et consanguinitatis affinitas praefato persuasit antistiti cum ceteris, quorum infinitus est numerus, nostrae manus dare fidelitati, ut deo praeside concors populorum et principum nobis concederetur electio et hereditaria in regnum sine aliqua divisione successio.[41] (zu deutsch: „Daher hat der vertraute Umgang mit dem großen Kaiser, der früh aus dem Leben geschieden ist, die zwischen uns seit unserer Kindheit bestanden hatte, sowie diese elterliche und verwandtschaftliche Beziehung, die uns mit dem großen Kaiser verband, den oben genannten Bischof und die übrigen Großen, deren Anzahl grenzenlos ist, davon überzeugt, uns die Hand zur Treue zu reichen, so dass durch den Schutz Gottes die einstimmige Wahl der Gemeinde und der Fürsten und die erbliche Nachfolge ohne irgendeine Teilung im Königsreich uns zugekommen ist.“)[42]

Hier werden zwei Gründe angegeben, die die Großen von der Bestimmung Heinrichs überzeugt hätten: Die inter nos a pueris familiaritas, sowie die parentele et consan-guinitatis affinitas. Dabei ist bereits Weinfurter aufgefallen, dass die „verwandtschaftliche Beziehung“ beziehungsweise die „Blutsverwandtschaft“, wie Hlawitschka diese Stelle übersetzt hat,[43] erst an zweiter Stelle kommt.[44] Während Weinfurter daraus lediglich folgert, dass zur verwandtschaftlichen Begründung des Erbrechts noch die enge Vertrautheit zwischen den beiden Königen als Argument hinzukommt, so ist diese Tatsache nicht zu unterschätzen und in Analogie zu den Begründungsmustern bei Thietmar und Adalbold zu setzen, wo sich die Verwandtschaft Ottos und Heinrichs ebenfalls hinten anstellen muss. Letztlich ist die Verwandtschaft zwischen beiden nicht so wichtig, als dass sie an erster Stelle oder gar alleine als alleinig ausschlaggebender Rechtsgrund hätte erwähnt werden müssen. Vielmehr versucht sich Heinrich in die Nähe Ottos zu rücken und diese so stark wie möglich zu betonen, was durch die Erwähnung einer verwandtschaftlichen Beziehung ebenso erfolgen kann wie durch eine enge Vertrautheit seit ihrer Kindheit; dass Heinrich sich auch in vielen anderen Gelegenheiten in diese kaiserliche Sphäre hätte einfügen wollen, ist Weinfurter auch an anderen Stellen aufgefallen und dürfte wohl in diesem Zusammenhang zu sehen sein.[45]

Während Althoff davon ausgeht, dass dieses Verhalten ebenso wie die zahlreichen Betonungen eines „Erbrechts“ Heinrichs dessen durchaus umstrittene (wenn auch nicht mehr rückgängig zu machende) Königserhebung nachträglich legitimieren sollte[46], weist Körntgen darauf hin, dass die Wendung concederetur electio et hereditaria in regnum sine aliqua divisione successio kein Erbrecht im Sinne eines Anspruchs, sondern das Ergebnis der Wahlverhandlungen, die der Krönung Heinrichs vorausgegangen sind, bezeichnen soll.[47] Könnte es nicht tatsächlich sein, dass die hereditaria successio einfach nur umgedeutet werden müsste? Angenommen einer der anderen Kandidaten wäre König geworden, wäre es so abwegig gewesen, wenn auch diese von einer hereditaria successio gesprochen hätten? Damit ist jetzt keine Nachkommenschaft von irgendwelchen Brüdern Heinrichs I. gemeint, sondern nur eine andere Bedeutung des Begriffs „Erbfolge“. Denn dadurch, dass Heinrich II. König geworden war, hatte er auch den Königsthron von Otto III. geerbt, ohne dass er zuvor von diesem zum Erben designiert worden wäre. Und wäre beispielsweise Hermann zum König gewählt worden, dann hätte er ebenfalls den Thron Ottos III. geerbt. Letztlich setzt eine Erbfolge ja nicht die Verwandtschaft zwischen dem Erben und den zu Beerbenden voraus, ja noch nicht einmal eine von diesem offiziell festgemachte Vererbung. Dass aber Heinrich durch seine Krönung und Salbung in Mainz den Königsthron bestiegen und diesen somit von seinem Vorgänger geerbt hatte, ist ja nicht zu bestreiten. Zu bestreiten ist lediglich die Auffassung, Heinrich hätte ihn lediglich aufgrund seiner Verwandtschaft besteigen, seine Gegenkandidaten ebenfalls nur aufgrund ihrer Verwandtschaft kandidieren können. Denn davon steht auch in der Urkunde nichts explizit drin.

Hlawitschka hat lediglich über ea parentele et consanguinitatis affinitas, über genau „diese verwandtschaftliche Beziehung“ gefolgert, dass auch „jene verwandtschaftliche Beziehung“ des Gegenkandidaten (in dem Fall logischerweise Hermann, der als letzter übrig geblieben war) bestanden haben müsste. Körntgen hat sich mit diesem Argument Hlawitschkas in seiner Arbeit nicht auseinandergesetzt und auch sonst gibt es keinerlei alternative Interpretationen dieser Wendung; wahrscheinlich sind auch gar keine nötig. Mit ea wird lediglich die parentele et consanguinitatis affinitas mit dem Nebensatz que cum tali cesare nobis erat verbunden, der zwischen den beiden Wendungen steht und durch ea eingeleitet wird. Das Wort hat folglich nichts weiter als eine (nicht zu unterschätzende) Bedeutung im Satzbau; eine solch tiefgehende Interpretation wie bei Hlawitschka ist aber sicher nicht nötig und auch den Zeitgenossen Heinrichs II. nicht in den Sinn gekommen, zumal „jene“ Verwandtschaft Hermanns zu den Ottonen wahrscheinlich gar nicht bestand.

Bemerkenswert ist aber der folgende Satz, der in der Forschung weitgehend unberücksichtig geblieben ist, obwohl er immer noch Teil der Narratio ist: Fecit itaque misericors deus pro voto nostro quod suum erat […].[48] („Daher trat Gott für unsere Wahl ein, die die seine war (…).“) Die Behauptung, dass Heinrich von Gott auserwählt worden ist, wird hier als drittes Argument aufgeführt und darf ebenfalls nicht unterschätzt werden. Da der König sich nun einmal als Stellvertreter Gottes auf Erden gesehen hat, so wird die Königserhebung Heinrichs in den Augen der Zeitgenossen dessen eigene Entscheidung gewesen sein; durch die Salbung ist das Bündnis mit Gott letztlich auch besiegelt worden. Und wer würde schon Gottes eigene Entscheidung in Frage stellen wollen? So gesehen handelt es sich hier um eine gleichrangige, wenn nicht gar höherwertige Begründung für Heinrichs Königtum. Dass dieses Argument vor der Königserhebung kaum vorgebracht worden war, dürfte in Anbetracht der Tatsache, dass Gott nur selten seine Meinung äußert, wenn sie gefragt ist, nicht weiter verwundern. Von einem daraus abgeleiteten „Rechtsanspruch“ Heinrichs vor der Königserhebung kann hier deshalb natürlich keine Rede sein. Aber letztlich ist es auch nicht Sinn und Zweck der Urkunde, irgendwelche rechtlichen Ansprüche Heinrichs auf den Königsthron aufzuzählen. Da er zum Zeitpunkt ihrer Ausstellung bereits unangefochten regierte, kam es in der Urkunde nur darauf an, seine Königserhebung im Nachhinein zu legitimieren bzw. zu erklären, aus welchen Gründen er König geworden war. Und diesem Zweck genügten seine Vertrautheit und Verwandtschaft mit Otto III. genauso wie die Behauptung (oder Tatsache?), dass Gott ihn erwählt hätte. Dass die Gründe nicht immer ganz realistisch waren ist für das Denken dieser Zeit unerheblich, auch wenn es übertrieben sein mag, die Aussage der Urkunde als „Propaganda“ oder „Manifest“ zu bezeichnen.

4. Zusammenfassung

Die Urkunde D H II. 34 fällt als Argument für erbrechtliches Denken im zehnten und elften Jahrhundert folglich weg. Statt eines Einblicks in die Rechtsgrundsätze dieser Zeit wird der tatsächliche Ablauf der damaligen Ereignisse etwas verzerrt dargestellt, zumal bindende Rechtsgrundsätze damals gar nicht bestanden, sondern nur Rechtsgewohnheiten;[49] die in der Urkunde genannten Gründe verfolgten nämlich den Zweck, die Königserhebung Heinrichs im Nachhinein zu rechtfertigen und vermochten während des Thronstreites niemanden vollständig zu überzeugen. Die Frage nach wahl- oder erbrechtlichem Denken im Jahre 1002 muss also abermals als anachronistisch verurteilt werden. Ein „Erbrecht“ in der Thronfolge besaß lediglich ein Königssohn und das im Normalfall auch nur, wenn er vom Vater als Nachfolger designiert worden war. Da Heinrich aber von niemandem zum Nachfolger erhoben worden war und es sich bei seiner Verwandtschaft zu Otto III. ebenso wie zu Karl dem Großen oder Konrad von Burgund nur um eines von vielen weiteren Argumenten wie Ansehen, Macht oder Erfahrung handelte, kann von einem „Erbrecht“ Heinrichs nicht gesprochen worden. Und in diesem Zusammenhang ist auch die Urkunde zu sehen: die Verwandtschaft ist einer von mehreren Gründen, aber nicht der ausschlaggebende. Und von einer Designation ist erst recht nirgendwo die Rede. Man kann nur hoffen, dass auch für alle übrigen Königserhebungen das anachronistische Denken der älteren Forschung fallengelassen und die Forschung von der Arbeitsweise eines Körntgen oder eines Pätzold ausgehen wird. Hlawitschka oder Wolf gehören jedenfalls zu den letzten ihrer Art und ein Aufsatz, der ihre leicht angestaubten Ansichten in Schutz nimmt, wird wohl auch nicht mehr zu erwarten sein.


[1] Heinrich Mitteis, Die deutsche Königswahl. Ihre Rechtsgrundlagen bis zur Goldenen Bulle. 2. Auflage Brünn/München/Wien 1944.

[2] Einen guten Überblick über die Kontroversen in der Forschung mit einem umfangreichen Literaturverzeichnis bietet Egon Boshof, Königtum und Königsherrschaft im 10. und 11. Jahrhundert. 1993, 2. Auflage München 1997, Seite 55-73.

[3] Die Designation Heinrichs I. durch Konrad I. ist aufgrund der schwierigen Quellenlage in dieser Zeit stark umstritten, so zweifelt Johannes Fried, Die Königserhebung Heinrichs I. Erinnerung, Mündlichkeit und Traditionsbildung im 10. Jahrhundert, in: Mittelalterforschung nach der Wende 1989. Herausgegeben von Michael Borgolte (HZ Beihefte, N. F. 20). München 1995, Seite 267-318, den in den Quellen geschilderten Ablauf ganz an. Vgl. dagegen aber Gerd Althoff, Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. Stuttgart 2000, Seite 29-45.

[4] Stefan Weinfurter, Heinrich II. (1002-1024). Herrscher am Ende der Zeiten. Regensburg 1999, Seite 56, Steffen Patzold, Königserhebungen zwischen Erbrecht und Wahlrecht? Thronfolge und Rechtsmentalität um das Jahr 1000, in: DA, Band 58 (2002), Seite 467-507, hier Seite 501-507.

[5] So bei Armin Wolf, Königskandidatur und Königsherrschaft: Hermann von Schwaben als Prüfstein für das „Prinzip der freien Wahl“, in: DA, Band 47 (1991), Seite 45-117.

[6] Eduard Hlawitschka, Die Thronkandidaturen von 1002 und 1024. Gründeten sie im Verwandtenanspruch oder in Vorstellung von freier Wahl?, in: Reich und Kirche vor dem Investiturstreit. Festschrift Gerd Tellenbach. Herausgegeben von Karl Schmid, Sigmaringen 1985, S. 49-64; Derselbe, ‚Merkst du nicht, dass dir das vierte Rad am Wagen fehlt?’ Zur Thronkandidatur Ekkehards von Meißen (1002) nach Thietmar, Chronikon IV c. 52, in: Geschichtsschreibung und geistiges Leben im Mittelalter. Festschrift Heinz Löwe. Herausgegeben von Karl Hauck, Hubert Morder, Köln u. a. 1978, Seite 281-311.

[7] Zuletzt in Eduard Hlawitschka, Konradiner-Genealogie, unstatthafte Verwandtenehen und spätottomisch-frühsalische Thronbesetzungspraxis. Ein Rückblick auf 25 Jahre Forschungsdisput. Hannover 2003, Seite 11-14.

[8] D H II. 34: Die Urkunden Heinrichs und Arduins. Herausgegeben von Harry Bresslau (MGH Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 3), Berlin 1957, S. 37-38.

[9] Als wichtigste Literatur wird für die folgende Zusammenfassung der Ereignisse neben Althoff, Ottonen, Seite 202-208 und Weinfurter, Heinrich II., Seite 36-58 noch Helmut Beumann, Die Ottonen. Stuttgart 1987, 157-161 verwendet.

[10] Thietmar von Merseburg, Chronicon V 12-13, ed. Robert Holtzmann (MGH SS rer. Germ. N. S. 9, 2. Auflage 1955).

[11] Adalbold von Utrecht, Vita Heinrici II imperatoris c. 5, ed. Hans van Rij, Nederlandse Historische Bronnen 3 (1983), Seite 7-95.

[12] Laut Weinfurter, Heinrich II., Seite 37, kandidierten auch die Herzöge Dietrich I. von Oberlothringen, Bernhard I. von Sachsen und Otto von Kärnten, sowie der Pfalzgraf Ezzo von Lothringen, ohne dass sie eine weitergehende Bedeutung für die folgenden Ereignisse gehabt hätten.

[13] Inwiefern der Mord mit der Königskandidatur zu tun hatte, ist nicht bekannt, siehe Althoff, Ottonen, Seite 204.

[14] Weinfurter, Heinrich II., Seite 50.

[15] Dieses Faktum ist bereits Martin Lintzel, Zu den deutschen Königswahlen der Ottonenzeit. (1948) in: Königswahl und Thronfolge in ottonisch-frühdeutscher Zeit. Herausgegeben von Eduard Hlawitschka. Darmstadt 1981, Seite 199-215, hier Seite 211 aufgefallen. Zu den wichtigsten erzählenden Quellen siehe Anmerkungen 10 und 11.

[16] Eine umfangreiche Literaturliste gibt es in den Anmerkungen des Beitrags von Patzold, Königserhebungen, v. a. auf Seite 470-471.

[17] Walter Schlesinger, Erbfolge und Wahl bei der Königserhebung Heinrichs II. 1002. (1972) in: Ausgewählte Aufsätze von Walter Schlesinger 1965-1979. Herausgegeben von H. Patze/F. Schwind. Sigmaringen 1987, Seite 221-253; siehe außerdem Anmerkung 15.

[18] Beumann, Ottonen, Seite 159.

[19] Hlawitschka, Thronkandidatur Ekkehards; Kritiken erntete er v. a. von Gerd Althoff, Die Thron-bewerber von 1002 und ihre Verwandtschaft mit den Ottonen, in: ZGORh 137 (1989), Seite 453-459.

[20] Armin Wolf, Wer war Kuno von Öhningen? Überlegungen zum Herzogtum Konrads von Schwaben und zur Königswahl von 1002, in: DA 36 (1980), Seite 25-83.

[21] Eine Zusammenfassung der Diskussion findet sich in Hlawitschka, Konradiner-Genealogie (siehe Anmerkung 7), wobei dieses Werk verständlicherweise keinen Anspruch auf Neutralität erheben kann.

[22] Patzold, Königserhebungen, Seite 480-484

[23] Patzold, Königserhebungen, Seite 484-493

[24] Patzold, Königserhebungen, Seite 493-501

[25] Siehe Anmerkung 4.

[26] Althoff, Ottonen, Seite 206-207.

[27] Hlawitschka, Thronerhebungen, Seite 53-54.

[28] Dabei stützt Hlawitschka sich außerdem auf eine Aussage der Annalen von St. Gallen: „cum Heinrico Herimannus dux Alamanniae et Alsatiae regnum forte dividere et parti aspirare.“

[29] Hartmut Hoffmann, Eigendiktat in den Urkunden Ottos III. und Heinrichs II., in: DA 44 (1988), Seite 390-423, hier Seite 414-416.

[30] Weinfurters weit reichende Thesen zum Zentralisierungsprogramm Heinrichs II. brauchen hier nicht weiter aufgeführt zu werden, da sie weder mit der Urkunde D H II. 34, noch mit der Frage nach dem erbrechtlichen Prinzip direkt etwas zu tun haben. Zu diesen Thesen siehe vor allem: Stefan Weinfurter, Der Anspruch Heinrichs II. auf die Königsherrschaft, in: Papstgeschichte und Landesgeschichte. Festschrift Hermann Jakobs. Herausgegeben von Joachim Dahlaus, Armin Kohnle (Archiv für Kulturgeschichte. Beihefte 39), Köln u. a. 1995, Seite 69-119; Derselbe, Die Zentralisierung der Herrschaftsgewalt im Reich unter Kaiser Heinrich II. (1986), in: Gelebte Ordnung – Gedachte Ordnung. Ausgewählte Beiträge zu König, Kirche und Reich. Herausgegeben von Helmuth Kluger, Hubertus Seibert und Werner Bomm. Ostfildern 2005, Seite 213-265; aber auch: Derselbe, Heinrich II., Seite 42-47.

[31] Weinfurter, Zentralisierung, Seite 238-239; Derselbe, Heinrich II., Seite 55-56.

[32] Weinfurter, Zentralisierung, Seite 241-242.

[33] Ludger Körntgen, In primis Herimanni ducis assensu. Zur Funktion von D H II. 34 im Konflikt zwischen Heinrich II. und Hermann von Schwaben, in: FmSt 34 (2000), Seite 159-185.

[34] So bei Hoffmann, Eigendiktat, Seite 415.

[35] Körntgen, In primis, Seite 165-174.

[36] Körntgen, In primis, Seite 174-182.

[37] Dass sich die „familiaritas“ wohl auf Heinrich und Otto bezog und nicht auf Heinrich und Werner, wie Hoffmann, Eigendiktat, Seite 415 vermutete, wies Körntgen, In primis, Seite 182-185 nach.

[38] Patzold, Königserhebungen, Seite 474.

[39] Körntgen, In primis, Seite 165.

[40] Hoffmann, Eigendiktat, Seite 415.

[41] D H II. 34, Zeile 8-13

[42] Bei der Übersetzung handelt es sich um eine eigene, wobei diejenige von Hlawitschka, Thronkandidaturen, Seite 53 zu Hilfe genommen worden ist.

[43] Hlawitschka, Thronkandidaturen, Seite 53.

[44] Weinfurter, Königsherrschaft, Seite 122.

[45] Weinfurter, Heinrich II., Seite 44-47.

[46] Althoff, Ottonen, Seite 206.

[47] Körntgen, In primis, Seite 175.

[48] D H II. 34, Zeile 13

[49] Patzold, Königserhebungen, 475-480.